Kitzbüheler Anzeiger
14.12.2015
News  
 

Bauordnung gilt auch für Biber

In den vergangenen Jahren haben sich die Biber entlang der Großache sowie an den Seitenbächen massiv vermehrt. Vor allem bei den Landwirten sorgen die Nager nicht unbedingt für Freude. Bei Bürgermeister Ernst Schwaiger häufen sich die Klagen. Die zuständige Biberbeauftragte Ulrike Gander hat jedoch bereits erste Maßnahmen gesetzt, um den Tieren ihren Lebensraum erhalten zu können.

Kirchdorf | Als sich vor rund 15 Jahren, nach fast zwei Jahrhunderten, entlang der Großache wieder Biber ansiedelten, war die Freude in Kirchdorf groß. Inzwischen weicht diese Freude über die fleißigen Nager jedoch leichtem Verdruss – die tierischen Baumeister fällen nicht nur zahlreiche Bäume entlang der Ache und vor allem an den Seitenbächen, sondern graben Fluchtröhren bis in die Felder hinein, die dem einen oder anderen Landwirt auf dem Traktor schon zum Verhängnis wurden. Dass die so entzückend wirkenden Nager mit ihren Dämmen so manchen Bach aufstauen und damit für Überschwemmungen sorgen, steigert deren Beliebtheit dann auch nicht unbedingt. Bis zu 50 Biber sollen inzwischen im Gemeindegebiet von Kirchdorf leben. „Das stimmt so sicher nicht“, ist die Biberbeauftragte Ulrike Gander überzeugt, die schon gar nicht von einer „Biberplage“ sprechen will. Sie kennt zwölf Reviere, davon fünf entlang der Großache. „Biber sind nachtaktiv, daher ist eine Zählung natürlich schwierig“, betont Gander.

Reduktion angedacht

„So schön die Tiere auch sind, jetzt werden sie zunehmend zum Problem“, erklärt Kirchdorfs Bürgermeister Ernst Schwaiger und fügt schmunzelnd hinzu: „Auch sie werden sich an eine Bauordnung halten müssen.“ Es ginge einfach nicht an, dass die Biber tun und lassen, was sie möchten. „Wir haben Häuser, wo aufgrund der Biberdämme, das Wasser bei der Haustüre hinein rinnt“, weiß Schwaiger. Er könne ja auch nicht auf einer Wiese einfach ein Haus ohne Genehmigung hinstellen und die Biber können eben auch nicht einfach Dämme und Tunnel bauen, wo sie wollen, geschweige denn einen Haufen Bäume fällen. „Das heißt aber nicht, dass man die Tiere umbringen soll“, stellt Schwaiger klar, der eher auf eine Umsiedelung bzw. auf eine tierschutzfreundliche Lösung setzt. Auch Bauernvertreter LAgb. Josef Edenhauser bestätigt, dass die steigende Anzahl der Biber zunehmend zum Problem werden: „Es muss erlaubt sein, über eine Reduktion nachzudenken“, betont Edenhauser, „wir sind auch bereits mit bayerischen Institutionen in Kontakt, den dort gibt es bereits solche Projekte zur Umsiedlung oder Ähnlichem.“ Von einer Abschussquote will Edenhauser überhaupt nichts wissen: „Das muss auch tierschutzfreundlich gehen.“

Elektrozäune helfen

Und die gibt es auch, wie Ulrike Gander betont: Elektrozäune etwa, die die Biber vom Graben abhalten, oder Drainagen. „Wenn man das fachgerecht macht, können die Schäden in jedem Fall begrenzt werden“, betont die Expertin. Sie räumt ein, dass der Bereich der Großache ein Paradies für die Tiere ist – Weiden und Pappeln sind eine beliebte Nahrung. Gander rät, die von den Bibern gefällten Bäume liegen zu lassen. „Bei uns werden ja meist die Bäume, weil es ja doch nicht sehr ordentlich aussieht, sofort aufgearbeitet und als Brennholz genutzt“, sagt Gander. Allerdings sei das für den Biber die Aufforderung gleich die nächsten Bäume um zu nagen, die er als Nahrungsquelle nutzt. „Lässt man ihm jedoch die gefällten Bäume liegen, dann hat er keinen Grund mehr, weitere Stämme zu fällen“, erklärt die Expertin. Der Schaden bliebe damit gering.

Dass die Nager ganz schön groß werden können, zeigt übrigens das Beispiel jenes Tieres, dass im Vorjahr in Kirchdorf überfahren worden war. Der ausgewachsene Biber wog satte 28 Kilogramm. „Das Auto ist sicher des Bibers größter Feind“, weiß auch Ulrike Gander. Die engagierte Biberbeauftragte setzt vor allem auf Aufklärung der Bevölkerung, um dem Biber auch weiterhin seinen Lebensraum in Tirol zu erhalten.

Der Biber (Castor Fiber)

1813 wurde der letzte lebende Biber in Tirol gefangen, erst knapp 200 Jahre später eroberte sich das größte Nagetier Europas auch im Tiroler Unterinntal seinen Lebensraum wieder zurück. Die ersten Biber im Bezirk sind vom bayerischen Raum auf der Suche nach neuen Revieren vor einigen Jahren wieder eingewandert. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Biber in Tirol u.a. aufgrund seines wertvollen Fells sowie wegen seines Drüsensekrets, das als Wunderheilmittel galt, gnadenlos gejagt. Doch vor allem galt das Fleisch des Nagers auf den Tischen von Mönchen und Priestern in der Fastenzeit als Delikatesse – da der Biber im Wasser lebt, galt er als Fisch und konnte so ohne Reue verzehrt werden. Der Biber kann bis zu 130 cm lang und 30 kg schwer werden. Das wesentliche Merkmal des Bibers ist die sogenannte Kelle, der abgeplattete Schwanz. Übrigens leben Biber monogam, bleiben also ein Leben lang mit ihrem Partner zusammen, und sind Vegetarier. M. Klausner

Bild: Sind nett anzuschauen, können aber viel Schaden anrichten: Biber. Foto: Gander

 
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