24 Stunden Rennen - Rad am Ring
Marko Rogulic hatte am Wochenende 22-24 Juli 2022 vor der Anreise zur Nordschleife gespaltene Erinnerungen an das 24-Stunden Rennen „Rad am Ring“ auf dem legendären Rennkurs in der Eifel.
St. Johann, Nürburgring | 2013 trat er hier zuletzt mit seinen Arbeitskollegen an, um im 4er Team 24 Stunden auf dem 26km langen Rundkurs seine Runden zu drehen. Damals wurde das Rennen mitten in der Nacht wegen Sturm und sintflutartigen Regenfällen gestoppt.
Nach 9 Jahren, also nun die Rückkehr an die Nordschleife auf der es 520 Höhenmeter pro Runde zu bewältigen gilt. Doch auch dieses Jahr schien nicht alles rund zu laufen – eins der Teammitglieder wurde schwer krank, sodass kurzfristig Ersatz gesucht wurden musste, der dann aber 2 Tage vor Rennbeginn ebenfalls wegen Corona ausfiel.
Bei Anreise an die Nordschleife war also klar, dass wir im 3er Team starten würden. Natürlich sind wir nicht angetreten, um das 4er Team Rennen zu gewinnen auch nicht die AK-Wertung, aber in unserer Rennstrategie und Rundenplanung sind wir von mindestens 6 Runden pro Person ausgegangen, wobei jede Runde gewechselt und in der Nacht 2 Fahrer abwechselnd 1 Runde absolvieren sollten. Mit 3 Fahrer zu starten verringert die Regenerationszeit zwischen den Runden und erhöht die Anzahl der Runden pro Fahrer.
Der Wetterbericht versprach für das Rennwochende sommerliche Temperaturen und das wichtigste, es würde auch in der Nacht trocken bleiben. Die Anfahrt und Einfahrt auf den Nürburgring für den den Teams 2 Zeitfenster zur Verfügung stehen, ist fast vergleichbar mit dem Einzug der Gladiatoren in eine Arena. Jedes gemeldete Team erhält eine Parzelle zugewiesen, auf der Versorgungszelte, Camper, Grills etc. aufgestellt werden können. Es ist ein grandioses Schauspiel, zu verfolgen, wie das Fahrerlager entlang der Strecke von den Teams aufgebaut wird und nach und nach immer mehr Teams die Strecke bevölkern.
Für mich persönlich war es mehr als komfortabel, diesmal mit dem eigenen Campervan anzureisen und diesen als persönlichen Rückzugsort während des Rennens nutzen zu können. So war auch die Nacht vor dem Rennen entspannt und der Samstagmorgen gestaltete sich mit Frühstück, viel Lachen und lockerem Einrollen als stressfreie Rennvorbereitung. Gegen Mittag wurde es dann langsam ernst – Startaufstellung auf der 18m breiten Start/Ziel geraden mit über 5000 Teilnehmern. Vor uns wurden noch etliche kurze Renndistanzen gestartet und mit jedem Startschuss hieß es nun Vorrücken näher and die Startlinie. Das Team hatte mir die Ehre der ersten Runde zugestanden. Eigentlich gilt auch hier wie bei jedem anderen Rennen: gut mitfahren, nicht überpacen und mit den Ressourcen haushalten. Stefan hatte mir am Vortag noch geraten den %tualen FTP Wert auf meinem Garmin anzuzeigen und im Bereich 80 % zu bleiben. Dieser Tipp sollte sich als goldwert erweisen. „Es wird sich am Anfang langsam anfühlen, aber Du wirst sehen, was hinten raus passiert“. Auch hatte ich mir einen „Ernährungsplan“ überlegt und in der Vorbereitung mit Gel und Riegeln experimentiert. Ich persönlich schwöre auf die Powerbar Espresso Gels mit zusätzlichem Koffein. Bei mir wirken sie nach ca. 20-25 min. Diese Erkenntnis hatte ich für meine Essensplanung genutzt. Vor Start jeder Runde nahm ich ein Gel und einen Riegel zu mir, um genügend Kraft für die ca. 10 km lange Steigung zur „Hohen Acht“ und die folgenden Wellen zu haben. Zwischen den Runden habe ich auch noch Nudeln, Salzbrot und Bananen konsumiert.
Die erste Runde absolvierte ich in einer für mich fantastischen Zeit von 00:45:11 min. Auch In den folgenden 4 Runden blieb ich auch jeweils unter der Ein-Stunden Marke. Zur Nacht hin, zeigten die beiden Teamkollegen doch Motivationseinbußen und entschieden sich für eine 4-stündige Pause. Also entschied ich mich eine zusätzliche Runde zu fahren. Auch wenn diese meine langsamste Runde werden sollte, da ich hier einmalig von meinem Essensplan abgewichen bin, so war sie doch ein zusätzliches Erlebnis.
Sobald man aus dem Fahrerlager heraus auf die Nordschleife abgebogen war, wurde es totenstill und stockduster. Nur die surrenden Zahnkränze durchbrachen die Stille der Nacht. Die Temperatur ging auf 11 Grad zurück, sodaß ich mich schon in der Runde davor für eine Jacke und eine lange Hose entschieden hatte. Die Strecke wird teilweise nur durch die eigene Lampe erleuchtet und man ballert mit über 70 km/h die Fuchsröhre hinunter und schaut nach den roten Rücklichtern des Vordermanns.
Ab „Breidscheid“ wird es dann für die nächsten rund vier Kilometer zäh – erst recht in der Dunkelheit. Über „Ex-Mühle“ und „Bergwerk“ geht’s in den Streckenabschnitt „Klostertal“. Ganz langsam hebt sich der Asphalt und suggeriert leichtes Spiel. Aber mit jedem Meter wächst die Steigung. Vom legendären „Karussell“ bis zur „Hohen Acht“ wird ein Spitzenwert von rund 17 Prozent erzielt. Ein schneller Schluck Cola an der Labestation und schon gings weiter über „Wippermann“, „Eschbach“, „Brünnchen“, „Pflanzgarten“ die trotz kurvigem Auf und Ab eher harmlosen Abschnitte – wenn man denn in der Dunkelheit über ein Vorderlicht verfügt. Mittendrin stellte das Licht seinen Dienst ein und legte sich schlafen. Die letzten Abschnitte „Schwalbenschwanz“ und „Galgenkopf“ hinauf zur langen Gerade „Döttinger Höhe“, raste ich meinem Vordermann hinterher, um überhaupt irgendetwas zu sehen. Nun nur noch die Schikane „Hohenrain“ hinauf, die letzten 20 HM und schon öffnet sich die Start- und Zielgeraden des Grand Prix-Kurses vor mir. Für diese Nachtrunde brauchte ich 1:07, aber Dunkelheit und Müdigkeit erklären den Leistungsabfall. Nach 4 Stunden Schlaf, setzte ich mich erneut aufs Rad um die nächste Runde wieder in 00:56:11 zu absolvieren. Ein letztes Mal verfolgten wir unsere Wechselstrategie in der normalen Reihenfolge, sodass ich bei schon sommerlichen warmen Temperaturen, perfektem Asphalt meine letzte Runde erneut in 00:56 min absolvierte und um 11:45 die Start/Ziel-Linie überquerte.
Jede angebrochene Runde, die vor 12:15 begonnen wird, darf zuende gefahren werden. Diese Regel benutzten wir, um gemeinsam als Team eine Runde zu absolvieren. Mit bereits 208 km und 4100 HM in den Beinen ging es nun nochmals durch die „Grüne Hölle“ – allerdings in kaffeefahrtartigem Tempo. Am „Hoheinrain“ formierten sich dann nach und nach die Team, ließen respektvoll Abstand zum Vorderteam, sodaß jedes Team seine persönliche Zieldurchquerung erleben und der Sprecher jedes Team namentlich erwähnen konnte. Für mich glich diese Zielankunft mit seiner Rennatmosphäre einer Krönung meiner eigenen Leistung. Bericht: Marko Rogulic
Bild: Marko Rogulic drehte beim 24-Stunden-Rennen „Rad am Ring“ seine Runden. Foto: sportograf.com