Ab Sommer soll‘s besser werden
Dass die Tiroler Wirtschaft auf mehr als nur einem Standbein ruht, kommt ihr derzeit besonders zugute. Die schwierige Konjunkturlage drückt auf die Stimmung der Unternehmer – konjunkturstützend wirken aktuell Branchen wie der Tourismus.
Innsbruck | Der Top Tirol Konjunkturbarometer fängt alljährlich nicht nur die aktuelle Stimmungslage der heimischen Unternehmen ein, er gibt auch einen Ausblick auf die Erwartungen in den einzelnen Branchen.
Seit Jahresmitte 2023 zeigte sich, dass der Wirtschaftsmotor stark an Fahrt verloren hat. Vor allem Industrie und Handel leiden darunter. Die Tiroler Wirtschaft dürfte 2023 mit einem Wachstum zwischen 0,0 Prozent und 0,5 % bilanzieren.
Branchenmix stärkt den Standort
Aktuell berichten 23 Prozent der befragten Tiroler Leitbetriebe von einer guten Lage, allerdings mehr als jeder Fünfte von einer schlechten wirtschaftlichen Situation.
Recht positiv gestimmt sind derzeit die Mitglieder der Sparte Gewerbe und Handwerk – hier erfreut sich jeder dritte befragte Betrieb einer guten Wirtschaftslage, nur 11 Prozent sind unzufrieden. Im Tourismus ist man derzeit auch noch guter Dinge (29 Prozent), genauso wie in der Sparte Information und Consulting.
Die Tiroler Bauwirtschaft scheint die Talsohle durchschritten zu haben. Hier berichten bereits 24 Prozent der Betriebe von einer guten wirtschaftlichen Lage. Im vergangenen Sommer waren es lediglich acht Prozent. „Damit sorgt einmal mehr der breite Branchenmix dafür, dass der Standort Tirol auch in schwierigen Zeiten robust aufgestellt ist“, unterstreicht WK-Präsidentin Barbara Thaler hinsichtlich der Entwicklungen.
Trübe Aussichten für das nächste Halbjahr
Dennoch: Die Aussichten bis zum Sommer hin sind erst einmal nicht sehr rosig. Das belegt zum Beispiel der Geschäftsklimawert, der das Mittel zwischen aktueller Lage und den Erwartungen für das nächste Halbjahr darstellt. Dieser sank mit minus acht Prozent erstmals seit dem Corona-Winter 2021 wieder in den negativen Bereich. Hier ist es besonders die Industrie, die von trüben Erwartungen geprägt ist. Der Geschäftsklimawert sank dort sogar von plus 4 Prozent im vergangenen Sommer auf minus 32 Prozent. Niedriger war er im Bereich Industrie das letzte Mal nur bei der Finanzkrise von 2009. Die größten Optimisten finden sich in der Sparte Information und Consulting mit einem Geschäftsklimawert von 27 Prozent, gefolgt vom Tourismus mit 14 Prozent und dem Gewerbe mit 13 Prozent. Angesichts der zurückhaltenden Einschätzung vieler Betriebe dürfte es nicht verwundern, dass auch die Investitionsbereitschaft eher gering ist. Nur 14 Prozent wollen ihr Investitionsvolumen im Vergleich zum vergangenen Halbjahr erhöhen, 38 Prozent hingegen senken.
Die Investitionslust ist übrigens im Tourismus am größten, satte 39 Prozent wollen dort ihr entsprechendes Volumen erhöhen.
Wirtschaftswachstum von einem Prozent
„Eine spürbare Konjunkturbelebung wird erst eintreten, wenn die Teuerungswelle so weit im Griff ist, dass die EZB mit den ersten Zinssenkungsschritten beginnen kann. Dies dürfte nicht vor Jahresmitte 2024 der Fall sein“, gibt Stefan Garbislander, Leiter Wirtschaftspolitik, Innovation & Nachhaltigkeit in der Wirtschaftskammer seine Einschätzung für die weitere Entwicklung ab. Die aktuellen Lohnabschlüsse dürften den Handel stützen, so die Erwartung. „Insgesamt ist im Jahr 2024 mit einem realen Wirtschaftswachstum von 1% zu rechnen“, erläutert Garbislander.
Die größten Herausforderungen der Betriebe sind die Arbeitskosten und der Arbeitskräftemangel.
WK-Präsidentin Barbara Thaler forderte Sofortmaßnahmen von der Politik, um hier entgegenzusteuern, u.a. einen 500-Euro-Steuerabsetzbetrag für Vollzeitbeschäftigte.
Elisabeth Galehr
Bild: WK-Präsidentin Barbara Thaler und Stefan Garbislander gaben Einblick in die Zahlenwelt. Foto: WK/Berger