Ärzteteam beschreitet neue Wege
Während man beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel erfolgreich seit Jahren mit hohem Aufwand die Sicherheitsvorkehrungen für die Athleten ständig ausgebaut hat, hat man beim Publikumsskilauf den Eindruck, dass dieser immer gefährlicher wird.
St. Johann | Etwa 170 Verletzte werden im Schnitt pro Tag am Hahnenkammwochenende in der Notaufnahme des Bezirkskrankenhauses St. Johann versorgt. „Das ist aber nicht nur am Hahnenkammwochenende so, das gilt auch für jedes andere Winterwochenende und nicht nur für die Wochenenden“ erklärt Bereichsleiter Xaver Groll. So wurden zum Beispiel am Montag, 9. Jänner, 184 Personen behandelt.
Das Rotorengeräusch des Notarzthubschraubers gehört zur Normalität. Etwa 30 Landungen pro Tag müssen abgearbeitet werden. Ein Ärzteteam rund um den Leiter der Traumatologie, Primar Dr. Alexander Brunner, hat sich die Unfallzahlen angeschaut und Muster gefunden. Viele Faktoren beeinflussen die Unfallhäufigkeit, das Unfallgeschehen und die Verletzungsmuster. Erfahrene Mitarbeiter der Unfallambulanz, können schon in der Früh anhand von Wetter und Schneebeschaffenheit vorhersagen, mit welchen Verletzungen sie im Dienst konfrontiert werden. „Heut ist Bandlwetter“ heißt es etwa, wenn es eher nass und matschig ist und man vermehrt mit Bänderverletzungen rechnet.
Skifahren ist sicherer geworden?
„Während es Diskrepanzen in den absoluten Zahlen gibt, liegt die relative Unfallhäufigkeit in den vergangenen zehn Jahren laut einer Publikation deutlich niedriger. Skifahren ist sicherer geworden, auch wenn die Schlagzeilen der letzten Wochen auf das Gegenteil schließen lassen“ informiert Dr. Martin Eichinger. Andererseits steigt die Zahl der Unfälle natürlich mit der zunehmenden Masse der Wintersportler, das gilt nicht nur für das Skifahren auf der Piste, sondern für den Wintersport generell.
Umfrage unter Patienten gestartet
Nach intensiven Gesprächen unter Kollegen, die allesamt selbst begeisterte Wintersportler sind, ist im Ärzteteam die Idee gereift, am BKH St. Johann eine Studie als Pilotprojekt zu starten. Durch die hohe Zahl der Notaufnahmen ist St. Johann perfekt geeignet. Bei einer Patientenumfrage sollen aussagekräftige Daten erhoben werden. Das erklärte Ziel sind zukünftig evidenzbasierte Präventionsmaßnahmen. „Ein Großteil der Skiunfälle passiert zum Beispiel am Nachmittag, das hat wahrscheinlich auch mit Müdigkeit zu tun“ ist sich Dr. Moritz Wagner sicher. Unser Auto sagt uns, wir sollen eine Pause machen, wenn es am Lenkverhalten Ermüdungserscheinungen erkennt. Nach Auswertung aller gesammelten Daten könnten solche Ratschläge durch eigens programmierte Apps zum Beispiel beim Skifahren auch vom Handy kommen.
„Wir haben die Vision, dass wir mit den gesammelten Daten unserer Studie maßgeblich dazu beitragen können, dass der Wintersport auf und abseits der Pisten in Zukunft sicherer wird. Auch wenn die Skifahrer mehr und die Pisten aufgrund des Klimawandels weniger werden sollten,“ so Primar Brunner. Der Schlüssel zum Erfolg und gleichzeitig die größte Challenge aus Sicht der Mediziner wird sein, die Betroffenen zu informieren und zur Teilnahme an der Umfrage zu bewegen. Die Abwicklung für Patienten ist denkbar einfach: ein Plakat in der Notaufnahme informiert darüber und mit QR Code oder Link erreicht man die Umfrage und kann direkt am Handy teilnehmen. Informationen finden sich auf www.khsj.at Claudia Egger
Bild: Große Visionen haben Dr. Moritz Wagner, Prim. Dr. Alexander Brunner und Dr. Martin Eichinger (v.l.), um in Zukunft die Unfälle im Wintersport zu reduzieren. Foto: Egger