Arbeitskräftemangel spitzt sich zu
Mit seiner Kritik an der frühen Sperrstunde und der geplanten Impfpflicht hielt sich Tirols Wirtschaftskammer-Obmann Christoph Walser bei seinem Besuch in Kitzbühel nicht zurück.
Kitzbühel | Er ist nicht unbedingt ein Mann der leisen Töne und auch bei seinem Besuch in Kitzbühel vergangene Woche hielt Tirols Wirtschaftskammer-Obmann Christoph Walser nicht hinter dem Berg. Kein Wunder – nach zwei Jahren Pandemie und der nächsten Herausforderung für die Tiroler Wirtschaft, der Omikron-Variante, liegen bei vielen Unternehmern die Nerven blank.
Nichtsdestotrotz ist Walser überzeugt, „dass die Betriebe ihre Hausaufgaben gemacht und umfassende Präventions- und Sicherheitskonzepte umgesetzt haben.“ Die Wirtschaft sei definitiv kein Treiber der Infektionsentwicklung, betont Walser. Er erwarte sich, dass die Politik der Professionalität der Betriebe vertraue und diese in ihre Entscheidungen miteinbezieht.Die Kombination von der Impfung über das Testen bis hin zu den bewährten Hygieneregeln müsse ausreichen, um die Entwicklung zu kontrollieren.
Nicht nur die geplante Impfpflicht ist ihm ein Dorn im Auge, es ist vor allem die frühe Sperrstunde, die Walser sauer aufstößt: „Das macht doch keinen Sinn! Der Gast kann sich mit 2G-Plus einchecken, bis um 22 Uhr darf man alles machen und dann ist das Virus plötzlich wieder da“, poltert Walser. Auch einem fünften Lockdown erteilt er eine klare Absage. Pro Woche kostet dieser Tirol 100 Millionen Euro, rechnet Walser vor. Völlig unterschiedlich wirkt sich die Corona-Pandemie übrigens auf die jeweiligen Wirtschaftssektoren aus. Die exportorientierte Industrie, das Gewerbe sowie die Bauwirtschaft haben sich als krisenfest erwiesen, während der Tourismus und andere Dienstleister massive Einbußen hinnehmen mussten. In Tirol werden fast 40 Prozent der gesamten Wertschöpfung mit wirtschaftsbezogenen Dienstleistungen, hauptsächlich im Tourismus, erzielt.
„Daher ist unser Standort im Bundesländervergleich von Corona überdurchschnittlich stark betroffen. Die Pandemie hat in Summe eine entgangene Wertschöpfung von rund fünf Milliarden Euro verursacht“, klärt Walser auf.
Jetzt allerdings gelte es, in die Zukunft zu schauen, betont der WK-Chef: „Wir müssen die Weichen für die großen Herausforderungen stellen. Dazu gehören der Fachkräftemangel aber auch der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen sowie die Digitalisierung.“
Energiepreise größte Probleme der Firmen
Eine aktuelle Umfrage der Wirtschaftskammer belegt, dass der Fachkräftemangel und die massiven Verteuerungen bei den Energiepreisen die größten Probleme darstellen.
Gerade das Thema Arbeitskräftemangel ist eines, das auch Kitzbühels Wirtschaftskammer-Obmann Peter Seiwald massiv beschäftigt: „Ein Hauptgrund dafür ist die demografische Entwicklung.“ Bis zum Jahr 2040 werden in Tirol 30.000 Personen im erwerbsfähigen Alter fehlen. „Wir müssen endlich wirksame Maßnahmen gegen den Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel setzen. Die unterdurchschnittliche Beschäftigungsquote bei Frauen könnte beispielsweise mit einer Verbesserung der Kinderbetreuung entschärft werden. Um lückenlos etwas zu bewirken, muss allerdings an mehreren Schrauben gedreht werden“, weiß WK-Bezirksobmann Peter Seiwald.
Die Lage spitze sich insbesondere im Tourismus immer mehr zu. „Es braucht dringend stärkere Anreize für Arbeitslose. Dazu gehören eine Staffelung des Arbeitslosengeldes und die Abschaffung von Zuverdienstmöglichkeiten“, betont Seiwald.
Trotz der Einigung der Sozialpartner und der Erhöhung der Kontingente sind bei der Beschäftigung von Nicht-EU-Bürgern noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
Im Bezirk Kitzbühel stehen mittlerweile statt 36 fast 100 Kontingentplätze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Drittstaaten zur Verfügung und doch fehlt es an Personal. Seiwald macht auf einen wichtigen Punkt aufmerksam: „Aufgrund des Brexits fallen nun auch Briten unter dieses Kontingent.“ Unter anderem müssten die harten Kriterien der Rot-Weiß-Rot-Karte gelockert werden. So sollten neben einer abgeschlossenen Berufsausbildung auch ein Praxistest und Berufserfahrung anerkannt werden. Margret Klausner
Bild: Kitzbühels Wirtschaftskammerobmann Peter Seiwald (links) wagte gemeinsam mit Tirols WK-Chef Christoph Walser einen Blick ins Jahr 2022. Foto: Wörgötter