Auf Eispiste und im dichten Nebel zum größten Erfolg
Dazu gehört auch die Wiedergeburt des Hahnenkammrennens. Den Gesamtsieg des am 2. und 3. März ausgetragenen Rennens sicherte sich der Kitzbüheler Karl Koller.
Dazu gehört auch die Wiedergeburt des Hahnenkammrennens. Den Gesamtsieg des am 2. und 3. März ausgetragenen Rennens sicherte sich der Kitzbüheler Karl Koller.
Die Vorfreude auf das erste Hahnenkammrennen nach dem Krieg war groß, die Enttäuschung noch größer – der Wettergott war dabei, einen Strich durch die Rechnung zu machen. Tags zuvor hatte es heftig geregnet, die Temperatur sank in der Nacht weit unter den Gefrierpunkt, die Streif wurde zu einer einzigen Eisbahn mit Löchern und Buckeln. Am Tag des Rennens herrschte dichter Nebel. Die Sichtweite: 20 Meter und darunter. Der Nebel auf dem Hahnenkamm war so dicht, dass der Start um 100 Höhenmeter nach unten verlegt werden musste. Pflichttore gab es keine, jeder Läufer konnte frei über seine Linie entscheiden.
Absage war kein Thema
„Das Rennen abzusagen oder zu verschieben, stand nicht zur Diskussion. Schließlich war man froh, das Hahnenkammrennen wieder abhalten zu können“, erinnert sich Karl Koller an das Ereignis vor 62 Jahren! „Trotz der schlechten Voraussetzungen muckte keiner der Teilnehmer auf.“ Überdies wollte man den 40. Geburtstag des Kitzbüheler Ski-Clubs nicht mit einer Absage trüben.
Um überhaupt teilnehmen zu können, musste Koller einen Bittgang antreten: „Ich war auf der Ehrenbachhöhe der private Skilehrer des Kommandanten der US-Truppen, L. E. Beidleman. Ich sollte am Wochenende mit ihm Skifahren gehen. Er gab mir aber dankenswerterweise frei. Mein Training bestand damals darin, dass ich nach den Skikursen über die Streif nach Hause fuhr.“ In seinem Buch „Erinnerungen – Freud und Leid zu meiner Zeit“ schreibt Koller: Zuschauermassen gab‘s freilich noch nicht. Die begeisterten Skisportler, die trotz des Sauwetters kamen, waren mit Herz bei der Sache. Wenn im dichten Nebel am Hausberghang auf der eisigen Piste das Rauschen der Skier hörbar wurde, ging es von Mund zu Mund: ,Iaz kimb wieda oana.“
Zum Material: Im Slalom durfte nur mit den Skiern vom Abfahrtslauf gefahren werden. Ein Reglement, welches es gar nicht bedurft hätte: Kaum ein Läufer besaß mehr als ein Paar. „Ich habe auf meine Skier zwei Jahre lang gespart. Hätte ich mir einen abgebrochen, wäre das schlichtweg eine Katastrophe gewesen.“ Den Sieg in der Abfahrt sicherte sich Lokalmatador Theus Schwabl (3:01,02), an der zweiten Stelle landete Karl Koller (3:03,06), Rang drei ging an Toni Seelos (3:08,00). Bei den Damen war Anneliese Schuh-Proxauf die Schnellste.
Tags darauf ging auf dem Ganslernhang der Torlauf in Szene: Die Tiroler Nachrichten berichteten in folgender Form: „Der Tscheche Antonin Sponar überraschte durch den Sieg in der Klasse I und konnte nur durch den in Hochform befindlichen Christian Pravda um 28 Hundertstel geschlagen werden. Jungmann Christian Pravda scheint seinen Formrückgang überwunden zu haben und stellte mit zwei meisterlich gefahrenen Läufen den besten Torläufer und gewann damit auch die Kombination der Junioren.“
Mediales Lob für Karl Koller
Der Sieger in der Kombination und damit offizieller Hahnenkammsieger 1946 in der allgemeinen Klasse (damals als Klasse I bezeichnet) hieß jedoch Karl Koller. Er belegte im Torlauf hinter Sponar den zweiten Platz. Seine Leistung wird in der Zeitung wie folgt beschrieben: „Karl Koller fiel besonders durch seine Ruhe und seinen sauberen Stil auf. Mit seinem Kombinationssieg gilt er in dieser abgelaufenen Saison – zur Erinnerung, das Rennen fand am 2. und 3. März statt – als einer der besten, sichersten und beständigsten Rennläufer unserer Tiroler Skimannschaft.“ Der Sieger im Abfahrtslauf, Theus Schwabl, fuhr einen ausgezeichneten ersten Torlaufdurchgang, im zweiten Lauf verpasste er jedoch ein Tor und musste disqualifiziert werden. Die Tiroler Tageszeitung schrieb damals: „Mit dem Endsieger Karl Koller hat ein Spitzenkönner den Sieg davongetragen, der geradezu ein Beispiel dafür ist, dass Ausdauer zum Erfolg führt. Wiederholt landete er in der heurigen Rennsaison an zweiter Stelle, bis es nun endlich zum verdienten Sieg kam.“
Hier die Kombinationsergebnisse des Hahnenkammrennens 1946: Frauen: 1. Anneliese Schuh-Proxauf (Innsbruck); Junioren: 1. Christian Pravda (KSC), 2. Ernst Spieß, 3. Egon Schöpf (beide TU Innsbruck), 4. Pepi Salvenmoser (KSC). Klasse I (allgemeine Klasse): 1. Karl Koller, 2. Toni Seelos (Seefeld), 3. Antonin Sponar (SC Prag), 4. Karl Feix (KSC). Klasse II: 1. Hubert Koprovski, 2. Kurt Krimbacher, 3. Lothar Ebersberg, 4. Fritz Seelig (alle KSC).
Krieg raubte sportliche Jugend
Karl Koller war zum Zeitpunkt des Erfolges bereits 27 Jahre alt, verheiratet und Vater eines zwei Jahre alten Sohnes. Er gehört jener Generation an, der die unruhige Vorkriegszeit und der folgende Krieg die Jugendjahre gestohlen hat. So ist sie um Kräftemessen wie Weltmeisterschaften oder Olympische Winterspiele umgefallen. In seiner Jugend hatte er sein großes Talent mehrfach unterstrichen: So wurde er 1936 österreichischer Jugendsieger in der Abfahrt und im Sprunglauf, zwei Jahre später bei den Junioren österreichischer Meister im Abfahrtslauf. 1941 wurde er bei der „Silbernen Tanne“ in Bayrisch-Zell Zweiter in der Kombination, im gleichen Jahr landete er bei der bayrischen Meisterschaft im Torlauf an der zweiten Stelle.