Aufstand gegen den Wolf im Brixental
Ordentlich Druck auf die Politik wird jetzt im Brixental gemacht. Nach den Wolfsrissen am Wochenende kam es zum Schulterschluss zwischen den Gemeinden, Tourismusverbänden und Ortsbauern, gemeinsam gegen den Wolf Stellung zu beziehen. Kein Wolf in unserer Kulturlandschaft lautet die Botschaft an das Land. Eine klare Stellungnahme vom Land ist bis zum Wochenende gefordert, ansonsten droht man mit Reaktionen.
Westendorf | Großes Interesse herrschte bei der Pressekonferenz des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen Brixental, bei der der Schulterschluss zwischen den Gemeinden, den Tourismusverbänden und den Bauern bekanntgegeben wurde. Gemeinsam will man die Politik dazu bewegen endlich Maßnahmen gegen den Wolf zu ergreifen. Innerhalb einer Woche wurde auf den Westendorfer Almen 28 Schafe gerissen bzw. mussten notgeschlachtet werden, dazu werden noch einige Tiere vermisst.
Ein Filmbeitrag von Peter Aschaber zeigte das Massaker, dass der Wolf am vergangenen Wochenende auf der Rotwandalm anrichtete. 18 Schafe sind tot – 13 starben durch den Wolf, vier mussten erschossen werden und eines wurde durch Tierärztin Jutta Strele eingeschläfert. Zwei Schafe haben die Angriffe überlebt. „Drei Stunden lang hat die Tierärztin mein Schaf genäht, um alle Bisswunden zu schließen“, erzählt Christian Ehrensberger, den Tränen nahe. Der Vorfall am Wochenende und das sich bietende Bild sitzt bei allen Betroffenen noch tief – auch bei Tierärztin Jutta Strele: „Ich habe schon viel grausiges gesehen, aber etwas derartig Blutrünstiges noch nie.“ Sie kritisiert, dass jahrelang tatenlos der Wiederansiedelung des Beutegreifers zugesehen wurde. „Es ist Zeit die rosarote Seifenblase vom Wolf zerplatzen zu lassen. Er ist ein großer Beutegreifer und richtet ein Gemetzel an. Vor mehr als 100 Jahren ist der Wolf verschwunden und hat nun in unserer Kulturlandschaft, wo die Flächen bis zum Berggipfel hinauf genutzt werden, keinen Platz mehr. Es ist eine falsch verstandene Naturromantik, wenn man den Wolf in den Alpen haben will. Der Wolf hat Platz in großflächigen, naturbelassenen Gebieten, wo es keine Konfrontation mit dem Menschen gibt“, sagt Strele. Schutzmaßnahmen wie ein Herdenschutzzaun sind in der Betrachtung der Tierärztin auf den steilen Almen unrealistisch und auch ein Herdenschutzhund ist für sie nicht die Lösung: „Diese Hunde sind für den Herdenschutz gezüchtet, die ticken ganz anders. Wenn so ein Hund in ungeübte Hände kommt, haben wir das nächste Problem und das Tier landet bei mir in der Praxis zum Einschläfern, weil er den Postboten 15-mal gebissen hat.“
„Manche ‚Halbpolitiker‘ im Tourismus sind der Meinung die Wolfsproblematik geht den Tourismus nichts an, das ist Thema der Politik. So ist es nicht. Das ist eine allgemeine Agenda“, sagt Toni Wurzrainer, Obmann des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen Brixental. Er hat auch ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft: „Tourismus ohne Landwirtschaft geht nicht. Es ist ein gut funktionierendes System, das jetzt zusammenzubrechen droht.“ Für den TVB steht fest: Wir wollen keinen einzigen Wolf, weder hier noch in der Nachbarschaft.
Klare Worte findet Wurzrainer für die Politik, die nun am Zug ist. Die Zeit über mögliche Lösungen zu philosophieren ist vorbei. „Es interessiert uns nicht, wenn dieses Thema eine Koalition sprengt“, sagt Wurzrainer und fordert einen Verbund der Bundesländer, um sich Gehör in Wien zu verschaffen. Dazu meint Peter Pirchl, Ortsbauernobmann von Westendorf, der sich bereits die nächsten Schritte überlegt und diese betreffen die Freizeitwirtschaft. „Wir werden den rechtlichen Rahmen ausschöpfen und unser Eigentum schützen. Man braucht sich nur überlegen auf welchem Besitz sich die Freizeitwirtschaft abspielt. Dieser Raum wird nicht nur vom Touristen genutzt, auch Einheimische sind hier unterwegs." „Und das sind die Wähler“, sagt Wurzrainer.
Unterstützung erhalten die Tourismusverbände des Brixentals auch von Hans Entner, dem Obmann der Tiroler Tourismusverbände, der nicht nur die anderen Regionen über die Maßnahmen des Brixentals informiert, sondern auch Druck auf die Landesregierung ausüben wird. Weiters von der Landwirtschaftskammer. „Wir bemühen uns seit Jahren um eine Lösung. Im vergangenen Jahr haben wir den Verein ‚Almen ohne Wolf‘ gegründet. Bei der Demonstration vergangenen Samstag wurde noch die fehlende Unterstützung des Tourismus kritisiert“, erzählt Vize-Präsidentin Helga Brunschmid. Sie spricht sich dafür aus, Gebiete auszuweisen und eine Entnahme des Wolfes zu ermöglichen.
Die Gemeinden des Brixentals stehen ebenso hinter den Forderungen und haben die Resolution unterzeichnet. Als Sprecher der Gemeinden, rief Bgm. Paul Sieberer aus Hopfgarten, die Anwesenden aber zur Vernunft auf und nicht den legalen Weg zu verlassen. „Es soll aus der 3G-Regel keine 3S-Regel – schauen, schießen, schaufeln – werden.“ Die Gemeinden sprechen ihre volle Unterstützung aus. Was in den Gemeinden funktioniert, scheint auf Landesebene nicht zu funktionieren – nämlich das fraktionelle Denken hintanzustellen und die beste Lösung für die Region zu finden. „Was ist wichtiger in unserem Land Tirol? Die Existenz unserer Bauern und die Bewirtschaftung unserer Kulturlandschaft oder koalitionärer Frieden“, ergänzte Kirchbergs Bürgermeister Helmut Berger.
Kritisch sieht Walter Pupp vom Schafzüchterverein Hopfgarten die Almabtriebe. „Wenn jetzt alle ihre Schafe runterbringen, dann gibt es keine Risse mehr und damit verschwindet das Problem aus der politischen Wahrnehmung. Wenn wir mit den Tieren runterfahren, ziehen wir aber auch den Wolf nach. Die Höfe sind oft am Waldrand gelegen – da kann der Wolf im eingezäunten Gehege zuschlagen“, erklärt Pupp. Er fordert einen Initiativantrag, dass der Wolf als jagdbares Tier eingestuft wird und Abschlusspläne erstellt werden. „Wenn man auf einen Konsens wartet, wird es in drei Jahren keine Schafe mehr geben“, sagt Pupp. Elisabeth M. Pöll
Foto: Schulterschluss im Brixental. Gemeinden, Tourismusverbände und Bauern treten gemeinsam gegen den Wolf auf.