Bakrs neues Leben beginnt jetzt
Nach sechs Jahren Asylverfahren beginnt für den Iraker Abu Bakr Aldulaimi seine neue Zukunft in St. Johann. Mithilfe von Friseurmeister Franz Pock darf er nach jahrelanger Ungewissheit in Österreich bleiben – wenn er möchte für immer.
St. Johann | Es gibt Lebensläufe, die es Wert sind erzählt zu werden. Mehr als die meisten von uns erlebt, hat etwa Abu Bakr Aldulaimi, von allen kurz Bakr genannt. Nach sechs Jahren Asylverfahren darf Bakr offiziell in Österreich arbeiten und leben– wenn er möchte für immer.
Ende Juni hat die letzte Instanz in Innsbruck entschieden, dass Bakr eine Rot-Weiß-Rot-Karte bekommt. „Nach dem Gerichtsverfahren sind uns die Tränen gekommen. Zurück im Salon haben wir mit den Kunden und Mitarbeitern mit Prossecco angestoßen“, erzählt Friseurmeister Franz Pock.
Kunden und Mitarbeiter setzten sich für Bakr ein
Der Friseurmeister kämpfte für seinen Mitarbeiter Bakr, damit er in Österreich bleiben konnte. Mit Begleitschreiben von Kunden und Arbeitskollegen im Gepäck sowie den Leistungen von Bakr in den letzten sechs Jahren überzeugten sie den Richter. „Der Richter hat ganz individuell entschieden und berücksichtigt, dass sich Bakr nie etwas zu Schulden kommen ließ, perfekt deutsch spricht und integriert ist – dafür sind wir sehr dankbar. Es ist nicht alltäglich, dass Asylverfahren in der letzten Instanz so enden“, sagt Pock.
Die Zeiten in denen Bakr Angst hatte abgeschoben zu werden, sind somit endgültig vorbei. „Ich hatte immer Hoffnung – auch dank Franz, ohne ihn hätte ich es wohl nicht geschafft“, erzählt Bakr.
2015 flüchtete der damals 18-Jährige alleine aus dem Irak. In seinem Dorf war er als Angehöriger der Minderheit der Sunniten zwischen den verfeindeten Schiiten nicht mehr sicher. Milizen verfolgen den jungen Mann. Sein Vater sagte ihm, er solle das Land verlassen und nie mehr wiederkommen.
Deutsch mithilfe des Internets gelernt
Bakr kam ohne ein Wort Deutsch zu sprechen nach Österreich. Nach dem Auffanglager in Wien, wurde er nach Kirchdorf gebracht, wo er in der ehemaligen Gasteiger Volksschule, die zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert wurde, ein Bett bekam.
Aber Bakr wollte mehr als ein Bett zum Schlafen und Verpflegung. Er lernte Deutsch mit Hilfe des Internets. Eine Freundin vermittelte ihm eine Lehrstelle bei Franz Pock. Bis 2018 durften junge Asylwerber eine Lehrausbildung in einem Mangelberuf absolvieren. Bakr nützte seine Chance.
Im Salon vom St. Johanner Friseurmeister war man von dem jungem Iraker sofort begeistert. „Ich erinnere mich noch, wie er bei uns im Salon anfing. Meiner Frau und mir war schnell klar: Wir haben es mit einem Talent zu tun“, erinnert sich Pock. In kürzester Zeit wurde Bakr zu einem wertvollen Mitglied des Friseurteams.
Von der Politik enttäuscht
Warum die Regierung solche Menschen abschieben möchte, versteht Franz Pock nicht: „Ich würde mir wünschen, dass die Politik wieder mehr auf die Anliegen der Bürger eingeht. Wie kann es sein, dass jemand der gut integriert ist und als Arbeitskraft benötigt wird, abgeschoben wird? Menschen die Straftaten begehen, sich nicht an unsere Regeln halten und nicht Deutsch lernen wollen haben jedoch keinen Platz bei uns.“ Von der Politik hätte sich der Friseurmeister - ohne eine Farbe zu nennen - mehr Unterstützung erwartet.
Was wünscht sich Bakr für die Zukunft? „Ich weiß es nicht ganz. Familie. Ein gutes Leben.“ Bakr hat gerade seine Führerscheinprüfung bestanden. Seine berufliche Zukunft sieht er als Friseur. „Ich bleibe im Geschäft vom Franz, wo sonst“, lächelt Bakr. Auf was sich Bakr freut ist, dass er nun auch Reisen darf. Im Herbst stehen schon Stylisten-Schulungen im Ausland an.
„Bakr ist ein Vorbild für meine Söhne“
Der Kampf um das Bleiberecht für Bakr hat sich gelohnt, sagt Friseurmeister Pock: „Bakr ist ein Vorbild für meine Söhne- was er mitgemacht und erreicht hat, ist unglaublich. Ich sehe es als Verpflichtung, dass man sich für solche Menschen einsetzt. Sie sind eine Bereicherung – egal aus welchem Land sie stammen.“ Johanna Monitzer
Bild: Im letzten Sommer interviewten wir Abu Bakr Aldulaimi (re.) und Friseurmeister Franz Pock zum ersten Mal nachdem Bakr seine Lehrausbildung mit gutem Erfolg abschloss. Immer wieder fragten Leser nach, wie es dem jungen Iraker seither ergangen ist. Happy End: Bakr darf nun schlussendlich in Österreich bleiben. Foto: Monitzer