Baustoffpreise steigen in den Himmel
Enorme Kostenanstiege bei den Baustoffpreisen machen derzeit Schlagzeilen. Darunter leidet nicht nur die Baubranche, das Handwerk sowie die entsprechende Industrie, auch Projektträger und sogar private Häuslbauer müssen sich mit der Situation auseinander setzen.
Bezirk | Egal, mit wem man sich derzeit aus Bau oder Handwerk unterhält, man kommt sofort auf das beherrschende Thema zu sprechen: die rapide steigenden Baustoffpreise. Besonders spitzt sich die Situation beim Holz zu, aber nicht nur dieser Rohstoff fehlt. „Der Preis steigt eigentlich in allen Bereichen: Isolierstoffe, Bauchemie, Beschläge, Metall, Küchengeräte, Putze … das ganze Spektrum“, präzisiert der Geschäftsführer des Kitzbüheler Unternehmens Idealbau, Raimund Sulzenbacher. Überspitzter Nachsatz: „Irgendwann wird es womöglich soweit kommen, dass die Bauwirtschaft wegen Materialmangels steht.“
Auch Industrie betroffen
Auch die Industrie stöhnt unter der Verknappung, die der Preisanstieg mit sich bringt, wie es auf Anzeiger-Nachfrage aus dem Egger-Werk heißt: „Das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage hat in den vergangenen Monaten zu erheblichen Steigerungen der Rohstoffpreise geführt. Im Quartalsvergleich betragen die Steigerungen bei einzelnen Vorprodukten bis zu 40 Prozent, für einzelne Kunststoffe bis zu 100 Prozent. Diese Schwankung wirkt sich auf die gesamte Wertschöpfungskette aus.“ Soweit zu den Rohstoffen, die Egger zur Produktion braucht. Auch was die Liefersituation betrifft, verzeichnet das Unternehmen eine dynamische Entwicklung: „Unsere Werke in ganz Europa waren seit dem Sommer 2020 mit einer extrem hohen Nachfrage konfrontiert, die unsere Kapazitäten in vielen Bereichen weit überschritt. Für die Werke in Deutschland, Österreich und Frankreich gibt es eine besonders hohe Nachfrage im Binnenmarkt. Wir führen diese Sondersituation auf die mit den Coronaschutzmaßnahmen und Lockdowns einhergehende global stark anziehende Nachfrage zurück. Dazu kommt, dass die Baukonjunktur schon vor der Pandemie gut war.“
Die Baubranche ist einerseits mit einem regelrechten „Boom“ konfrontiert, andererseits stand durch die Pandemie zeitweilig so mancher Produktionsstandort für Baumaterial still. Schlussendlich ist die weltweite Logistik aktuell stark eingeschränkt – und wie bei einer Staubildung im Verkehr wirkt sich ein stehendes Element vorne in der Kette auf alle nachgelagerten Bereiche aus. Gerade was Holz betrifft, wird vielfach die Schuld auf den Export geschoben.
Heimmarkt hat Priorität
Der Österreichische Fachverband Holzindustrie klärt dazu auf, dass rund die Hälfte der 10,6 Mio. m³ Schnittholzproduktion traditionell im Heimatmarkt verbleibt. Daran hat sich 2021 kaum etwas geändert, rund 2 Mio. m³ Nadelschnittholz werden zusätzlich pro Jahr importiert, um den heimischen Bedarf zu decken. „Der Heimatmarkt hat für uns Priorität und wir wollen die Versorgung langjähriger Kunden gemeinsam gewährleisten. Wir gehen davon aus, dass sich die Rohstoffversorgung der Säge- und Holzindustrie verbessern wird. Nach der erfolgten Aufarbeitung der Schadholzmengen und dem Ende witterungsbedingter Lieferprobleme können wir unser hohes Produktionsniveau noch steigern und die Liefermöglichkeiten verbessern“, gibt Herbert Jöbstl, Obmann Fachverband der Holzindustrie Österreich, einen Ausblick.
Private Häuslbauer unter Zugzwang
Die Situation am Bausektor wirkt sich logischerweise auch auf all jene aus, die bauen wollen – seien das große Projektträger oder normale „Häuslbauer“. Günter Resch, selbst in der Baubranche tätig und bekanntlich Bürgermeister von Jochberg, berichtet davon, dass man sich in der Gemeinde durchaus der Problemstellung bewusst ist, und genau die Preise prüft bzw. so gut wie möglich fixiert: „Noch mussten wir keine Projekte verschieben.“
Wer privat bauen will, sollte sich ebenfalls sehr genau auf die Situation einstellen, wie z.B. der Vorstand der Sparkasse Kitzbühel, Franz Stöckl, rät: „Die Decke wird immer dünner für Kunden mit ‚normalem‘ Einkommen. Wir können jedem nur raten, die Baupreise der einzelnen Gewerke so gut wie möglich zu fixieren.“ Die Banken stehen als Partner bereit und schauen gemeinsam mit dem Kreditnehmer, ob die Preissteigerungen stemmbar sind. Immerhin: „Bislang war es noch nicht der Fall, dass jemand ‚aufgeben‘ musste, weil auch die heimischen Firmen gesprächsbereit sind“, ergänzt Wohnbauberater Lukas Kirchmair von der Raiffeisenbank. Aber: „Es spannen sich die Netze.“ Günter Resch rät jedem Privaten dazu, sich einen genauen Überblick über die Kosten zu schaffen, und fixe, verbindliche Angebote einzuholen. Wer sich das nicht zutraut, solle mit der Bauphase lieber noch bis kommendes Frühjahr warten. Elisabeth Galehr
Bild: Weltweiter Bauboom, pandemiebedingte Stehzeiten in der Baustoffproduktion und eingeschränkte Logistik führen zur Verknappung. Foto: Maroš/Pexels