Beim Infoabend hielten Kritiker nicht hinterm Berg
Es ist schwer umstritten – das geplante Gewerbegebiet Unterbürg in St. Johann. Beim Infoabend meldeten sich zahlreiche Kritiker zu Wort – die wenigsten davon waren allerdings St. Johanner.
St. Johann | Seit inzwischen vier Jahren laufen die Planungen für das zukünftige Gewerbegebiet Unterbürg. Immer wieder kam das Projekt ins Stocken – verärgerte Bauern, Denkmalschützer und die „Freunde des Niederkaisers“ sorgen nicht nur in der Gemeindestube für Debatten. Bis sich das erste Unternehmen ansiedeln kann, werden vermutlich noch weitere Hürden zu überwinden sein.
Im Rahmen eines Informationsabends im vollen Kaisersaal wehte den Gemeindeverantwortlichen samt den eingeladenen Experten – insgesamt 16 – ein kalter Wind entgegen. Geladen hatte die Gemeinde unter anderem auch, weil die „Freunde des Niederkaisers“, wie mehrfach berichtet, über 1.400 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt und inzwischen den Antrag auf eine Volksbefragung eingebracht haben.
Zum Auftakt des Abends gab St. Johanns Bürgermeister Stefan Seiwald eine kurzen Überblick. Die Marktgemeinde habe seit über 20 Jahren keine Gewerbeflächen mehr erschlossen, betonte er. Daher sei es unabdingbar, dass das Gewerbegebiet realisiert wird. Man müsse den heimischen Betrieben die Möglichkeit geben, sich zu erweitern bzw. Neuansiedlungen ermöglichen.
399 Handwerks- und Gewerbebetriebe im Ort
„Wir haben in St. Johann 399 Handwerks- und Gewerbebetriebe. Um die Abwanderung von Betrieben zu verhindern, muss etwas getan werden. Hier geht es auch um die Kommunalsteuer, die wir dank dieser Betriebe lukrieren“, betonte Seiwald, der klarstellte, dass etwa seitens des Bezirkskrankenhauses oder der vielen Schulen im Ort, keine Kommunalsteuer in die Gemeindekasse fließt. Die Marktgemeinde habe – gemessen an der Bevölkerung im Bezirk Kitzbühel – die niedrigste Rate an Gewerbeflächen. Im Vergleich dazu habe Oberndorf das zweieinhalbfache an Gewerbeflächen, Kirchdorf das eineinhalbfache, verglich Seiwald. Die beiden Partnergemeinden Going und Reith hätten dasselbe Problem.
Seiwald begründete auch die Wahl für Unterbürg. „Wir müssen Wohngebiete und den Verkehr berücksichtigen.“ Daher habe man etwa das ehemalige Sägewerksareal neben dem Bahnhof als Alternative ausgeschlossen. Er weise daraufhin, dass Unterbürg darauf ausgelegt sei, den Bedarf an Gewerbegrundstücken für die nächsten 30 Jahre abzudecken. Seiwald wies auch auf die strengen Kriterien hin –so würden umstrittene Bewerber – Stichwort Abfallentsorger – keine Chance haben. Schlussendlich sollen bis zu 600 Arbeitsplätze geschaffen werden, so der Bürgermeister, der betonte, „dass die Abstimmungen im Gemeinderat fast immer einstimmig waren.“
Alexander Erhart vom Bodenfonds des Landes gaben Einblick in die genaue Vorgangsweise, die Verkehrsexperten Hermann Hirschhuber und Jürgen Wegscheider (Leiter des Baubezirksamtes) klärten über die Entschärfung der Bacherkreuzung sowie über die Verkehrsmaßnahmen entlang der Innsbrucker Straße auf.
Vor allem die Kritiker meldeten sich zu Wort – St. Johanner waren die wenigsten. So sprach sich der Bezirkssprecher der Liste Fritz, der St. Jakober Sepp Niedermoser, gegen die Erschließung aus und polterte nach der Veranstaltung, dass diese eine reine „Werbe- und Verkaufsveranstaltung“ gewesen sei. Als Rednerin trat LA Petra Wohlfahrtstätter (Grüne), gebürtig aus dem Wipptal, auf und brachte ihre Gegenargumente vor. So sei auf diesen Flächen früher Weizen angebaut worden. Hier Lebensmittel zu produzieren müsse doch wieder möglich sein, sorgte sie für Erstaunen.
Man würde der nächsten Generation die Fläche rauben, so eine Meldung. Und ein Ruf aus dem Publikum richtete sich in Richtung Reith – dort würde man sich nur um „Reich und Schön“ kümmern und die Gewerbebetriebe nach St. Johann auslagern. Nach der Infoveranstaltung meldeten sich einige Parteien, u.a. die NEOS, zu Wort. Sie kritisierten vor allem die Zusammenstellung des Expertenteams, da dieses sehr einseitig gewesen sei. M.Klausner
Kommentar - Wo waren die „Freunde“?
St. Johann | Wo waren sie, die „Freunde des Niederkaisers“ ?, als Bgm. Stefan Seiwald der Bevölkerung Rede und Antwort stand – mit langem Monolog, aber klarer Meinung. Die „Freunde des Niederkaisers“ als überparteiliche Plattform, die eine Volksbefragung fordert, hielten sich zurück. Der Wunsch nach einer Volksbefragung ist legitim, doch dann gilt es auch vor einem vollen Saal Flagge zu zeigen und nicht nur vor Gleichgesinnten!
Viele St. Johanner, die gerne etwas gesagt hätten, blieben stumm, da Parteimitglieder wie Sepp Niedermoser (Liste Fritz) oder Petra Wohlfahrtsstätter (Grüne) nicht zu bremsen waren– und mit ihren langwierigen Tiraden so manchen Einheimischen die Redezeit wegnahmen. Fair ist anders! Margret Klausner