Bereits 20 Untersagungsbescheide erstellt
Nach Bekanntwerden des Falles Lutz Meschke ist das Thema Freizeitwohnsitze wieder ins Zentrum gerückt. Mit einer Quote von 23 Prozent ist Westendorf nach wie vor Spitzenreiter.
Kitzbühel | Er ist einer von vielen, die in das Visier der Tiroler Grundverkehrsbehörden geraten – der bekannte Automanager Lutz Meschke. Wie in den letzten Wochen immer wieder öffentlich diskutiert, hat der Deutsche vor zehn Jahren zwei Chalets in Going erworben. So weit, so legal. Doch die beiden Häuser sind als Hauptwohnsitz gewidmet und dürfen nicht als Freizeitwohnsitz genutzt werden. Goings Bürgermeister Alexander Hochfilzer griff durch – eine Benützungsuntersagung folgte. Das Landesverwaltungsgericht gab den Goingern recht. Meschke meldete sich inzwischen medial zu Wort. Er werde das Anwesen in Going verkaufen. Inzwischen sind jedoch in seinem Namen Baumaschinen in der Hahnenkammstraße in Kitzbühel aufgefahren. Derzeit wird dort ein Doppelhaus gebaut – Besitzer sind Meschke und ein Partner. Diese Immobilie ist als Hauptwohnsitz gewidmet. Inzwischen ist durchgesickert, dass sie nach Fertigstellung verkauft werden soll.
Durch den Fall Meschke hat das Thema Freizeitwohnsitze wieder an Brisanz gewonnen. Von den insgesamt 16.361 Freizeitwohnsitzen in Tirol befinden sich immerhin 5.704 im Bezirk Kitzbühel.
8-Prozent-Grenze im Bezirk oft überschritten
Das Land Tirol hat bereits vor Jahren mit der 8-Prozent-Hürde eine Grenze eingezogen. Diese ist jedoch in vielen Gemeinden im Bezirk überschritten. So sind in Westendorf 23 Prozent der Wohnsitze mit der begehrten Widmung ausgestattet, in Aurach und Reith sind es jeweils 20 Prozent. In Fieberbrunn hingegen sind es 3,5 Prozent – 95 der 2.736 Wohnsitze sind Zweitwohnsitze.
Seit rund einem Jahr sind in der Pillerseegemeinde die Kontrolleure unterwegs. 15 Akte werden in der Gemeindestube bereits bearbeitet, wie Bürgermeister Walter Astner bestätigt.
Beliebtes Pflaster ist auch Kirchberg. 18,8 Prozent der Wohnsitze werden als Zweitwohnsitz genutzt. In Kitzbühel (16,3 Prozent) wird ebenfalls kontrolliert, ob nicht Hauptwohnsitze als illegale Freizeitwohnsitze genutzt werden.
Für viele kleine Gemeinden ist der Aufwand – finanziell wie personell – zu groß, um selbst Kontrollen durchzuführen. Vor einigen Jahren haben sich daher bereits acht Gemeinden (St. Johann, Oberndorf, Kirchdorf, Jochberg, Aurach, Reith, Going und Westendorf) zusammengeschlossen. Von St. Johann aus führen inzwischen sieben Mitarbeiter stichprobenartige Kontrollen durch. Sobald ein möglicher Freizeitwohnsitz angezeigt wird, wird dieser mindestens 20 Mal angefahren – zu unterschiedlichen Tageszeiten. Auch das Chalet Meschkes gehört zu den kontrollierten Objekten. Rund 20 Untersagungsbescheide wurden bereits ausgestellt. Eben auch jener des Automanagers, wie die zuständige Mitarbeiterin Heike Crabtree bestätigt. Alleine in St. Johann wurden 105 Objekte überprüft.
Inzwischen werden die Klagen lauter, dass die Mitarbeiter, die für die Überprüfungen abgestellt wurden, die Privatsphäre der Hausbewohner missachten. „Gegen diese Vorwürfe wehre ich mich massiv. Unsere Mitarbeiter sind geschult – auch auf Deeskalation“, betont Crabtree. Es werde nicht an Türen geklingelt, stellt sie klar. Die Leute würden sich immer mehr bewusst werden, dass es Kontrollen gibt und erkundigen sich im Vorfeld über die Rechtslage. M.Klausner
123 Mio. an Wertschöpfung - Studie der Regio 3 zeigt den Effekt der Freizeitwohnsitze auf
Die Regionalentwicklung Regio 3 ließ Ende 2020 auf Anregung der Wirtschaftskammer erheben, was Freizeitwohnsitze dem Bezirk wirtschaftlich „bringen“.
Kitzbühel | Der Effekt beläuft sich nach den Erkenntnissen in der Studie der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW) auf insgesamt 123,8 Millionen Euro. Außerdem können 1.389 Jobs in der Region auf diesen Effekt zurückgeführt werden.
„Von den Freizeitwohnsitz bedingten Ausgaben profitiert nicht nur ein einzelner Sektor, vielmehr streuen die Effekte aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen weit in das Wirtschaftsgefüge Kitzbühels hinein“, so die Studienautoren der GAW. Besonders stark gilt das für die Sektoren Beherbergung und Gastronomie (mit einem Effekt von 28,8 Millionen Euro) sowie den Bau (20 Millionen), aber noch viele weitere Branchen profitieren direkt oder indirekt vom Phänomen der Freizeitwohnsitze im Bezirk Kitzbühel. Nicht zuletzt auch die öffentliche Hand: „Die fiskalischen Effekte belaufen sich auf jährlich 91,2 Millionen Euro“, so die GAW. Die Studie berücksichtigte die damals 5.642 genehmigten Freizeitwohnsitze. Sie dient als Denkanstoß und Diskussionsgrundlage zur Thematik rund um die Freizeitwohnsitze. KA