Bergretter immer öfter „Taxidienst“
Im vergangenen Jahr starben 88 Menschen bei Unfällen in den Tiroler Bergen, davon fünf Personen im Bezirk Kitzbühel. Die Zahl der Bergsportunfälle ist gleich geblieben, informiert Bergrettungschef Peter Haidacher.
Kitzbühel | Sport in den Bergen boomt – Wandern, Klettern und Mountainbiken locken nicht nur viele Gäste nach Tirol, auch die Einheimischen selbst zieht es immer öfter in die Berge, Winter wie Sommer. Und da kommt es immer wieder zu Unfällen. In Tirol passiert ein Drittel aller tödlichen Unfälle und Zwischenfälle in alpinem Gelände. 88 Menschen starben im vergangenen Jahr tirolweit in den Bergen, bundesweit waren es 282. Dieser Tage zogen die Verantwortlichen des Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) Bilanz.
Im Bezirk Kitzbühel waren es fünf Menschen, die in den Bergen zu Tode kamen. Zwei Wintersportler verstarben auf der Piste, ein Mensch kam beim Mountainbiken ums Leben. Zwei weitere Todesfälle waren bei Unfällen mit Drachenfliegern bzw. Paragleitern zu beklagen.
Mit insgesamt 6.509 Unfällen und dabei 4.371 verletzten Personen liegt Tirol in der Statistik bundesweit mit Abstand an erster Stelle. Im Bezirk Kitzbühel, so die Statistik, kam es zu 640 Unfällen, 460 Menschen wurden verletzt. Die meisten Unfälle passierten auf der Piste, beim Skitourengehen (400) beim Mountainbiken (44), beim Paragleiten (34) sowie beim Wandern und Klettern (74).
„Zahl der Bikeunfälle nicht gestiegen“
Die meisten tödlichen Unfälle in Tirol ereigneten sich beim Wandern sowie Bergsteigen im Sommer. „Im Bezirk haben wir im Vorjahr keinen signifikanten Anstieg an Bergunfällen registriert. Es waren ungefähr gleich viele Einsätze wie im Jahr zu vor“, informiert der Obmann der Bergrettung im Bezirk, Peter Haidacher. Auch wenn in den vergangenen Jahren einige „Mountainbike-Parks“ dazu gekommen sind, ist die Zahl an Radunfällen im Vorjahr nicht so stark angestiegen, wie befürchtet, so der Bergretter.
Bundesweit schaut das anders aus, wie die Statistik des Kuratoriums zeigt. Demnach verletzten sich im Vorjahr 1.124 Personen beim Radfahren – das Zehn-Jahres-Mittel liegt bei gerade aml 747. Im Vorjahr wurde bereits eine entsprechende Kampagne zur Vermeidung von Unfällen gestartet.
Die Zahl der Bergtoten 2023 war trotz des Bergbooms niedriger als das Zehn-Jahres-Mittel. Der Anteil der unverletzten Personen habe zugenommen, informierten die Experten. Im Vorjahr mussten 1.980 Menschen in Tirol im alpinen Raum geborgen werden, die etwa von einer Tour überfordert waren oder nicht mehr vor noch zurück konnten und einen Notruf abgesetzt hatten.
Diese Entwicklung kann Peter Haidacher nur bestätigen: „Es gibt jetzt viel mehr Lappalien als früher, mit denen wir uns beschäftigen müssen.“ Habe sich jemand früher am Berg den Daumen verletzt, „ist er halt zu Fuß ins Tal gegangen und dann zum Arzt.“ Heute werde ein Notruf abgesetzt.
175 Unverletzte vom Berg geborgen
Immerhin holten die Bergretter im Vorjahr 175 unverletzte Menschen vom Berg. „Wir machen die Beobachtung, dass viele Wanderer ihre Kondition überschätzen, irgendwann nicht mehr weiter können und uns dann rufen“, schildert der Kitzbüheler. So käme es immer wieder vor, dass Urlauber mit der Bahn auf den Hahnenkamm fahren, heruntergehen wollen und dann irgendwann nicht mehr weiter können. „In Höhe Seidlalm klauben wir sie dann auf“, so Haidacher. Der eine oder andere unterschätze dann, dass er für den Abstieg Kraft brauche. „Man kann sagen, dass die „Taxidienste“ der Bergrettung deutlich zugenommen haben“, sagt Haidacher.
War das Massiv des Wilden Kaisers in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz spektakulärer Bergungen, wurde im Vorjahr nicht eine einzige registriert. „Ich kann mir diese Entwicklung auch nicht erklären. In den vergangenen drei Jahren ist es sehr ruhig geworden“, meint dazu der Ortsstellenleiter der Bergrettung St. Johann, Markus Prantl.
„Erfreulicherweise sinkt die Zahl der Toten in den Bergen, obwohl immer mehr Menschen unterwegs sind. Wir müssen noch besser werden bei der Vermeidung alpiner Unfälle, denn diese nehmen noch zu. Das Kuratorium verfolgt die „Mission Zero“ – kein Unfall mehr am Berg –, denn jeder Verunfallte und jeder Tote ist einer zu viel. Prävention ist besser als Rettung“, hat ÖKAS-Präsident Peter Paal ein klares Ziel. Margret Klausner
Bild: Die meisten Alpinunfälle im Bezirk ereigneten sich auf der Piste und beim Skitourengehen.Foto: ÖKAS