Das Entsetzen ist groß – was immer noch fehlt: Geld
Die Politik hat nach dem 14. Frauenmord vieles angekündigt: mehr Geld, mehr Beratungen, mehr Präventionsarbeit. Beim Mädchen- und Frauenberatungszentrum Bezirk Kitzbühel sind die Hoffnungen groß, die Erwartungen jedoch eher bescheiden – denn ohne private Gelder könnte nach wie vor keiner einzigen Frau geholfen werden.
St. Johann, Bezirk | „Am Geld soll es nicht scheitern“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz medienwirksam, nachdem die 12. Frau in diesem Jahr ermordet wurde. Bis zum Erscheinen dieses Artikels sollten noch zwei weitere Frauen hinzukommen, die von ihremPartner bzw. Ex-Partner oder Bekannten getötet wurden.
Am Geld, zumindest an dem von der öffentlichen Hand, scheitert es schon seit Anbeginn an beim Mädchen- und Frauenberatungszentrum Bezirk Kitzbühel. Ohne private Unterstützer, die mit über 55.000 Euro den Großteil der jährlichen Kosten stemmen, wäre eine Betrieb nicht möglich. Viele Leistungen werden nach wie vor ehrenamtlich erbracht.
Rund 113.000 Euro Jahreskosten
2020 beliefen sich die Gesamtkosten für die Beratungsstelle samt Notwohnungen auf rund 113.000 Euro, rund 36.000 Euro davon übernahmen Bund, Land und Gemeinden. Noch immer gibt es einige Gemeinden mit nur wenig Bewusstsein für die Wichtigkeit des Frauenberatungszentrums samt ihren ständig belegten Notwohnungen. „Wir können nicht jeder Gemeinde vorrechnen, wie viele Bürgerinnen bei uns sind. Nicht einmal einen Euro pro Jahr und Bürger wird für Frauenberatung vielerorts ausgegeben“, veranschaulicht Obfrau Renate Magerle. Jeder Sport- oder Traditionsverein wird oft mehr unterstützt.
Hauptzahler St. Johann
Ohne den „Hauptzahler“ unter den Gemeinden, der Marktgemeinde St. Johann, wäre der Betrieb der Frauenberatungsstelle nicht möglich. Sie stellt nicht nur die Räumlichkeiten kostengünstig zur Verfügung, sondern subventioniert auch jährlich mit 8.000 Euro. „Ich denke gerade in Zeiten der Pandemie, wo man besonders oft von Gewalt an Frauen gehört hat, ist es besonders wichtig das Bewusstsein in der Öffentlichkeit immer wieder zu schärfen“, sagt Bürgermeister Hubert Almberger.
Ähnlich sieht es der Fieberbrunner Bürgermeister Walter Astner: „Wir unterstützen schon seit vielen Jahren, weil wir es als sehr wichtig erachten, dass Frauen in Notsituationen geholfen wird. Die Gemeinde Fieberbrunn legt Wert auf soziales Engagement und es bleibt zu hoffen, dass auch andere Gemeinden ihren Beitrag leisten bzw. erhöhen.“
1.786 Beratungen und 12 Frauen in Notwohnungen
2010 wurde das Mädchen- und Frauenberatungszentrum vom Soroptimist Club, unter der Federführung von Renate Magerle, verwirklicht. Seitdem hat sich die Zahl der hilfesuchenden Frauen versechsfacht. 2020 wurden 1.786 Beratungen durchgeführt und 12 Frauen wurden in den Notwohnungen untergebracht.
Wie viele Gewaltopfer werden in St. Johann betreut? „Im Grunde hat fast jeder Fall, den wir betreuen, in irgendeiner Form mit Gewalt zu tun“, veranschaulicht Magerle.
50.000 € von Land und 20 Gemeinden gefordert
Zurück zum Geld. Es geht um keine Millionenbeträge: Laut Kalkulation von Magerle müssten die 20 Gemeinden im Bezirk insgesamt 26.800 Euro aufbringen. „Würden wir vom Land Tirol 25.000 Euro pro Jahr bekommen wären wir ausfinanziert und der Weg zur Frauenservicestelle frei.“ Der Weg wäre damit auch frei zu den Fördertöpfen des Bundes, denn das Mädchen- und Frauenberatungszentrum Bezirk Kitzbühel erfüllt zwar alle Kriterien einer Frauenservicestelle, wie Öffnungszeiten und Betreuungsangebot – nur erhält es zu wenig Förderung von den Gemeinden und dem Land Tirol um laut Gesetz vom Bund als Frauenservicestelle offiziell anerkannt zu werden.
Ein nicht nachvollziehbares Gesetz, über das nicht nur Magerle immer wieder den Kopf schütteln kann. Die Kirchberger SPÖ-Landtagsabgeordnete Claudia Hagsteiner brachte im letzten Jahr einen Antrag ein, damit die Tiroler Landesregierung erreichen soll, dass der Bund das einzige Frauenberatungszentrum im Bezirk Kitzbühel gebührend anerkennt – und damit auch die dringend benötigten Fördergelder in den Bezirk fließen. Bislang ohne Erfolg.
Noch merkt man nichts..
Von den politischen Ankündigungen aufgrund der vielen Frauenmorde merkt man in St. Johann noch nichts: „Aussicht auf mehr Geld haben wir noch keine. Für 2021 haben wir vom Land Tirol zum Beispiel noch gar nichts bekommen.“ Das Beratungszentrum muss alles vorfinanzieren.
Kein Geld für Präventionsarbeit
Was Magerle auch wurmt ist, dass kein Geld für Präventionsarbeit vorhanden ist. „Wir müssen all unser Kapital in die Beratungen und in die Notwohnungen stecken, dabei wäre die Arbeit mit jungen Mädchen so wichtig, damit sie gar nicht erst in solche Situationen geraten“, sagt Magerle und ergänzt: „man kann von niemandem erwarten, dass er alles immer ehrenamtlich macht.“
Im Tiroler Landtag wurde letzte Woche der All-Parteien-Antrag zum Thema „Maßnahmen für mehr Gewaltschutz und - prävention“ einstimmig beschlossen, darin wird auch mehr Geld für Frauenberatung gefordert. Wieder einmal. Johanna Monitzer