Kitzbüheler Anzeiger
03.07.2021
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Den Kirchdorfer Bibern hat man das Wasser abgesenkt

Im Kirchdorfer Ortsteil Litzlfelden mussten erneut Maßnahmen getroffen werden, um die Biber in Zaum zu halten. Der Ärger der Bevölkerung wird größer, nachdem der Biber auch vor Hecken und Obstbäumen keinen Halt macht und die Keller durch Biberdämme nass sind.

Kirchdorf, Kitzbühel | Von angebissenen Hecken über unterspülte Straßen bis hin zu nassen Feldern, die aufgrund eines Biberbaues unter Wasser stehen, reichen die Schäden durch die streng geschützten Nager. Die anfängliche Freude über die Ansiedelung, die mit Biber-Paten Andreas Goldberger und einem Denkmal als Holz mit Biberfigur zelebriert wurde, ist in den vergangenen zwanzig Jahren in der Kaisergemeinde in Ärger umgeschlagen. Von „massiven Beeinträchtigungen“ spricht Gemeindevorstand Josef Wörgötter. Der Aignerbauer ist immer wieder von Schäden auf seinen Feldern betroffen: „Ich bin mit dem Düngerstreuer hängengeblieben und hatte einen großen Schaden. Beim Zumachen des Loches auf meinem Feld wurde ich dann noch angezeigt“, kommentiert Wörgötter den nicht immer nachvollziehbaren Umgang mit den Tieren. „Mühselig“ ist die Arbeit auch für weitere Bauern: untergrabene Böschungen müssen neu gemacht werden und Felder, die durch kleine Bäche entwässert werden, sind nun aufgrund des Biberbaues wieder nass. Betroffen sind aber auch Privatpersonen, denn nasse Keller gibt es in den Ortsteilen Litzlfelden und Weng.
An ihren Speiseplan halten sich die Biber nicht immer: bevorzugt sind Weiden und Pappeln, aber auch Obstbäume und Fichten in Gärten und Wäldern sind vor ihnen nun nicht mehr sicher. Sehr ärgerlich, wenn sich der Nager die Thujenhecke zum Nachbarn schmecken lässt.

Bemühen um Miteinander
Von Seiten der Gemeinde gibt es das Angebot an die Einwohner, die Schäden zu fotografieren und sie dann ans Gemeindeamt weiterzuleiten. Die Bauhofmitarbeiter rücken dann zum reparieren aus. Außerdem bildet man im Amt die Schnittstelle zum Biberbeauftragten des Landes, Philipp Larch. Dieser zeigt Verständnis für die Lage und gibt Maßnahmen vor, die ein Miteinander zwischen Mensch und Tier möglich machen sollen (siehe Interview). Keine einfache Aufgabe, denn die Interessen des Nagers und der Anrainer sind grundverschieden. Bereits 2016 wollte man die Biber durch die Entfernung von Nebendämmen zum Abwandern bewegen. Ohne Erfolg. „Es sind deutlich mehr geworden“, sagt Wörgötter.

Maßnahmen reichen nicht immer aus
Das jüngste Unterfangen galt im Bereich Litzlfelden dem Bruggbach. Bei einem Lokalaugenschein vor Ort wurde festgelegt, dass dieser abgesenkt wird, um für mehr Sicherheit der Anrainer zu sorgen. „Dies war die Erstmaßnahme“, erklärt Amtsleiter Christopher Innerkofler und ergänzt, dass in der weiteren Folge die Absiedelung der Biber in diesem Bereich geplant ist. „Dies soll im August erfolgen“. Das ganze passiert in Abstimmung mit dem Biberbeauftragten, Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel sowie dem Baubezirksamt Kufstein. Ein Hauptgrund ist, dass bei der Straße immer wieder Absenkungen zu verzeichnen sind und auch der Rückstau des Wassers.

Weidezäune und Entlastungsrohre
Eine Maßnahme für mehr Schutz ist die Absenkung des Wassers, auch Weidezäune gegen den Biber wurden bereits aufgestellt. „Hier muss aber immer wieder nachgesehen werden und auch die Batterie überprüft werden“, erklärt Innerkofler. Außerdem arbeitet man mit Drainagen, um das Wasser an den Biberbauten abfließen lassen zu können. Vor Verbiss sollen außerdem Schutzgitter um Bäume sorgen. Mindesthöhe: ein Meter.
Auf die Ausbreitung des Bibers hat man in Bayern mit drastischen Maßnahmen reagiert: „Zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden, im Interesse der Gesundheit des Menschen sowie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit wird nach Maßgabe der Abs. 2 bis 7 abweichend von § 44 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BNatSchG gestattet, Bibern (Castor fiber) in der Zeit vom 1. September bis 15. März nachzustellen, sie zu fangen und zu töten,“ heißt es in der bayerischen Verordnung.

Eine Biber-Familie am Schwarzsee
Eingependelt hat sich die Lage am Kitzbüheler Schwarzsee. Seit Jahren ist dort eine Biber-Familie beheimatet, man spricht von vier bis sechs Nagern. „Die Aufregung ist weniger geworden, die Spuren  sind weniger sichtbar“, erzählt Seereferent Rudi Widmoser und ergänzt, dass Maßnahmen wie Gitter an schützenswerten Bäumen gesetzt wurden. Besonders im Frühjahr und im Herbst sind die Nager sehr aktiv. Ein Mittel, um sie im Zaum zu halten, sind Weidezäune, damit die Dämme nicht zu hoch werden. Ruhe haben die Schwarzsee-Biber im Naturschutzgebiet. Dort sieht man Biberburgen, die nur im Winter von den Tieren benutzt werden. „Kalte Betten gibt es somit auch am Schwarzsee“, erzählt Widmoser schmunzelnd. Eine Umsiedelung ist kein Thema.

Keine natürlichen Feinde
Das Glück hat der Biber auf seiner Seite, denn er hat keine natürlichen Feinde. Die größte Gefahr geht für ihn von Autos aus. Auch in Kirchdorf hat man schon einige der Tiere bei Straßenüberquerungen überfahren. Keine Kleinigkeit, denn ein Biber hatte 28 kg und maß 1,20 Meter. Verena Mühlbacher

Bild: Für die Entfernung von Dämmen braucht es eine naturschutzrechtliche Ausnahmeregelung- im Bild Kirchdorf. Foto: Mühlbacher

Kurz notiert - Warum war er ausgerottet?
Mit Ausnahme von Island und Irland waren Biber vor dem 19. Jahrhundert in Europa beheimatet, durch die intensive Bejagung aber praktisch ausgerottet.
Biberfelle wurden für Pelze und das Wollhaar für Hüte verwendet. Die katholische Kirche erklärte die Biber zum Fisch und dieser durfte während der Fastzenzeit gegessen werden. Das Bibergeil (Duftstoff aus einer Drüse) wurde für ein Wunderheilmittel gehalten.
Mittlerweile ist der Biber europaweit geschützt. 1990 wurde in Tirol der erste Biber wieder entdeckt, seitdem entstehen wieder Populationen.

Wo sich der Biber wohlfühlt
Biber sind grundsätzlich sehr flexible Tiere, sie schätzen aber langsam fließende Bäche und Flüsse, größere Weiher und Seen, mit lichten Weichholzzauen an den Ufern, als Lebensraum. Wichtig ist, dass es Stellen mit mindestens 80 Zentimeter Wassertiefe sowie steile, grabbare Uferpartien gibt. Dort errichten Biber ihre Baue, Burgen und Röhren. Biber sind Vegetarierer. Auf ihrem Speiseplan stehen Ufergehölz, vor allem Weiden wegen der saftigen Rinden, aber auch Röhricht- und Wasserpflanzen.

Biberliebe hält ewig
Biber pflegen ein geselliges Familienleben. Die Elterntiere bleiben ein Leben lang zusammen. Jungtiere bleiben zwei Jahre bei ihren Eltern. In der Regel überlebt ein Jungtier pro Wurf. Einmal im Jahr gibt es Junge. Die Größe des Reviers, das von einer Biberfamilie besetzt wird, hängt von der Nahrungsgrundlage ab. Quelle: Biber in Tirol

 
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