Kitzbüheler Anzeiger
20.09.2017
News  
 

Die Pommes werden zum Aufreger

Sie ist zwar noch nicht endgültig beschlossen, dennoch sorgt sie schon für Aufregung unter den heimischen Gastronomieverbänden: die neue EU-Verordnung zu Acrylamid – im Volksmund bereits als „Pommes-Verordnung“ bekannt.

Bezirk  | Der Stoff Acrylamid gilt als krebserregend und entsteht besonders stark beim „Bräunen“ bestimmter Lebensmittel – insbesondere gebratene oder frittierte Kartoffelerzeugnisse, Kaffee, Kekse, Kräcker, Knäcke- oder Toastbrot. Auf Anregung einiger EU-Mitgliedstaaten untersuchte die europäische Lebensmittelbehörde EFSA den Stoff und die Ergebnisse wurden an die Kommission weitergeleitet, die schließlich einen Vorschlag zur Eindämmung des Acrylamids vorlegte. Auf 20 Seiten wurden dazu einige Regelungen zusammengefasst – für öffentliche Aufmerksamkeit sorgte u.a. der Vorschlag einer „Bräunungstabelle“ für Pommes und Co.

Die Europäische Kommission hält fest: „Die Kommission hat nicht die Absicht, Pommes jeglicher Art zu verbieten oder die Art und Weise der Zubereitung zu verändern. Es ist jedoch nachgewiesen, dass Kartoffelprodukte, Getreideprodukte und Kaffee bei zu großer Hitze besonders hohe Werte von Acrylamid aufweisen. Daher verpflichten die neuen Maßnahmen Lebensmittelunternehmen, Verfahrensregeln anzuwenden, um das krebserregende Acrylamid zu senken.“

„Praxisfern und überbordend“

Gerade aus Tirol kommt harsche Kritik an den Plänen – angefangen von Landeshauptmann Günther Platter über Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl bis hin zur Wirtschaftskammer. Hörl bezeichnete die Absicht als „praxisfern, unternehmerisch existenzgefährdend und absolut überbordend – in dieser Form ist diese Verordnung eine echte Bedrohung“. Denn auch, wenn er den gesundheitlichen Nutzen hinter dem Plan grundsätzlich sehr begrüßt, richtet der Wirtschaftsbundchef einen dringenden Appell an Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner: „Schon bei der Allergenverordnung waren Beamte aus dem Ministerium Österreichs Stimme in der Ausarbeitung und wir wissen, wo dies geendet hat: Kein Land außer Österreich setzt die Allergenverordnung derart übertrieben ein.“

Auch der Fachverband Gastronomie befürchtet erneut große Hürden für die heimischen Wirte. Immerhin: „Der Fachverband begrüßt grundsätzlich, dass für kleine und mittelgroße Gastronomiebetriebe („retail“) vereinfachte Regelungen zur Vermeidung von Acrylamid zur Anwendung kommen sollen. Dennoch ist die vorgeschlagene Regelung noch immer problematisch“, heißt es dazu in einem Positionspapier des Verbands.

Die heimische Gastronomie spricht sich dafür aus, dass der Retail-Bereich komplett von der geplanten Regelung ausgenommen wird. Um die Bevölkerung vor den Auswirkungen von zu viel Acrylamid zu schützen, solle vielmehr eine umfangreiche Aufklärungskampagne gestartet werden.

Kirchmaier: „Es ist eine Frage der Dosis“

Die Diätologin und Gesundheitswissenschafterin Angelika Kirchmaier – bekanntermaßen auch Autorin diverser Kochbücher – meint auf Nachfrage des Kitzbüheler Anzeigers: „Ich würde mir nicht so viele Gedanken machen. Es ist eine Frage der Dosis: Wie viel isst man davon? Wenn jemand das täglich konsumiert, hat er natürlich ein Problem.“ Generell stecke der Stoff in Lebensmitteln, die ohnehin nicht besonders „gesund“ sind. Die Problematik des Acrylamids sei so alt wie das Kochen selbst.

Für den Konsumenten eher schwer zu überprüfen sind die Acrylamid-Werte bei Kaffee oder auch Knäckebrot. „Gerade Frauen essen das häufig, z.B. aus Figurgründen. Wenn dann der Hersteller zu viele Acrylamide darin hat, könnte das problematisch werden.“

Wie geht es nun weiter?

Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben drei Monate Zeit, die Verordnung zu prüfen. Die ÖVP-Delegation im Europäischen Parlament legte übrigens Ende August ein Veto gegen das Vorhaben ein.

Die Verordnung könnte voraussichtlich im Frühjahr 2018 in Kraft treten. Es ist dann, wie auch bei der Allergieverordnung, an den nationalen Lebensmittelbehörden, die Regelung schließlich als geltendes Recht in den einzelnen Staaten umzusetzen. Elisabeth Galehr, Foto: ©fastfood.wikia.com

 
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