Ein Heimatbuch als Vermächtnis
In der harten Kriegsgefangenschaft ab dem 19. Lebensjahr, festigte sich der Entschluss zu einer weiteren beruflichen Bildung.
Kirchberg | Fleiß, Besonnenheit und Weitblick zeichneten Peter Gwirl als Lehrer und Kommunalpolitiker aus, der im Ruhestand dank einer robusten Gesundheit als Archivar und Chronist aktiv blieb und für die Heimatgemeinde – er entstammte einer seit 1332 im Brixental nachgewiesenen Familie und war auf dem Schwendhof im Spertental daheim - nachhaltig gewirkt hat und eine Kirchberger Persönlichkeit wurde. Der Senior der Lehrerfamilie Gwirl ist im 97. Lebensjahr verstorben.
Prägende Kriegsgefangenschaft
Der Weg für den Bergbauernsohn schien vorgezeichnet. Nach dem Pflichtschulbesuch arbeitete er auf dem Hof, bis er 1944 mit 18 Jahren zu den Gebirgsjägern einberufen wurde.
Die Ausbildungszeit im Kanaltal und in Istrien erfolgte in einem Partisanengebiet. Mit 19 Jahren geriet er in die berüchtigte jugoslawische Kriegsgefangenschaft, machte den „Hungermarsch“ quer durchs Land mit, arbeitete im Bergbau, im Steinbruch und im Straßenbau. Erst zu Jahresanfang 1949 konnte er heimkehren.
Der Wunsch des Hoferben, Lehrer zu werden, wurde von den Eltern akzeptiert. Nach Abschluss der Ausbildung startete er in der Heimatgemeinde als Volksschullehrer, legte auch die Prüfungen für die landwirtschaftliche Berufsschule und für die Hauptschule ab, blieb aber an der Volksschule, die er durch 26 Jahre leitete.
Für Schulen und Gemeinde
Im Gründungsjahr oblag ihm auch der Aufbau der Hauptschule, die 1974 eingeführte Erwachsenenschule unterstand ihm bis 1989. Für seinen umfassenden Einsatz, nicht zuletzt bei Schulversuchen, wurde Gwirl 1981 mit dem Berufstitel Oberschulrat ausgezeichnet.
Die Änderungen im Schulwesen durch die Einführung des Polytechnischen Lehrgangs und den Ausbau der Hauptschulen im Bezirk sowie steigende Schülerzahlen erforderten bauliche Maßnahmen. Innerhalb weniger Jahre konnten alle Provisorien beseitigt werden und die Schulraumnot war beendet. Peter Gwirl erwarb sich größte Verdienste.
Seit 1962 Mitglied des Gemeinderats, sah er in Schulen, Jugend- und Sportförderung seine Hauptaufgaben. Insgesamt 27 Jahre gehörte Gwirl dem Gemeinderat an, lange als Vorstandsmitglied und zuletzt neun Jahre als Vizebürgermeister. In Vereinen arbeitete er, selbst begeisterter Sportler, aktiv mit, der Sportklub ernannte ihn schon 1969 zum Ehrenmitglied.
Aufbau des Gemeindearchivs
Beim Eintritt in die Berufspension traf Gwirl eine ungewöhnliche Entscheidung. Er legte alle öffentlichen Funktionen zurück, fand aber eine neue Aufgabe, die ihm bis ins 90. Lebensjahr ein reiches Arbeitsfeld bot. Er startete den Aufbau eines Gemeindearchivs und des Chronikwesens. Weil er den auch von Wissenschaftlern anerkannten Anton Flecksberger, Bauer und Heimatforscher, einbaute, wurden ungewöhnliche Resultate erzielt. Es war folgerichtig, Gwirl zum Schriftleiter des Heimatbuchs zu bestellen. Er fand die Unterstützung der Wissenschaft und nützte das umfassende Bildmaterial, besonders die Sammlung von Christian Horngacher, vereinigte es zu einem harmonischen Ganzen, und legte 1999 ein gediegenes und leicht lesbares Dorfbuch vor.
Im Gemeindearchiv und in der Arbeitsgemeinschaft der Chronisten im Bezirk, die seine Mitarbeit über Jahrzehnte wiederholt auszeichnete, blieb er bis in die letzten Jahre ein geschätzter Ratgeber und Freund.
Öffentliche Anerkennung
Öffentliche Anerkennung waren die frühe Zuerkennung eines Berufstitels, der 1993 verliehene Ehrenring der Gemeinde und die Verdienstmedaille des Landes Tirol.
Der umfassende Einsatz in Beruf und Gemeinde über Jahrzehnte war nur durch das Verständnis und die Unterstützung durch die Gattin Resi, Lebenskameradin, Lehrerin, Mutter und begeisterte und erfolgreiche Hobbymalerin, möglich.
Peter Gwirl hat die Heimat Kirchberg mitgestaltet. Sein vielseitiges Bemühen dankten Gemeinde, Schule und Vereine beim Abschied in der Pfarrkirche. Peter Gwirl hat sich einen Platz in der Geschichte und bei vielen, die ihn in dankbarer Erinnerung behalten werden, gesichert. Ehre seinem Andenken. H.W.
Bild: Oberschulrat Peter Gwirl (1926 – 2022). Foto: Nessizius