Kitzbüheler Anzeiger
17.07.2021
News  
 

Ein Tal ergreift die Initiative

Druck auf die Politik wird jetzt im Brixental gemacht. Nach den Wolfsrissen am Wochenende kam es zum Schulterschluss zwischen den Tourismusverbänden und Ortsbauern, um gemeinsam gegen den Wolf Stellung zu beziehen. „Kein Wolf in unserer Kulturlandschaft“ lautet die Botschaft an das Land.

Westendorf | Großes Interesse herrschte bei der Pressekonferenz des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen Brixental, bei welcher der Schulterschluss zwischen den Tourismusverbänden und den Bauern bekanntgegeben wurde. Gemeinsam will man die Politik dazu bewegen, endlich Maßnahmen gegen den Wolf zu ergreifen.

Ein Rückblick auf die Ereignisse
Die Bilanz des Wolfangriffs auf der Rotwandalm: 18 Schafe sind tot – 13 starben durch den Wolf, vier mussten erschossen werden und eines wurde durch Tierärztin Jutta Strele eingeschläfert. „Drei Stunden lang hat die Tierärztin mein Schaf genäht, um alle Bisswunden zu schließen“, erzählt Christian Ehrensberger, den Tränen nahe.
„Ich habe schon viel grausiges gesehen, aber etwas derartig Blutrünstiges noch nie“, erzählt Tierärztin Strele. Sie kritisiert, dass jahrelang tatenlos der Wiederansiedelung des Beutegreifers zugesehen wurde. „Der Wolf ist ein großer Beutegreifer und richtet ein Gemetzel an. Vor mehr als 100 Jahren ist der Wolf verschwunden und hat nun in unserer Kulturlandschaft, wo die Flächen bis zum Berggipfel hinauf genutzt werden, keinen Platz mehr. Es ist eine falsch verstandene Naturromantik, wenn man den Wolf in den Alpen haben will. Der Wolf hat Platz in großflächigen, naturbelassenen Gebieten, wo es keine Konfrontation mit dem Menschen gibt“, sagt Strele. Schutzmaßnahmen wie ein Herdenschutzzaun sind in der Betrachtung der Tierärztin auf den steilen Almen unrealistisch und auch ein Herdenschutzhund ist für sie nicht die Lösung: „Diese Hunde sind für den Herdenschutz gezüchtet, die ticken ganz anders und können so zur Gefahr für jeden werden, der sich der Herde nähert.“

Konsequenzen für die Freizeitwirtschaft
Toni Wurzrainer, Obmann des Tourismusverbandes Kitzbüheler Alpen Brixental sieht die Wolfsproblematik nicht als Thema der Politik, sondern als allgemeine Agenda.  Er hat auch ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft: „Tourismus ohne Landwirtschaft geht nicht. Es ist ein gut funktionierendes System, das jetzt zusammenzubrechen droht.“ Für den TVB steht fest: Wir wollen keinen einzigen Wolf, weder hier noch in der Nachbarschaft. Klare Worte findet Wurzrainer für die Politik, die nun am Zug ist. Die Zeit über mögliche Lösungen zu philosophieren ist vorbei. „Es interessiert uns nicht, wenn dieses Thema eine Koalition sprengt“, sagt Wurzrainer und fordert einen Verbund der Bundesländer, um sich Gehör in Wien zu verschaffen. Dazu lässt Peter Pirchl, Ortsbauernobmann von Westendorf wissen, dass man sich bereits die nächsten Schritte überlegt. Diese betreffen die Freizeitwirtschaft. „Wir werden den rechtlichen Rahmen ausschöpfen und unser Eigentum schützen. Man braucht sich nur überlegen, auf welchem Besitz sich die Freizeitwirtschaft abspielt. Dieser Raum wird nicht nur vom Touristen genutzt, auch Einheimische sind hier unterwegs. „Und das sind die Wähler“, sagt Wurzrainer.

Unterstützung erhalten die Brixentaler auch von der Landwirtschaftskammer. „Wir bemühen uns seit Jahren um eine Lösung. Im vergangenen Jahr haben wir den Verein ‚Almen ohne Wolf‘ gegründet. Bei der Demonstration in Innsbruck wurde noch die fehlende Unterstützung des Tourismus kritisiert“, erzählt Vize-Präsidentin Helga Brunschmid. Sie spricht sich dafür aus, Gebiete auszuweisen und eine Entnahme des Wolfes zu ermöglichen.

Gemeinden sprechen ihre Unterstützung aus
Die Gemeinden des Brixentals stehen ebenso hinter den Forderungen und haben die Resolution unterzeichnet. Als Sprecher der Gemeinden rief Bgm. Paul Sieberer aus Hopfgarten die Anwesenden aber zur Vernunft und mahnte dazu, nicht den legalen Weg zu verlassen. „Es soll aus der 3G-Regel keine 3S-Regel – schauen, schießen, schaufeln – werden.“ Die Gemeinden sprechen ihre volle Unterstützung aus. Was in den Gemeinden funktioniert, scheint auf Landesebene nicht zu funktionieren – nämlich das fraktionelle Denken hintanzustellen und die beste Lösung für die Region zu finden. „Was ist wichtiger in unserem Land Tirol? Die Existenz unserer Bauern und die Bewirtschaftung unserer Kulturlandschaft oder koalitionärer Frieden“, ergänzte Kirchbergs Bürgermeister Helmut Berger.

Kritisch sieht Walter Pupp vom Schafzüchterverein Hopfgarten die Almabtriebe. „Wenn jetzt alle ihre Schafe runterbringen, dann gibt es keine Risse mehr und damit verschwindet das Problem aus der politischen Wahrnehmung. Wenn wir mit den Tieren runterfahren, ziehen wir aber auch den Wolf nach. Die Höfe sind oft am Waldrand gelegen – da kann der Wolf im eingezäunten Gehege zuschlagen“, erklärt Pupp. Er fordert einen Initiativantrag, dass der Wolf als jagdbares Tier eingestuft wird und Abschusspläne erstellt werden. Elisabeth M. Pöll

Bild: Gemeinsam gegen den Wolf. Schulterschluss zwischen den Tourismusverbänden und den Bauern. Ihre Unterstützung haben auch die Gemeinden zugesagt. Foto: Pöll

 
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