Kitzbüheler Anzeiger
30.01.2022
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„Eine Pleitewelle ist nicht in Sicht“

Corona hat die Wirtschaft, aber auch Privatpersonen  in eine Krise gestürzt. Der Staat steuerte mit Finanzspritzen kräftig dagegen. Für 2022 erwartet der Kreditschutzverband mehr Firmenpleiten und Privatkonkurse im Bezirk - mit moderatem Anstieg.

Kitzbühel | Der KSV 1870 hat im abgelaufenen Jahr gerade einmal 148 Firmeninsolvenzen in Tirol verzeichnet. Mehr als die Hälfte weniger als 2019, als die Wirtschaft noch florierte. Der Bezirk Kitzbühel, von Tourismus bekanntlich stark geprägt, wurde von der Pandemie wirtschaftlich härter getroffen, als andere Tiroler Regionen. Doch auch hier sind die Unternehmenspleiten im Vorjahr sehr stark zurück gegangen, das zeigt eine Auswertung des KSV 1870. Sieben Kommerzinsolvenzen im Jahr 2021 stehen den insgesamt 26 Fällen von 2020 gegenüber. Auffällig ist aber, dass insbesondere Insolvenzen, die nicht zu einer Verfahrenseröffnung geführt haben, im Bezirk massiv eingebrochen sind, sagt Klaus Schaller, Leiter der Region West im KSV 1870. „2020 waren es immerhin noch elf Fälle, im Vorjahr nur noch einer.“

Über Monate keine Anträge gestellt
Der Experte begründet diese  Entwicklung damit, dass die öffentlich-rechtlichen Gläubiger (Gesundheitskasse, Finanzamt, BUAK) auf Anweisung des Gesetzgebers über Monate hinweg keine Konkursanträge gestellt haben. Dazu muss man wissen, dass die Anträge von öffentlich-rechtlichen Gläubigern in „Normalzeiten“ dann zu keiner Verfahrenseröffnung führen, wenn nicht einmal freies Vermögen im Wert von 4.000 Euro für die Bestreitung der Verfahrenskosten beim insolventen Unternehmen vorhanden ist. Mangels Kostendeckung weist das Gericht die Anträge der öffentlich-rechtlichen Gläubiger ab und in weiterer Folge entzieht die Verwaltungsbehörde diesen Unternehmen die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes.

Desolate Firmen sind am Markt geblieben
Schaller: „Mit dem Zurückhalten der Insolvenzeröffnungsanträge führte dieses Zuwarten aber zu einem gänzlichen Ausbleiben der Marktbereinigung.“ Betroffen seien „Kleinstunternehmen ohne Anlagevermögen, wie etwa Paketzusteller, Taxiunternehmen, Subunternehmer oder Pächter von Frühstückspensionen.
Wegen ausgelaufener Wirtschaftshilfen und einsetzender Ratenzahlungen für gestundete Steuern und Abgaben hat im Spätsommer des Vorjahres allerdings eine Trendumkehr eingesetzt; im vierten Quartal nahm die Zahl der Firmenpleiten an Dynamik deutlich zu. Dieser Trend dürfte anhalten, vermutet der Tiroler KSV-Chef. Eine Pleitewelle sieht er aber nicht hereinbrechen. „Tirol hat einen bunten Branchenmix, eine erfolgreiche Exportwirtschaft und Leuchtturmbetriebe. Das sind allesamt die Stützen unserer Volkswirtschaft.“

In Tirol bisher kein einziger Hotelkonkurs
Die Tourismuswirtschaft habe, so Schaller, die Krise dank der Wirtschaftshilfen bis dato gut gemeistert. „Hotelpleiten, die auf die Covid-Pandemie zurückzuführen sind, gab es in ganz Tirol bisher nicht“ und seien in naher Zukunft auch nicht zu erwarten. Trotzdem sei der weitere Saisonverlauf natürlich maßgebend.

Ausweglos sieht er die Situation der Branche trotz Pandemie aber nicht. „Vor Corona haben viele Tourismusbetriebe sehr gut gewirtschaftet und finanzielle Reserven aufgebaut. Die Top-Tourismusregionen haben ihre Position am Markt gefestigt. Schaller: „In Summe sichert das, neben den bisherigen Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand, den Bestand vieler Unternehmen. Es ist aber schon klar, dass mehrere schwierige Saisonen das wirtschaftliche Überleben vieler Betriebe bedrohen.“ Weiteren Wirtschaftshilfen steht er kritisch gegenüber: „Das Geld muss zurück gezahlt werden.“

Verbilligte Entschuldung bei Privatkonkursen
Abgenommen hat im Übrigen auch die Zahl der Privatkonkurse im Bezirk Kitzbühel. Im Jahr 2021 versuchten lediglich 22 Privatpersonen ihre Verbindlichkeiten bei Gericht zu regulieren, ein Jahr zuvor waren es immerhin noch 36 Personen. Seit Mitte des Jahres 2021 können sich redliche Privatschuldner im Rahmen eines drei Jahre andauernden Abschöpfungsverfahrens - statt der früheren fünf Jahre - ihrer Schulden entledigen. Der Gesetzgeber hatte dies angekündigt, folglich hielten sich die Privatschuldner im ersten Halbjahr auch im Bezirk Kitzbühel mit ihrer Insolvenzantragstellung deutlich zurück, erläutert Klaus Schaller. Mit einem Ansteigen der Privatkonkurse sei daher im Laufe des Jahres zu rechnen. Alexandra Fusser

Grafik: Selbst bei mehr als einer Vordoppelung der Insolvenzen von 2021 würde im nächsten Jahr gerade einmal der Stand von 2019 (309 Pleiten) erreicht werden. Für den KSV 1870 besteht daher kein Anlass zur Panik. Grafik: KSV 1870

 
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