Freizeitwohnsitz unter Kontrolle
Die Wichtigkeit für die Einführung der Verwaltungsgemeinschaft zur Kontrolle von Freizeitwohnsitzen ist auch dem Kirchdorfer Gemeinderat bewusst. Einstimmig stimmten die Mandatare für die Kontrollen. Damit fehlt nur mehr das Ja in St. Johann.
Kirchdorf | Genau unter die Lupe werden nun auch Wohnsitze in Kirchdorf genommen. „Traurig, dass alles kontrolliert werden muss“, zeigt sich Hans Hinterholzer. Aber auch über den Erfolg der Kontrollmaßnahmen ist man sich unter den Mandataren nicht einig: „Viele Rechtsanwälte haben sich auf Freizeit-und Zweitwohnsitz spezialisiert“, gibt Hannes Steger zu bedenken. Eine Evaluierung in der Gemeinde soll laut Amtsleiter Christopher Innerkofler in einem Jahr möglich sein.
Kontrollorgane auf Spurensuche
Die Kontrollorgane werden den Wohnsitz rund ein halbes Jahr unter die Lupe nehmen und schriftlich dokumentieren, außerdem haben sie Zugang zu den Strom-, Wasser- und Kanaldaten. Die Adressen werden von der Gemeinde vorgegeben. „Es ist eine Art Detektivarbeit“, erklärt Innerkofler, der den Vertrag mit seinen Kollegen in St. Johann und Oberndorf ausgearbeitet hat. Die Beobachtungen werden schriftlich festgehalten, bei erhärtetem Verdacht folgt die Anzeige durch die Gemeinde bei der Bezirkshauptmannschaft. Das Verfahren geht dann an den Landesverwaltungsgerichtshof. „Jeder Bürger darf wohnen wo er will, jedoch müssen dort auch Steuern abgeliefert und das Auto angemeldet werden“, erklärt Bürgermeister Gerhard Obermüller, der die Kontrollen mit Augenmaß durchführen will. Die Gemeinden erwarten sich durch die Kontrollen mehr Geld aus den Bundesertragsanteilen. „Die Infrastruktur muss von allen getragen werden“, so Obermüller.
Skurrile Gespräche über Wohnsitz
Insgesamt gibt es in Kirchdorf 156 genehmigte Freizeitwohnsitze, die Dunkelziffer liegt höher. Dabei kommt es immer wieder zu skurrilen Gesprächen im Gemeindeamt, wie der Bürgermeister eine Anekdote erzählt: „In einem Bauverfahren wollte der Nachbar die Gemeinde klagen, da er keine Einladung zur Bauverhandlung bekommen hat. Nach kurzem Gespräch stand fest, dass eine Einladung an die gemeldete Adresse in Kirchdorf ging, jedoch nicht nach Deutschland. Nachgefragt nach dem Hauptwohnsitz hat der Nachbar seine kurzzeitige Abwesenheit mit Corona begründet. „Es ist eine Verrücktheit“, erklärt der Bürgermeister.
Scheinwohnsitz nicht gestattet
Für Vizebürgermeister Gerald Embacher ist klar, dass niemand etwas zu befürchten hat, der seine Abgaben an Gemeinde und Tourismusverband zahlt. Der Fokus liegt auf dem Scheinwohnsitz: „Das Wissen, dass kontrolliert wird, soll für viele abschreckend sein.“
Vergleichbar sind für ihn die Kontrollen des Wohnsitzes mit den Geschwindigkeitsbeschränkungen. „Wenn ich weiß, dass niemand die vorgeschriebenen 50 km/h kontrolliert, dann werden sich auch nur wenige daran halten.“
Jobprofil wird ausgeschrieben
Die neuen Jobs werden ausgeschrieben. Ein wichtiges Kriterium laut Obermüller ist das Gefühl, für diese heikle Sache. Übrigens: nach Tiroler Gemeindeordnung ist das Betreten des Grundstücks für die Kontrollore erlaubt, da sie der verlängerte Arm der Gemeinde sind.
Nachdem sich Oberndorf und Kirchdorf nun zur Verwaltungsgemeinschaft bekannt haben, stand der Punkt am Dienstagabend auf der Tagesordnung in St. Johann (nach Redaktionsschluss). Verena Mühlbacher
Bild: Auf Spurensuche nach den Scheinwohnsitzen machen sich die zukünftigen Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaften mit Oberndorf, Kirchdorf und St. Johann. Foto: adobestock