Geburtshelferin mit Leib und Seele
Nach 40 Dienstjahren am BKH St. Johann ist Chef-Hebamme Michaela Draschl mit Monatsende in Pension gegangen. Frischgebackenen Müttern will sie aber weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen.
St. Johann | Mit 760 Geburten wurde in ihrem letzten Dienstjahr noch ein neuer Rekord auf der Gynäkologie im Krankenhaus St. Johann erzielt - und das trotz der schwierigen Coronabedingungen. „In meinem ersten Jahr hatten wir 434 Geburten und in den vielen Jahren dazwischen hat sich einiges geändert – zum Glück“, lacht sie.
Geburten verliefen früher anders als heute
Nach ihrer Ausbildung in der Bundeshebammenlehranstalt in Salzburg kam die gebürtige St. Johannerin zurück in die Heimat an das hiesige Krankenhaus. 1987 wurde sie leitende Hebamme. Damals, im alten Krankenhaus, verlief eine Geburt noch völlig anders als heute, erinnert sie sich. Die werdende Mutter war mit der Hebamme allein, Väter waren bei der Geburt nicht dabei. Es gab nur einen Kreissaal in dem zwei Gebärbetten standen, getrennt nur durch einen Paravent. Nach der Geburt kamen die Babys ins Kinderzimmer und wurden nur alle vier Stunden für eine halbe Stunde zur Mutter gebracht. Besucher durften die neuen Erdenbürger nur zu bestimmten Zeiten durch ein Fenster im Kinderzimmer bewundern.
Michaela Draschl: „Man kann sich das heute kaum vorstellen und ich bin froh, dass wir in den letzten Jahrzehnten so viele Änderungen zum Wohle der Mütter erreichen konnten“.
1991 folgte der Umzug in das neue Krankenhaus und 2013 wurde die Gynäkologie neuerlich modernisiert. Draschl freut sich seit damals mit ihrem Team über die zwei großen, hellen Kreissäle, ein Vorbereitungszimmer mit Schlafmöglichkeit für die werdenden Väter, ein Aufnahmezimmer, ein Stillzimmer und einen eigenen Besucherraum, womit den werdenden Eltern mehr Rückzugsmöglichkeiten geboten werden können.
Inzwischen ist es auch völlig normal, dass Väter bei der Geburt dabei sein dürfen und auch das sogenannte „Rooming-in“ - Babys bleiben bei der Mutter im Zimmer - gibt es mittlerweile seit vielen Jahren. Stolz ist sie auch darauf, dass schon im Jahr 2002 die erste Wassergeburt in
St. Johann möglich war.
Besondere Erinnerungen prägen die Berufsjahre
Der kleine Stefan Hannes, das österreichische Neujahrsbaby 2003, hat sich besonders in der Erinnerung eingebrannt. Gemeinsam mit dem damaligen Primar Michael Trockenbacher und Stationsleiterin Hannelore Wimmer betreute die Hebamme Mutter und Kind. „Es ging den ganzen Tag zu wie im Taubenschlag – jede Stunde ein Interview mit Reportern aus ganz Österreich“, erinnert sich Michaela Draschl.
Die Geburtenzahl ging in den letzten Jahren am Krankenhaus stetig nach oben, an manchen Tagen hatten es besonders viele Zwerge gleichzeitig eilig.
„Ihr Kinderlein kommet“ sangen die Anklöpfler
„Einmal im Advent hatten wir schon sechs Babys entbunden“, erzählt Michaela „da kamen gegen Dienstende die Anklöpfler auf die Station und haben das Lied ‚Ihr Kinderlein kommet‘ angestimmt – ich hab mir nur noch gedacht: nein, heute bitte nicht mehr, und bin in den Kreissaal zurück gestürmt“.
Neben ihrer Führungstätigkeit im Krankenhaus St. Johann war Michaela Draschl auch im Gremium der Hebammen in der Landesgeschäftsstelle Tirol vertreten und hat sich dort stets für ihren Berufsstand eingesetzt.
Eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Krankenhauses war ihr überdies immer sehr wichtig.
Als Geburtshelferin mit Leib und Seele wird sie in Zukunft aber nicht ganz in den Ruhestand wechseln, sondern weiterhin mit Hingabe frisch gebackene Mütter daheim betreuen und Mütterberatung anbieten. Claudia Egger
Bild: 1) Für Michaela Draschl ist der Beruf eine Berufung: Sie war und ist aus ganzem Herzen Hebamme.
2) Gerda Perthaler, Nachfolgerin Sabrina Fernsebner-Springer, Martina Lohfeyer, Christine Oberhollenzer, Primar Christian Deetjen, Michaela Reiter und Tina Salvenmoser (v. l.) wünschen Michaela Draschl das Allerbeste für den Ruhestand. Fotos: Claudia Egger