Kitzbüheler Anzeiger
14.05.2021
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Hansjörg Schlechter - „Kitzsport“

Der fleißige Hansjörg Schlechter erlebte große Erfolge, überstand auch wirtschaftlich schwierige Abschnitte und wurde ein Begriff für einen „besonderen Kitzbüheler“

Kitzbühel | Wenn man Leben und Werk überblickt, zeigt sich, dass Hansjörg Schlechter, dessen Lebenszeit die teilweise turbulente, teilweise faszinierende Wirtschaftsentwicklung widerspiegelt, nicht leicht einzuordnen ist.
Wer ihn kannte, erlebte einen überzeugten Kitzbüheler. Er hatte früh zu kämpfen, etwa gegen den Keuchhusten, nach dem Bergtod des Vaters, als der Bub fünf Jahre alt war, in der Aufbauzeit, wie ihn die  kluge und energische Mutter auf seine Rolle vorbereitete. Die konsequente Linie von Kathi Schlechter führte den Zehnjährigen mit Unterstützung von Pfarrer Joseph Schmid in das Internat des humanistischen Elitegymnasiums  „Stella Matutina“ in Feldkirch,  wo er sich bereits als kaufmännisches Talent zeigte, wenn er in Liechtenstein auf „Einkaufstour“ ging, den Vierzehnjährigen auf eine englische Sprachschule, dann folgte eine Lehre als Wagner und Skierzeuger in Hall in Tirol, in den Spitzenzeiten der Branche im heimischen Betrieb, die  Berufsschule in Stams, der Abschluss in beiden Handwerken und in der Kaufmännischen Berufsschule.

Auf einer humanitären Grundlage
Für die humanistische Grundlage und die  umfassende praktische Ausbildung  in der Nachkriegszeit blieb er dankbar. Er musste sich selbst behaupten und ging viele Dinge zu früh an, die erst spät zu Erfolgen führten. In einem Rückblick zum 80. Geburtstag stellte er fest, er habe immer nur den Betrieb im Kopf gehabt und deshalb vieles vernachlässigt. Freilich sei er zuletzt entschädigt worden und stolz und glücklich geworden. Die Gattin Helene und die Tochter Katrin haben die Traditionsfirma nach seinem altersbedingten Rückzug mit großem Erfolg weitergeführt

Bergheimat auf der Trattenbachalm
Hansjörg Schlechter war das späte Einzelkind einer angesehenen Familie, dem der Lebensweg vorgezeichnet schien. Als er an Keuchhusten erkrankte, zögerte der Vater nicht, die damals bestmögliche Hilfe – Daueraufenthalt im Gebirge -  zu schaffen. Der bekannte Bergsteiger erwarb ein Grundstück auf der Trattenbachalm und errichtete ein kleines Berg-
heim. An diesem Ort ist der Bub nicht nur genesen, er hat ihn zeitlebens als Kraftplatz für sein Leben gesehen.
Sein Eigenheim errichtete er im Stockerdörfl. Das war für ihn eine große Herausforderung, weil er in der kargen Freizeit am Bau war, freilich mit der Freude, etwas Eigenes geschaffen zu haben. Mit Tourenfreunden machte er fast jedes Jahr Berg- und Skitouren in bekannten Sportressorts in der Schweiz und in Italien. Später führten ihn Kletterausflüge nach Kanada und in die USA.

Entscheidende Weichenstellungen
Als Hansjörg Schlechter die Führung der Firma übernahm, waren noch viele lokale Skierzeuger tätig. Er war der erste Kandidat, der neben der Meisterprüfung für die Wagnerei auch für die Skierzeugung ablegte. Er erzeugte Kunstlaminat-Skier mit dem Namen Steeloflex Glasfleex und Epoglas, die bei den Einheimischen sehr beliebt waren. Schlechter meldete einige Patente an und sicherte den Musterschutz  Es war eine Kampfzeit und niemand konnte absehen, dass lokale Marken auf Dauer chancenlos waren. Der damals gewählte Begriff „Kitzsport“ wurde erhalten und auch für die Skierzeugung später wieder verwendet.
Im Jahr 1964 trat Hansjörg Schlechter als zwölftes Mitglied in die Intersport- Österreich ein. Zehn Jahre später wurde er Vorstandsmitglied. Die Entscheidung war richtig und wurde von den Führenden in der Branche begrüßt. Die Entwicklung im Sporthandel ging aber bald ganz andere Wege.

Mitarbeit bei Intersport
Schlechter stieg 1988 zum Vorstandsvorsitzenden der Intersport Österreich auf. Bei seinem Rücktritt erhielt er das Goldene Ehrenzeichen des Genossenschaftsverbandes.
Kathi Schlechter, seinerzeit eine bekannte Kletterin im Wilden Kaiser und die erste Frau, die die „Aufnahmeprüfung“ in die Edelweißgilde bestanden hatte, starb 1988, tief betrauert von der Familie. Der Vater von zwei Söhnen aus einer frühen Ehe lernte 1974 die berufliche „Konkurrentin“ Helene Graswander, Tochter des Kitzbüheler Originals „Hansei Pepei“, und Inhaberin des Betriebes in der Hahnenkammstraße, kennen und lieben. Sie fusionierten privat und beruflich, die erfolgreiche Skisportlerin zeigte Kämpferinnenqualitäten auch in der Firmenführung, die sie nach dem Übertritt des Gatten innehatte, bis die Tochter Katrin die Leitung völlig eigenständig übernehmen konnte. Zu den Freuden des im Alter kränkelnden Vaters, der sich völlig zurückgezogen hatte,  gehörte die Gewissheit, dass  die Firmentradition erhalten bleibt. Bei der Eröffnung der neuen Hahnenkammbahn im Jahr 1996 zog die Firma als Mieter ein.

Zeitaufwändige öffentliche Aufgaben
Der erfolgreiche Unternehmer wurde auch in viele unbezahlte und unbedankte, aber Zeit aufreibende Aufgaben berufen, die er ohne Eigennutz ausfüllte. In seiner Lebensbilanz vermerkte er das nachdrücklich. Er wurde Ausschussmitglied im Tourismusverband und war zuletzt vier Jahre Vorsitzender des Aufsichtsrats. Er war unter den erfolgreichen Verhandlern für die Schaffung des Golfplatzes Schwarzsee – Reith und dessen  erster Präsident. Bei seinem Ausscheiden nach 40 Jahren Einsatz wurde ihm die Goldene Gams mit Brillant verliehen.

SV Kitzsport Gründer
Hanjörg Schlechter war Gründungsmitglied des Rotary Club Kitzbühel und seit 2006 Träger der Paul Harris Fellow-Auszeichnung. Im Jahr 1980 gründet er den Sportverein SV Kitzbühel, der in verschiedenen Sparten alle Altersgruppen im Breitensport fördert. Die Feier zum vierzigjährigen Bestand wurde für den Ehrenobmann noch eine besondere Freude.
Als Gesellschafter war Schlechter mit dem Kitzbüheler Anzeiger eng verbunden, 1986 wurde er mit Toni Werner zum Geschäftsführer berufen.
Hansjörg Schlechter wird als überzeugter Kitzbüheler, als ein feiner Gesprächspartner und aufgeschlossener und engagierter Unternehmer in Erinnerung bleiben. H.W.

Bild: Hansjörg Schlechter, 1940 – 2021.

 
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