In Kirchberg ertönen die Schellen
Das „Almererläuten“, das am Vorabend des Martinitages zelebriert wird, ist ein wenig bekanntes Brauchtum. In Kirchberg wird diese Tradition seit mehr als 50 Jahren hoch gehalten.
Kirchberg | Seit 1971 zieht eine Gruppe kräftiger Burschen und Männer unter der Federführung von Christian Unterguggenberger alljährlich am Abend des 10. November unüberhörbar mit lautstarkem Schellengeläut durch den Ort. Es ist ein Brauchtum, das auf dem Volksglauben beruht. „Der Legende nach geht es um einen Senner, der ein sorgloses, schlechtes und verfehltes Leben geführt haben soll und mit den almerischen Erzeugnissen schändlich umgegangen sei. Nach seinem Tod musste die Seele allein auf der Alm bleiben und durfte erst am Martinstag, also dem 11. November, wieder ins Tal zurückkehren. In der Nacht davor, in der wir dieser Sage gedenken, kommt der verbannte Senner schaurig wild und mitsamt seinen gespensterhaften Tieren ins Tal zurück“, weiß Christian Unterguggenberger, Obmann des Trachtenvereines Kirchberg, zu berichten.
Die Arbeiten des Sommers sind beendet
„Der Brauch wird so spät im Jahr begangen, weil mit Martini das sommerliche Arbeitsjahr sein Ende findet und die Kühe von der Weide in den Stall gestellt werden“, schildert dazu Rosi Schiessl vom Trachtenverein.
In Kirchberg begehen der Trachtenverein und die Landjugend Kirchberg unterschiedliche Strecken. Die „Trachtler“ ziehen seit mittlerweile 51 Jahren durchs Dorf, während die Landjugend die abgelegenen Bergbauernhöfe mit ihren Glocken umrundet. „Früher wollte man damit vor allem die weiblichen Hofbewohner erschrecken,“ schmunzelt Christian Unterguggenberger.
Almererläuten ist Männersache
Frauen sind übrigens nicht mit von der Partie: Das Almererläuten bleibt den Männern und Burschen vorbehalten.
Gestartet wird die „Roas“ der Almererläuter alljährlich bei Gerhard Schiessl, dem Bruder des Rösslwirts. Dort wird Glühwein oder Punsch aufgetischt. Die Bauern am Berg wie auch Wirtsleute und Privatpersonen im Tal, denen die „Almererläuter“ einen Besuch abstatten, öffnen ihre Hof- und Haustüren und versorgen ihre Gäste mit Speis und Trank. Naturgemäß gibt es darüber die eine oder andere lustige Begebenheit zu berichten: „Als wir beim früheren Lehrerpaar Sojer eingekehrt sind, haben wir alljährlich deren Tochter in Wien angerufen und mit unserem Glockengeläut spezielle Geburtstagsglückwünsche per Telefon übermittelt“, erinnert sich Unterguggenberger schmunzelnd.
Neben dem Gewicht sind die Glocken – die großen Exemplare wiegen stattliche 15 Kilogramm – aber auch geschichtlich bedeutend: „Teilweise sind sie schon 150 Jahre alt, darunter befinden sich eine Speisglocke oder sogenannte Kaiglocken“, schildert Unterguggenberger.
Daneben führen die Kirchberger Almererläuter auch einen sogenannten „Boschn“, also einen kleinen Stock mit Blumengebinde, mit. „Wenn wir aber einen Trauerfall im Verein zu beklagen haben, verwenden wir einen Trauerflor, um dem Verstorbenen ein gebührendes Andenken und Respekt zu zollen“, erklärt Schiessl.
Spenden für einen guten Zweck
Neben den bereits erwähnten „Naturalspenden“ in Form von Jause und Getränken dürfen sich die „takten Oiwaraleita“, wie sie umgangssprachlich genannt werden, immer wieder über großzügige Geldspenden freuen, welche alljährlich einem guten Zweck zugeführt werden. „Diese Spenden kommen zur Gänze Kirchberger Bürgern zugute, die einen Schicksalsschlag erleiden mussten“, erläutert der Vereinsobmann, der festhält: „Wir werden weiterhin versuchen, dieses schöne, alte Brauchtum zu erhalten – das ist unsere Kultur und das macht uns „oafoch“ aus.“ Elisabeth Schill
Bild: Am Vorabend des Martinstages ziehen die Almererläuter mit ihrem „Boschn“ und den schweren Glocken durch Kirchberg. Foto: Schiessl