In Notwohnung gehen Lichter aus
Die Obfrau des Mädchen- und Frauenberatungszentrums, Renate Magerle, zieht die Reißleine. Eine der Notwohnungen wird aufgelöst. Sie ist finanziell nicht mehr zu stemmen.
St. Johann | „Es geht nicht mehr. Die Finanzierung des Mädchen- und Frauenberatungszentrums können wir noch irgendwie stemmen, doch jetzt müssen wir eine der Notwohnungen auflösen, um nicht komplett ins finanzielle Abseits zu geraten“ – Renate Magerle, die seit Jahren dem MuFBZ Bezirk Kitzbühel als Obfrau vorsteht, ist zunehmend verzweifelt. Seit dem ersten Tag ist der Erhalt der Einrichtung, deren Zahlen mehr als beeindruckend sind, ein Kampf ums Geld.
Neben der Beratungsstelle, in der es bis zum Ende des Jahres 3.500 Kontakte mit betroffenen Frauen und Mädchen gegeben haben wird, betreibt der Verein auch einige Notwohnungen.
2.299 Nächtigungen in den Notwohnungen
Im letzten Jahr zählten die Notunterkünfte des Mädchen- und Frauenberatungszentrums Bezirk Kitzbühel 2.299 Nächtigungen von Frauen und 775 Nächtigungen von Kindern. Zukünftig gibt es zwei Plätze weniger, damit bleiben sechs Plätze übrig, die jetzt schon ständig belegt sind. Rund 700 Euro monatlich erhofft sich Renate Magerle mit der Aufgabe der Wohnung für den Verein ersparen zu können.
Finanziell zwickt es an allen Ecken und Enden, wie die Obfrau bereits vor einigen Wochen im Rahmen eines Treffens mit Experten, darunter die Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Tirol und jetzige Sozial-Landesrätin Eva Pawlata, berichtete. Das Zentrum hat einen Finanzierungsbedarf von rund 100.000 Euro im Jahr. Vom Bund kommen gerade einmal 5.950 Euro und das Land steuert 17.000 Euro bei. Geladen waren damals auch alle Bürgermeister des Bezirks, gekommen sind nicht einmal eine Handvoll.
Denn gerade die Gemeinden sind es, die die Lage des Zentrums erleichtern könnten. „Es geht hier ja nicht um Millionenbeträge. Würde jede Gemeinde einen Euro pro Einwohner im Jahr für die Frauenhilfe ausgeben, wären wir ausfinanziert“, betont Magerle, die jetzt die Fördersummen der Gemeinden veröffentlichte. Heuer sind es gerade einmal 18.700 Euro, die von Seiten der Kommunen geflossen sind, wobei St. Johann mit einem jährlichen Zuschuss von 10.000 Euro deutlich hervorsticht.
Einige kleine Gemeinden waren erst gar nicht bereit, den Verein zu unterstützen, auch St. Ulrich und Westendorf, wo zur Zeit der Antragstellung Frauen am Bürgermeistersessel saßen, hielten sich zurück. Von manch einer Gemeinde kommen jährlich oft gerade einmal 50 Euro. Nachdem Magerle die Gemeindeförderungen veröffentlichte, fühlte sich so mancher Bürgermeister brüskiert und zeigte kein Verständnis für die Lage Magerles.
Land und Bund schieben Verantwortung von sich
Die kämpferische Obfrau hat überdies die Erfahrung gemacht, dass auch Bund und Land es nicht als ihre Aufgabe ansehen, die Notwohnungen des Mädchen- und Frauenberatungszentrums Bezirk Kitzbühel finanziell zu unterstützen. „Ihre Förderung bezieht sich lediglich auf das Beratungsangebot. Die eine Stelle verweist auf die andere. Obwohl mir ein Schreiben der Volksanwaltschaft vorliegt, welches klar besagt, dass die Finanzierung von Notwohnungen grundsätzlich in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt“, klärt Renate Magerle auf. Doch ihre Interventionen fallen meist auf taube Ohren.
Tirolweit sieht es in Sachen Notwohnungen übrigens auch nicht besser aus. Die fünf Einrichtungen unter der Koordination des Frauenhauses in Innsbruck sprechen sich regelmäßig ab. Wie die wöchentliche Korrespondenz zeigt, gibt es nicht nur im Bezirk Kitzbühel viel zu wenig Plätze. Die Entscheidung, jetzt eine Notwohnung aufzugeben, ist Magerle alles andere als leicht gefallen, doch eine andere Möglichkeit gab es nicht. Sie hofft, in der neuen Sozial-Landesrätin Eva Pawlata eine Unterstützerin zu bekommen. mak, Foto: Pixabay