Kitzbüheler Anzeiger
13.09.2021
News  
 

Kampf ums Geld ist zermürbend

Die Beratungszahlen steigen zwar stetig an, die notwendigen Einnahmen aber leider nicht – SPÖ-Nationalrätin Selma Yildirim sagte jetzt der Obfrau des Mädchen- und Frauen-beratungszentrums, Renate Magerle, ihre Unterstützung zu.

St. Johann | Vergangene Woche konnte die Obfrau des Mädchen- und Frauenberatungs-zentrums Bezirk Kitzbühel in St. Johann besonderen Besuch empfangen. SPÖ-Nationalrätin Selma Yildirim sowie SPÖ-LAbg. Claudia Hagsteiner und Bezirksfrauenvorsitzende Anna Grafoner wagten einen Blick hinter die Kulissen und informierten sich über die Arbeit der Verantwortlichen, die auch aufgrund der Corona-Pandemie deutlich mehr geworden ist.
Seit der Vereinsgründung im Jahr 2010 haben sich die Kontakte in den vergangenen Jahren  von 300 auf rund 1.800 beinahe versechsfacht, informierte Magerle. Allein im Vorjahr wurden die Beraterinnen 1.786 Mal im Jahr tätig – also im Schnitt fast fünf Mal täglich. Die vom Beratungszentrum betreuten Übergangswohnungen bzw. Wohngemeinschaften stehen insgesamt acht Frauen mit Kindern zur Verfügung. Im Jahr 2020 sind diese Notwohnungen von zwölf Frauen (mit insgesamt neun Kindern) in 2.490 Nächtigungen in Anspruch genommen worden. Nicht selten, so erzählt Renate Magerle, käme es auch an den Wochenenden zu Einsätzen der Beraterinnen – auch die öffentlichen Stellen bitten immer wieder um Unterstützung.

„Am Beispiel des Mädchen- und Frauenberatungszentrums Bezirk Kitzbühel zeigt sich, unter welchen Bedingungen gearbeitet werden muss, um Opferschutz und Gewaltprävention auf sichere Beine zu stellen“, erklärte NRin Yildirim. Nirgendwo in Europa sei die Zahl der von Männern ermordeten Frauen so groß wie in Österreich. „Opferschutz und Präventionsarbeit sollten also höchste Priorität haben. Zu wenig Schutzplätze für Frauen und Kinder, zu wenig Geld und ewiges Zittern um die Finanzierung für Frauen- und auch Männerberatung ist die Realität“, betont die Nationalrätin. Viele Beratungseinrichtungen bekommen sehr wenig Geld von der öffentlichen Hand, zudem müssen sie von Jahr zu Jahr um die Finanzierung zittern.

Davon kann Renate Magerle ein langes Lied singen. Denn die Geldnot ist groß. Trotz privater Spender, u.a. der Soroptimist Club, der das Projekt ursprünglich initiierte, fehlt das Geld hinten und vorne. Die budgetierten Gesamtkosten liegen bei rund 105.000 Euro. „Für das Jahr 2021 haben wir vom Bund genau 5.770 Euro an Förderung bekommen“, klärt die Obfrau auf. Vom Land Tirol kommen 15.000 Euro, von den Gemeinden im Bezirk Kitzbühel gibt es ebenfalls Geld, aber sozusagen auf freiwilliger Basis. Westendorf – trotz weiblicher Bürgermeisterin – , Itter, Schwendt und Brixen halten ihre Kassen fest verschlossen.
Und genau hier liegt buchstäblich der Hund begraben: Für mehr Förderungen erfüllt das Beratungszentrum die Kriterien nicht – weil eben zu wenig Geld da ist. Würden Land und Gemeinden mehr zahlen, käme auch mehr Geld vom Bund. Würden Land und Gemeinden das Zentrum mit 50.000 Euro fördern, wären alle Voraussetzungen für eine Frauenservicestelle erfüllt.

„Ein bisschen Geld zu verteilen reicht nicht“,
„Im Anlassfall zu einem runden Tisch zu laden und dann ein bisschen Geld zu verteilen, das ist maximal Symptombekämpfung, ändert aber nichts an den strukturellen gesellschaftlichen Problemen was Gewalt an Frauen betrifft. Die Regierung hat mehr Mittel für den Gewaltschutz zugesichert. Angekommen sind diese bei den Beratungseinrichtungen bislang nicht“, stellt die SPÖ-Landesfrauenvorsitzende fest und sagt Renate Magerle ihre Unterstützung zu. Ein erster Vorstoß wäre ein gemeinsamer Termin mit der Frauenministerin. Den versucht Selma Yildirim zu bekommen.

Schon vor eineinhalb Jahren hat SPÖ-Bezirksvorsitzende LAbg. Claudia Hagsteiner im Landtag einen Antrag eingebracht, damit das Frauenzentrum eine Frauenservicestelle wird: „Gewaltschutz muss auch finanziell etwas wert sein. Was seitens des Landes getan werden kann, ist auch zu tun“, pocht sie auf Umsetzung. SPÖ-Bezirksfrauenvorsitzende Anna Grafoner verweist auf den durch die Corona-Krise gestiegenen Beratungsbedarf. „Für viele Frauen hat sich die Situation damit noch verschärft. Gewalt in der Familie ist ein Problem, das uns alle angeht. Neben Opferschutz und Prävention braucht es auch gesellschaftlichen Wandel und der muss schon bei den Kindern ansetzen.“ Margret Klausner

Bild: Die Obfrau des Mädchen- und Frauenberatungszentrums, Renate Magerle, SPÖ-NR Selma Yildirim, SPÖ-LAbg. Claudia Hagsteiner sowie SPÖ-Bezirksfrauenvorsitzende Anna Grafoner (v.l.) hoffen auf Verbesserung. Foto: Klausner

 
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