Kennenlernen „auf den zweiten Blick“
Das Projekt „Auf den zweiten Blick“ schaut hinter die Kulissen von Menschen mit Behinderung und zeigt ihren wahren Charakter.
Kitzbühel | Der erste Eindruck von einem Menschen dauert nur 0,3 Sekunden und ist meist der wichtigste, denn er bleibt in Erinnerung. „Der körperbehinderte Mensch muss sich diesen meist ein zweites Mal erarbeiten, um die ersten Reaktionen geprägt von Hilflosigkeit, Mitleid und doch Neugier – in ein unbelastetes Licht zu rücken“, erklärt Christina „Chrissi“ Obwexer, die Initiatorin des Projekts „Auf den zweiten Blick“.
Gemeinsam mit Fotograf Thomas „Jack“ Griesbeck hat sie fast zwei Jahre lang Menschen mit Behinderungen vor den Vorhang geholt und in ein ganz spezielles Licht gerückt. „Die Idee war es offensichtlich, nicht typisch fotogene Körper so darzustellen, dass die Geschichten, die Emotionen und die wirkliche Menschlichkeit dahinter so gezeigt wird, dass man ins Staunen gerät“, so Griesbeck.
Neben zahlreichen anderen erfolgreichen Menschen mit Behinderungen - unter ihnen auch Ex-Skispringer Lukas Müller oder einer der größten deutschen Behindertensportler, Christoph Bischlager – war auch die St. Johannerin Eva Jöchl als eine der Protagonistinnen mit dabei. Im Rahmen der Premiere der Veranstaltungsreihe im Kitzbüheler K3 erzählte sie vom aufregenden Shooting und gab Einblicke in ihr Leben. Die 27-Jährige kam mit nur einem Arm zur Welt, beeindruckt aber mit einer großen Portion Selbstbewusstsein, Kreativität und geht mit einer bewundernswerten Leichtigkeit durchs Leben.
Ein Arm weniger – für Eva kein großes Problem
Probleme aufgrund ihrer Behinderung kennt sie so gut wie nicht. „Ich kann mich nicht erinnern, dass es in meiner Kindheit eine Situation gab, die mich gekränkt hätte. Natürlich hat ab und zu ein Kind etwas Blödes gesagt, doch das hat mich nie getroffen. Jedes Kind wird ab und zu gehänselt, das war bei mir nicht anders wie bei allen anderen Kindern und hat mich nie berührt“, erinnert sie sich und ergänzt: „Ich hab eigentlich immer alles gemacht, was ich wollte. Klar, es kann nicht jeder alles, aber das macht man dann einfach nicht. So war es auch bei mir. Es ist mir nie bewusst aufgefallen, dass ich gewisse Dinge nicht machen konnte.“
Heute ist Eva Jöchl nicht nur eine erfolgreiche Grafikdesignerin und arbeitet im Marketing der Sparkasse Kitzbühel, sondern auch mehrfach ausgezeichnete Sportlerin.
Wenn es Spaß macht, kommt auch der Erfolg
Das Training für die bevorstehende Weltcup-Saison hat für die Skifahrerin bereits begonnen. Nach ihrer Teilnahme bei den Paralympics in Peking wurde der ÖSV-Athletin bereits das Ehrenzeichen in Bronze des Kitzbüheler Ski Clubs verliehen. Die Ziele gehen Eva Jöchl deshalb aber noch lange nicht aus – sportlich wie beruflich: „Man sollte machen, was einem Freude bereitet, der Rest kommt von ganz alleine. Wenn es Spaß macht, hat man auch Erfolg“, bringt sie ihr Lebensmotto auf den Punkt.
Kein Wunder, dass das Shooting für „Auf den zweiten Blick“ ebenso ein Erfolg wurde. Dabei ging es für die St. Johannerin übrigens in die Dolomiten, wo sie Fotograf Thomas Griesbeck ganz besonders in Szene setzte, um mit dem Bild nicht nur ihre Stärke, sondern auch ihre natürliche Schönheit zu unterstreichen. sh
Bild: Projektleiter Thomas Griesbeck, die St. Johannerin Eva Jöchl, Initiatorin Christina Obwexer und Moderatorin Karina Toth beeindruckten das Publikum bei der Premiere im K3 mit bewegenden Geschichten. Foto: Auf den zweiten Blick