Kitzbüheler Anzeiger

Fieberbrunn

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück Gemeindeübersicht
4 Aus der Gemeinde In den letzten Monaten hat die Berichterstattung über den Erwerb und die Nutzung von Immobilien durch Aus- länder in Tirol stark zugenommen, auch unser Gemeinde- gebiet war von diesen Berichten betroffen. Leider sind viele dieser Berichte mit Halbwahrheiten gespickt, weshalb ich euch informieren möchte, welche Aufgaben ich als Bürgermeister wahrzunehmen habe und auch ver- suchen, die dahinterstehenden gesetzlichen Bestimmun- gen zu erklären. Als Bürgermeister bin ich in baurechtlichen Verfahren die zuständige Baubehörde und dabei insbesondere verant- wortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmun- gen der Tiroler Bauordnung und des Tiroler Raumord- nungsgesetzes. Was jedoch häufig missverstanden wird, ist meine Rolle beim Rechtserwerb von Grundstücken. Entgegen manchen Presseberichten liegt diese Zustän- digkeit nicht bei mir, sondern bei der Bezirkshauptmann- schaft als Grundverkehrsbehörde. Diese Behörde ist für die Entgegennahme von Meldungen im Grundverkehr und für deren Bewilligung zuständig, wobei die Erwer- ber von Grundstücken dabei zu erklären haben, dass durch den Rechtserwerb kein neuer Freizeitwohnsitz geschaffen wird. Eine Verweigerung des Rechtserwerbs ist nach den gesetzlichen Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes und nach Abgabe einer solchen Erklärung kaum möglich. Meine Aufgaben als Bürgermeister umfassen die Geneh- migung oder Ablehnung baubewilligungspflichtiger Projekte wie Neubauten, Zubauten oder Umbauten, ba- sierend auf den gesetzlichen Bestimmungen. Im Bauver- fahren muss der Bauwerber auch angeben, wie der Bau nach seiner Fertigstellung genutzt werden soll. Wenn sich dabei der Verdacht ergibt, dass ein Freizeitwohnsitz geschaffen wird, muss der Bauwerber (das muss nicht der künftige Nutzer sein) gemäß § 29 Abs. 4 TBO de- taillierte Angaben zur vorgesehenen Nutzung und zur Art der Finanzierung machen. Sollte sich herausstellen, dass eine Nutzung als Freizeitwohnsitz beabsichtigt ist, darf die Baubewilligung verweigert werden. Es wäre diskri- minierend, den Rechtserwerb durch nicht österreichische Staatsbürger pauschal unter Generalverdacht zu stellen. Innerhalb der EU besteht das Recht auf freien Kapital- verkehr, das auch den Erwerb von Eigentum in anderen Ländern umfasst. Auch Österreicher dürfen in Italien, Spanien, Kroatien, Deutschland etc unter Einhaltung der jeweiligen Landesgesetze Immobilien erwerben, das wird oft vergessen. Dieses Recht steht also jedem EU-Bürg- er innerhalb der EU zu, es kann und darf von mir als Bürgermeister nicht eingeschränkt werden. Wenn eine Baugenehmigung besteht und erst anschließend Immo- Welche Kompetenzen hat der Bürgermeister im Grundverkehr? bilien oder Wohnungen verkauft werden, gibt es keine weitere Zuständigkeit des Bürgermeisters. Erst wenn ein Neu-, Zu- oder Umbau abgeschlossen ist und es anschließend zu einem konkreten Verdacht auf eine unrechtmäßige Nutzung als Freizeitwohnsitz kommt, dann bin ich als Bürgermeister wieder zuständig und ver- pflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Ohne einen solchen begründeten Anfangsverdacht ist es mir rechtlich nicht gestattet, Maßnahmen zu ergreifen oder zu prüfen, wie eine Immobilie genutzt wird. Die Annahme, dass ich automatisch nach Fertigstellung eines Gebäudes paus- chale Ermittlungen einleiten muss, ist rechtlich unbegrün- det und falsch. Besteht der Verdacht auf unrechtmäßige Nutzung ein- er Immobilie, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Eigentümer wird dabei zur Abgabe einer Wohn- sitzerklärung aufgefordert, in der Angaben zu sonstigen Wohnsitzen, Arbeitsplatz, Kindern und deren Ausbil- dungsplatz sowie zur Aufenthaltsdauer in der betreffend- en Immobilie gemacht und Beweise vorgelegt werden müssen. Bei weiterem Verdacht nach Abgabe dieser Erklärung werden zusätzliche Schritte eingeleitet, wie die Kontrolle der tatsächlichen Nutzung durch eine befugte Securityfirma oder die Einholung der Verbrauchswerte von Wasser, Müll, Strom durch die Versorgungsunterneh- men, und dergleichen mehr. Ergibt das Ermittlungsver- fahren, dass ein Objekt unrechtmäßig als Freizeitwohnsitz genutzt wird, wird eine Benützungsuntersagung gemäß § 46 Tiroler Bauordnung (TBO) ausgesprochen, was zur Folge hat, dass das Objekt nicht weiter als Freizeitwohn- sitz genutzt werden darf. Zusätzlich wird die Freizeitwohn- sitzabgabe nach dem Tiroler Freizeitwohnsitz- und Leer- standsabgabegesetz rückwirkend erhoben und Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft erstattet, die dann als Verwaltungsstrafbehörde tätig wird. Hierbei sei nochmals betont, dass die Entrichtung der Freizeitwohnsitzabgabe einen unrechtmäßigen Freizeitwohnsitz nicht legalisiert. Zusammenfassend möchte ich betonen, dass unsere Ge- meinde aktiv gegen illegale Freizeitwohnsitze vorgeht, dies mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden ist und der Großteil der möglichen Handlungen erst nach tatsächlichem Bezug und nach Vorliegen eines konkreten Verdachts beginnen kann. Ein allgemeiner Generalver- dacht oder ein Verdacht im Vorhinein ist weder rechtlich haltbar noch gesellschaftlich vertretbar. Populistische Schlagzeilen in den Medien mögen zwar deren Auflage erhöhen, zu einem seriösen Verständnis der Möglichkeit- en von Gemeinden und deren Amtsträgern tragen sie je- doch nicht bei, meint Dr. Walter Astner, Bürgermeister
< Page 3 | Page 5 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen