Kunst-Memes: Erste-Hilfe-Humor
Das Kunst-Kind der Zeit heisst „Kunst-Memes“. Es ist keine neue Kunstrichtung. Sie sind ein Ausdruck der digitalen Kultur, die sich vorab meist analogen Mitteln bedienen. Und sie können humorvoll, kritisch, satirisch und bissig sein. Covid 19 treibt die Kreativität der Menschen an – vielleicht ein lebensnotwendiger Umgang mit der Pandemie. Ein kleines Potpourri der humorvollsten Kreationen.
Bezirk | Die Kunst und Kultur spielen sich derzeit zu Hause ab. Vielleicht wagt sich der eine oder andere an Farbe, Leinwand, Bleistift und Papier, sofern das Material dafür zu beschaffen ist. Vielfach passiert Kunst derzeit aber auf den verschiedensten Online-Plattformen. Schauspieler, Literaten, Musiker melden sich zu Wort, spielen sich in die Wohnungen der Menschen. In der bildenden Kunst zeigen Webgalerien und manchmal auch einzelne Künstler ihre jüngsten Kreationen aus den Ateliers und rufen sich damit in Erinnerung.
Woher stammt der Begriff „Memes“?
Ein weiteres Phänomen, dass ebenso derzeit das Internet erobert, sind Kunst-Memes. Das Wort selbst ist im Grunde eine sehr junge Wortschöpfung. Der englische Begriff „meme“ wurde 1976 im populärwissenschaftlichen Buch „Das egoistische Gen“ von Richard Dawkins geprägt und bezeichnet die Verbreitung kultureller Informationen. Nun sind wir aber in der digitalen Revolution angekommen, das Wort wird neuerdings auch für die Beschreibung einer bestimmten Art von Internetphänomenen verwendet.
Kunst-Memes entstehen vor allem dann, wenn sich wie jetzt durch diese Covid 19-Pandemie gesellschaftliche, politische, soziale, religiöse, kulturelle und wirtschaftliche Ereignisse überschlagen und gleichzeitig geschehen. Sie transportieren meist humoristische, aufheiternde, manchmal auch satirische, gesellschaftskritische Inhalte, die entweder der Autorenschaft einzelner Künstler entstammen oder aus Fotografien, Zeichnungen, Filmen oder Animationen aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen und zu neuen Botschaften verschmolzen werden. Manchmal begleiten diese Bildwerke Text, Video oder Audio. Erst durch ihre virale Verbreitung mutieren sie im World-Wide-Web von einem Kulturphänomen zu einem Internetphänomen. Auf der Suche nach einigen Kunst-Memes, die ausschließlich als Kinder dieser Zeit zu bezeichnen sind, fanden sich einige Beispiele mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors.
In zahlreichen Kunst-Memes wird der Aufruf zum „Social Distancing“ thematisiert und in den weltberühmten Bildern der Kunstgeschichte zum Ausdruck gebracht. So bleiben in einer Version von Leonardo da Vincis „Letzten Abendmahls“ aufgrund der Ausgangssperren die Stühle an der Tafel von Jesus und seinen Jüngern leer. Auch die berühmteste Frau der Welt – die „Mona Lisa“ im Pariser Louvre genießt das menschenleere Museum und den Moment ihrer Privatsphäre: Sie lehnt sich entspannt zurück und legt die Beine hoch.
Auch der Empfehlungen zur übertriebenen Hygiene und zum Vermeiden von Körperkontakt und das Unterlassen des Händeschüttelns findet Ausdruck in einer Kunst-Meme. So wird der magische Moment in der Sixtinischen Kapelle, wo Gottvater seinem Adam durch die sanfte Berührung ihrer Finger das Leben einhaucht, mit Gummihandschuhen abstoßend ins Groteske überführt. Und auch die wundervolle Arbeit der „Betenden Hände“ von Albrecht Dürer kommt ohne Desinfektionsseife nicht mehr aus.
Mona Lisa mit Toilettenpapier
Die größte Sorge, die Menschen sichtlich in Verbindung mit Kontrollverlust zu haben scheinen, ist mit einem ausreichenden Vorrat an Toilettenpapier für die nächsten Wochen gerüstet zu sein. Die Mona Lisa, das wertvollste Gemälde der Welt beschützt das wertvolle Gut mit beiden Armen.
So tragisch die Ereignisse und so unumstritten sie derzeit auch sind, manchmal hilft ein bisschen Humor, ein kleines Augenzwinkern und eine Portion Zuversicht, die aktuellen Entwicklungen erträglicher zu machen. Der Galgenhumor ist in der derzeitigen Situation vielleicht auch gerade jetzt ein „Erste-Hilfe-Humor“. Mag. Martina Dorner-Bauer
Die Klassiker der Kunstgeschichte mutieren zu Kunst-Memes. Eine entspannte Mona Lisa mit Toilettenpapier. Gottvater und Adam mit Gummihandschuhen. Fotos: via@artmemecentral/Instragram