Mehr Respekt vor Wild und Wald
Der Frühling ist für Mensch und Tier eine besondere Jahreszeit. Im Hinblick auf die bevorstehende Setzzeit der heimischen Wildtiere ist in den Wäldern Rücksichtnahme gefragt.
Kirchberg | „Momentan tut sich viel in der Natur. So kann man jetzt an speziellen Plätzen den Birkhahn und Auerhahn balzen hören“, berichtet Hannes Brunner, der seit 40 Jahren Gemeindejäger in Kirchberg ist.
So faszinierend eine Begegnung mit einem Wildtier für den Menschen auch sein mag, umso verstörender ist sie für das Wild. „Bedingt durch die vielseitige Erschließung unserer Wälder und Berge hat sich der Bewegungsradius, in dem die Tiere ungestört sind, extrem verringert“, weiß der erfahrene Jäger zu berichten.
Durch Jägerschaft und Alpenverein wurden bereits zahlreiche Maßnahmen zur Lenkung der Freizeitsportler gesetzt. Die steigende Zahl an Erholungssuchenden und die zunehmenden technischen Möglichkeiten, zum Beispiel E-Bikes, haben das Wild weiter zurückgedrängt.
Es entstehen Verbiss- und Schälschäden
Ein Teufelskreis, wie Brunner erklärt: „Die Lebensraumdezimierung führt zu Verbiss- und Schälschäden, was bei den Grundbesitzern wiederum hohe Kosten verursacht. Geschälte Bäume werden wertlos und die Nachforstung teuer.“ Brunner appelliert an die Freizeit-
sportler, sich an gewisse „Spielregeln“ zu halten, um diesen Kreis zu durchbrechen: „Der Alpenverein hat Wegweiser und Hinweistafeln für Skitourengeher installiert. Die Tourismusverbände schildern Rad- und Wanderwege aus. Auf diesen Pfaden sollen sich Einheimische und Gäste bewegen, um nicht in die Einstandsgebiete des Wildes oder Jungwaldregionen zu gelangen. Das hilft dem Wald und seinen Bewohnern, aber auch den Freizeitsportlern selbst, da sie nicht Gefahr laufen, fahrlässig zu handeln.“
Wer Wild trotzdem sichtet, soll nicht stehen bleiben und womöglich das Handy zücken, sondern bedacht und umsichtig weitergehen. Dasselbe gelte auch für Autofahrer.
„Hochsensibles Schalenwild, wie unser Gamswild, ist im Winter besonders zu schützen. Die Gamsgeiß ist zu dieser Zeit hochträchtig, ihre Körperfunktionen sind auf Sparflamme zurückgefahren. Ein einzelner Wintersportler, der die Ruhe stört, weil er sich nicht an die Lenkungsmaßnahmen hält, kann hier große Schäden anrichten“, gibt Brunner zu bedenken. Auch wenn der Wald sprichwörtlich „jedem gehört“, ist Brunner davon überzeugt, „dass er dem Wild mehr gehört, als jenen Leuten, die sich nicht an die Regeln halten.“
Appell: „Hunde angeleint lassen“
Sein Appell richtet sich überdies an alle Hundehalter, ihre Vierbeiner speziell im Frühjahr nicht von der Leine zu lassen: Wenn ein Hund durch eine sogenannte „Egascht-Wiese“ läuft, in der ein Rehkitz abgelegt wurde, könne dies den Tod für das frisch gesetzte Wildtier bedeuten, erklärt Brunner. In der Morgen- und Abenddämmerung soll man sich aus dem Wald fernhalten. Das sind mittlerweile die einzigen sicheren Tageszeiten, in denen sich das Wild weitgehend ungestört auf Nahrungssuche begeben kann. „Diese kurze Möglichkeit sollte den Tieren nicht verwehrt werden“, so die Bitte des Jägers.
Die Gemeindejäger sind bei der Aufforstung schälgeschädigter Waldabschnitte behilflich und haben ein gutes Übereinkommen mit den Grundbesitzern, so der Kirchberger Jäger. Unzählige Bäume werden im Frühling „verstrichen“ und markiert, um die Schäden am Baumbestand zu minimieren.
Ein gesunder Baumbestand ist nicht nur für die Lawinensicherung wichtig, sondern auch für den Bestand heimischer Vogelarten. Die Tiefwurzler eines Mischwaldes , darunter Tanne, Eberesche oder Lärche, sind weit resistenter und attraktiver für die heimische Tierwelt als Fichten-Monokulturen. Der erfahrene Waidmann freut sich, dass sich vieles positiv verändert hat. Trotzdem setzt er sich unermüdlich für ein gedeihliches Miteinander von Wild, Wald und Mensch ein, um die hohe Lebensqualität in der Region für nachkommende Generationen zu erhalten. E. Schill
Bild: Die Jagd hat Tradition und ist als Kulturgut in Tirol nicht wegzudenken. Öffentliche Auftritte bei Jubiläumsfesten zeigen die örtliche Verbundenheit, das Engagement und den Einsatz der Jäger für Wild und Wald. Foto: Privat