Mordanklage im Fall "Leon"
Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen wegen des Todes des 6-jährigen Buben, der am 28.8.2022 in St. Johann in Tirol in der Kitzbüheler Ache ertrunken ist, abgeschlossen und gegen den 39-jährigen Vater Anklage wegen des Verbrechens des Mordes und des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung erhoben.
Innsbruck, St. Johann | Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann – für den die Unschuldsvermutung gilt – vor, dass er seinen 6-jährigen Sohn, der seit seiner Geburt an dem sogenannten „Syngap-Syndrom“ litt, vorsätzlich getötet hat, indem er ihn in die zum damaligen Zeitpunkt Hochwasser führende Kitzbüheler Ache warf oder stieß, weshalb das Kind ertrank und etwa 1.500 m flussabwärts an einer Sandbank nur mehr tot geborgen werden konnte.
Die Staatsanwaltschaft geht weiters davon aus, dass der Angeklagte danach einen Raubüberfall vorgetäuscht hat, indem er sich mit einer an den Tatort mitgebrachten Flasche „Hochriegl Frizzante PINK Hugo“ selbst auf den Hinterkopf schlug, sich dadurch oberflächliche Verletzungen selbst zufügte, die Flasche am Asphaltboden zerschlug und dann am Boden liegend verharrte, bis ihn ein zufällig vorbeikommender Spaziergänger entdeckt und die Rettungskette in Gang gesetzt hat.
Der Angeklagte stellt diesen Vorwurf in Abrede. Er sei mit seinem Sohn spazieren gegangen, habe dabei mit einer Hand den Kinderwagen mit seinem Sohn geschoben und in der anderen einen Schirm gehalten, als er plötzlichen einen „Blitzschlag im Kopf“ verspürt habe. Er könne sich dann erst wieder erinnern, dass Leute neben ihm gestanden seien und ihn angesprochen hätten.
Die Anklage gründet im Wesentlichen darauf, dass die Staatsanwaltschaft nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens davon ausgeht, dass der Angeklagte versucht hat, einen Raubüberfall vorzutäuschen, was wiederum nur damit erklärt werden kann, dass der Angeklagte seine eigene Tat verschleiern wollte und selbst für den Tod des Kindes verantwortlich ist.
Im Zuge der Ermittlungen wurden über 60 Personen befragt. Es wurden mehrere Sachverständigengutachten aus den Bereichen der Gerichtsmedizin, der Neurologie und Psychiatrie und Datenforensik eingeholt. Zirka 100 DNA-Spuren wurden analysiert und mit zirka 50 verschiedenen Personen abgeglichen. Die Aufnahmen mehrerer Überwachungskameras wurden gesichtet und ausgewertet. Mehrere Datenträger, wie Mobiltelefon und Laptop, wurden, teilweise auch durch IT-Sachverständige, untersucht. Telefondaten wurden ausgewertet und es wurde überprüft, welche Mobiltelefone zur Tatzeit in der Gegend des Tatortes eingeloggt waren.
Nachdem anfangs gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Raubes ermittelt wurde, wurde der Angeklagte Ende Februar 2023 über Anordnung der Staatsanwaltschaft festgenommen, Seither befindet er sich in Untersuchungshaft.
Um eine unbefangene und unbeeinflusste Entscheidung der Geschworenen zu gewährleisten, wird die Staatsanwaltschaft zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine weiteren Informationen erteilen. Das bleibt der öffentlichen Verhandlung vor den Geschworenen vorbehalten.
Der Angeklagte kann binnen 14 Tagen Einspruch gegen die Anklage erheben. Ein Termin für die Verhandlung vor dem Geschworenengericht wurde daher noch nicht anberaumt. Staatsanwaltschaft Innsbruck, KA