Mulley – Porträtist des Gebirges
Monumentale Gebirgsformationen und imposante Almen – meist menschenleer, doch mit Spuren des bäuerlichen Lebens in Form von Bergbauernhöfen, Scheunen, Marterln und kleinen Kapellen. Oskar Mulley verstand Lichtstimmungen einzufangen, wie kein anderer und hatte damit bereits zu Lebzeiten Erfolg.
Tirol | Oskar Mulley (*1891) hatte sehr früh seine künstlerische Begabung entdeckt. Er besuchte vorerst 1909 die Städtische Gewerbeschule in München und wechselte schließlich an die Akademie der bildenden Künste Wien, wo er von 1910 bis 1913 bei Alois Delug und Rudolf Jettmar die Meisterklasse für Malerei besuchte. Nach seinem Studium arbeitete Mulley als Theatermaler. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges kam der Künstler nach Tirol. Er ließ sich in Kufstein nieder und schuf hier einen Großteil seiner bedeutendsten und bekanntesten Werke.
Kraftvoll, spontan wirkender Farbauftrag
Oskar Mulley wählt vorwiegend den Blick in die Landschaft zum zentralen Element seiner beeindruckenden Bilder. Einfühlsam komponiert er Gebirgsformationen, Bergbauerngehöfte und Almen zu einer meisterhaften Bilderwelt. Dabei porträtiert er ausschließlich Landschaften und Formen menschlichen Lebens und kaum die dort lebenden und arbeitenden Bergbauern selbst. In der Farbwahl setzt Mulley auf gebrochene braune, graue und grüne Töne, die er mit bewusst gesetzten roten und blauen Farbpunkten spannungsreich in einen Kontrast setzt. Der für Mulley unverkennbare, kraftvolle und spontan wirkende Farbauftrag ist auf die Verwendung von Spachteln und Malmessern zurückzuführen, die die Tektonik des Gebirges nochmals unterstreicht und dem Betrachter ein Gefühl der Entbehrungen und Kargheit des Lebens auf den Bergen vermittelt. Sie wird zu Mulleys künstlerisch typischer Handschrift, die dem Maler bereits zu Lebzeiten großen Erfolg einbrachte und seine Bilder bis über die österreichischen Landesgrenzen hinaus bekannt und begehrt machte.
Fälscher am Werk
Mulleys Bilder waren so gefragt, dass dies auch einige Fälscher anzog, die sowohl Malweise als auch Motive kopierten, die Bilder günstiger verkauften und so am Erfolg des Künstlers mitnaschten. In den 1930er Jahren ging der Tiroler Bergmaler in einem Urheberprozess, den er schließlich auch gewann, gegen diese Betrüger gerichtlich vor.
Auch heute noch tauchen immer wieder Bilder mit der vermeintlichen Urheberschaft Oskar Mulleys am Kunstmarkt auf, die von Experten mittels verschiedenster Methoden und Analysen und einem geschultem Auge als Fälschung entlarvt werden.
1934 verließ Mulley Tirol und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Garmisch-Partenkirchen, wo er auch am 15.1.1949 verstarb. In seiner letzten Schaffensphase durchlebte er eine stilistische Weiterentwicklung seiner Malweise. Seine Bilder wurden weicher und im Farbauftrag fließender. Dem Genre der Landschaftsmalerei blieb er allerdings treu.
Die Werke des Meisters sind begehrte Sammlerstücke und in zahlreichen öffentlichen Kunstsammlungen vertreten. Sie können in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München, im Messner Mountain Museum in Südtirol, im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck und im Heimatmuseum in Kufstein bewundert werden.
Der Todestag von Oskar Mulley jährt sich 2019 zum 70sten Mal. Vielleicht wird sich bald ein Ausstellungshaus dem Schaffen des Künstler widmen.
KunstBlicke: Mag. Martina Dorner-Bauer ist Kunsthistorikerin, Ausstellungskuratorin, Autorin, Betreuerin div. Kunstsammlungen und Gründerin der Agentur DieKunstagenten.
Bild: Bergbauernhof, um 1930 (Öl auf Leinwand). Bildrechte: Auktionshaus im Kinsky GmbH, Wien