Neustart „light“ für die Blasmusik
Seit Oktober ruhen in den österreichischen Musikkapellen die Instrumente. Unter enorm strengen Auflagen sind jetzt wieder Proben erlaubt. Der Jubel der Musikanten hält sich indes in Grenzen.
Kitzbühel | Die für 19. Mai angekündigten Öffnungsschritte im Kulturbereich umfassten zunächst nur Theater, Konzertsäle oder Kinos, der Amateurbereich blieb davon hingegen ausgeklammert. Das sorgte für Betrofffenheit und Unmut in den Blasmusikkapellen. Erst vor wenigen Tagen wurde eine „Öffnung für die ehrenamtliche Musikausübung ab 19. Mai 2021“ publik. Dem vorausgegangen waren Verhandlungen, die der österreichische Blasmusikverband auf Bundesebene geführt hatte.
Aus Sicht der Musikanten fiel das Ergebnis wenig zufriedenstellend aus. Es darf zwar wieder geprobt werden, doch die Auflagen sind streng und rufen bei näherer Betrachtung lediglich ein Kopfschütteln in den Vereinen hervor. Die Verordnung sei „unrealistisch“, ist aus Musikantenkreisen zu hören.
20 Quadratmeter pro Person und 2 m Abstand
Geprobt werden darf im Außenbereich und in Innenräumen. „Pro Person müssen Indoor 20 Quadratmeter und zwei Meter Abstand berechnet werden“, erläutert der Bezirkskapellmeister und Hochfilzener Kapellmeister Alois Brüggl. „Aus Platzgründen ist das in der Praxis nicht machbar.“
Bei Proben mit mehr als vier Personen Indoor und mehr als zehn Personen Outdoor gilt außerdem die Registrierungspflicht. „Bei Zusammenkünften mit mehr als 50 Personen ist zusätzlich ein Covid-Beauftragter zu bestellen und ein Präventionskonzept zu erstellen“, verlautbart der österreichische Blasmusikverband. Für die Teilnahme an den Proben gilt für außerdem die 3-G-Regel (geimpft, getestet, genesen).
Nur die kleinen Register können proben
Während Brüggl in Hochfilzen die Proben demnächst in kleinen Gruppen, größtenteils im Musikpavillon, wieder aufnehmen möchte, bleibt man in Kitzbühel vorerst abwartend. „Wir warten auf Erleichterungen, die diesen Namen auch verdienen“, erklärt dazu Michael Schwanninger, Obmann der Stadtmusik Kitzbühel. Die derzeit geltenden Vorschriften seien kaum umsetzbar. „In unserem Probelokal haben bei diesen Auflagen, also 20 Quadratmeter pro Person und zwei Meter Abstand, höchstens sechs Personen Platz. Es können also nur die kleinen Register proben.“ Ähnlich beurteilt der Fieberbrunner Kapellmeister Georg Foidl die Lage: „Diese sogenannten Öffnungsschritte machen wenig Sinn.“
Marschproben mit Abstandsregeln
Streng geregelt sind auch die Marschproben, die – trotz verpflichtender 3-G-Regel – mit mehr als 50 Teilnehmern nicht erlaubt sind. Marschproben mit mehr als zehn teilnehmenden Personen sind hingegen der Gesundheitsbehörde zu melden. Es gilt die 2-Meter-Abstandsregel, ein Mund-Nasenschutz ist von den Musikanten bei der Aufstellung und beim Abtreten verpflichtend zu tragen. Um mögliche Zuschaueranhäufungen zu vermeiden, wird ein Ordnungsdienst empfohlen. Konzerte sollen vorerst nicht stattfinden, Ausrückungen zu kirchlichen Anlässen sind auf wenige Musikanten beschränkt.
„Wer kommt angesichts dieser Auflagen zu den Proben oder bleibt überhaupt bei der Musik aktiv?“, fragt sich Alois Brüggl, der die Situation der Kapellen insgesamt als „dramatisch“ bezeichnet. Es sei zu befürchten, dass sich Mitglieder abmelden, erläutert Brüggl und verweist auf das Außerfern, wo sich bereits vier Musikkapellen aufgelöst haben sollen. Außerdem komme der Blasmusik auf lange Sicht der Nachwuchs abhanden, gibt der Bezirkskapellmeister zu bedenken. „Früher haben wir die Schulen besucht und die Jugend zum Musizieren animiert. Jetzt erreichen wir die Kinder nicht mehr und das Interesse am Musikunterricht sinkt.“
Musikkapellen wichtig für das dörfliche Leben
Für Brüggl steht fest: Die Bedeutung der Blasmusik für den ländlichen Raum werde häufig unterschätzt. „Die Musikkapelle ist für das dörfliche Leben unverzichtbar. Wenn das so weitergeht, wird eine jahrzehntelange Aufbauarbeit zerstört.“
Nun liegen die Hoffnungen auf den angekündigten Öffnungsschritten im Juni, sodass Gesamtproben und Platzkonzerte, wenn auch in eingeschränktem Rahmen, wieder stattfinden können. Alexandra Fusser
Bild: Ein Bild aus vergangenen Zeiten zeigt die Stadtmusik Kitzbühel in Vollbesetzung. In Tiroler Blasmusik-Kreisen hofft man auf tiefer greifende Öffnungsschritte im Laufe des Juni. Foto: Galehr