Kitzbüheler Anzeiger
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26.08.2023
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Nur knappes Ja für Ortsbildschutz

Die Diskussion gibt es schon seit Jahren, jetzt ist es fix: Über das Oberdorf in der Kelchsau wird ein Schutzschirm gezogen. Die Entscheidung fiel mit neun Ja- gegen acht Nein-Stimmen knapp aus.

Es ist ein Kleinod Tiroler Baukunst – das Oberdorf in der Kelchsau. Damit der charakteristische, historische Kern auch so bleibt, hat sich Hopfgartens Bürgermeister Paul Sieberer seit Jahren für eine Schutzzone stark gemacht. In der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause wurde diese jetzt definitiv abgesegnet. Wenn auch denkbar knapp, mit neun Ja- zu acht Nein-Stimmen

Im November 2022 erhielten die Gemeindemandatare in einer Klausur einen umfassenden Einblick in die Thematik; mit dabei war auch Landeskonservator Walter Hauser. Im März wurden im Rahmen einer Infoveranstaltung die Grundstückseigentümer aufgeklärt. Die Begeisterung hielt sich bereits damals in Grenzen. Im Vorfeld dieser Veranstaltung waren auch Einzelgespräche geführt worden. Nach einem knappen Erstbeschluss im April wurden in der jüngsten Sitzung die Einsprüche diskutiert.

Für Bürgermeister Paul Sieberer führt an der Schutzzone kein Weg vorbei: „Aber natürlich nehmen wir die Anliegen der Grundeigentümer ernst.“ Diese bekämen jede erdenkliche Unterstützung bei der Planung von Bauvorhaben. „Wir können und müssen stolz darauf sein, dass wir in der Kelchsau so einen Ortskern haben“, betont Sieberer. Daher sei es wichtig, diesen auch in Zukunft möglichst gut zu erhalten. Die Bedenken der Grundeigentümer kann er zwar verstehen, führt jedoch die seit 30 Jahren existierende Schutzzonenverordnung im Marktzentrum von Hopfgarten ins Treffen. Es werde wohl niemand behaupten, dass dieser Schutz umsonst sei, so Sieberer.

Für Grundbesitzer „maßlos“ übertrieben 

Ganz so sehen es die Grundstückseigentümer in der Kelchsau nicht. Im Rahmen einer Stellungnahme an die Gemeinde hat sich daher eine Gruppe, darunter vor allem Landwirte, massiv gegen die Schutzzone ausgesprochen. Für sie ist die Verordnung „eine maßlos übertriebene und nicht notwendige Maßnahme“. Sie sehen die Belastungen und Einschränkungen in keinem Verhältnis zu den Vorteilen. Sie stellen das Gutachten insofern in Frage, da die Gutachter dem SOG-Beirat (Stadt- und Ortsbildschutzgesetz) nahestünden. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Grundeigentümer haben ohne Zustimmung des SOG-Beirats keine Möglichkeit ein Bauvorhaben umzusetzen, da kein Rechtsmittel zulässig sei. Ein Problem sei der fehlende Spielraum bei Bauvorhaben (etwa bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen), die Verordnung werde  als massiv wertmindernd gesehen. Weitere Argumente betreffen die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe, diese werde erschwert. Neben weiteren Punkten stellen die Landwirte klar, dass für sie die notwendige Abwägung des öffentlichen Interesses und der Interessen der Grundeigentümer nicht stattgefunden habe. Überdies könne man die bäuerliche Kelchsau nicht mit dem bürgerlichen Marktkern vergleichen.

Hölzl: „Wir wollen kein Museumsdorf werden“

Unterstützung erhalten sie von Vize-Bürgermeister Martin Hölzl, der die Interessen der Kelchsauer im Gemeinderat vertritt. Dass das Oberdorf auf alle Fälle schützenswert ist, stehe außer Frage. Doch die Verordnung sieht er als nicht notwendig an: „Wir wollen ja kein Museumsdorf werden.“  Der Gemeinderat mache einen Beschluss, sozusagen von „oben herab“. 

Bürgermeister Sieberer sprach in der Causa auch die Privatstiftung (Anm.: Rauch) an, die im Oberdorf einige Gebäude besitzt. Diese habe aus ihrem Stiftungszweck heraus sowieso eine Erhaltungspflicht, schwächte Hölzl Sieberers Argument ab und gab überdies zu bedenken, dass in Tirol seit 20 Jahren keine Schutzzone mehr ausgewiesen wurde. Es wäre auch nur ein Ensembleschutz möglich gewesen.

Sieberer beruhigt: Den Grundeigentümern werde durch Land und Gemeinde geholfen. Sie bekommen etwa bei der Planung von Bauvorhaben eine fachliche Begleitung. Mehrkosten, die durch veränderte Planungen entstehen, werden übernommen. Bei der praktischen Umsetzung ginge es nicht um die Gängelung der Grundstückseigentümer, sondern um eine effektive Hilfestellung bei der Erhaltung des Kelchsauer Oberdorfes.

 
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