Sofortige Sperren nach Felssturz
In den südlichen Flanken des Wilden Kaisers klafft seit Ende April ein massives Loch, verursacht durch einen Felssturz. Die Gefahr und das mögliche Ausmaß von nachkommenden Steinschlägen wollen die Landesgeologen dieser Tage erheben.
Going | Felsstürze gab es im Kaisergebirge schon in der Vergangenheit, davon zeugen die großen Sturzkegel und Blockhalden im westlichen Hochgrubachkar sowie das Gebiet der Oberen Regalm. Die Folgen des jüngsten Abbruches, der sich in den letzten Apriltagen ereignete, sind sogar bis Kitzbühel gut ersichtlich: Rund 50 Meter hoch und 25 Meter breit ist der primäre Abbruch, der sich von der Kante (1.900 Meter) unterhalb der Regalmspitze über das westliche Hochgrubachkar und auch über den vorhandenen Sturzkegel bis auf die steilen Almflächen der Oberen Regalm (1.350 Meter) erstreckt. Die herabstürzenden Gesteinsmassen haben überdies eine Nassschneelawine ausgelöst, die den Latschenkopf unter dem westlichen Hochgrubachkar verschüttete, so die Ausführungen von Walter Würtl.
Für die Gemeinde Going sowie für den Alpenverein, der die Wege betreut, erstellte der Alpinwissenschafter, Sachverständige und Bergführer aus Kitzbühel umgehend ein Gutachten, das auch dem Kitzbüheler Anzeiger vorliegt. Darin empfiehlt Würtl dringend die sofortige Sperre der Wege 828 (im Bereich der sogenannten Schafeplatten) und 823 (Wilder Kaiser Steig). Da mit weiterem Steinschlag gerechnet werden müsse, sei die Wiederöffnung der beiden Steige frühestens im Sommer 2024 zu erwarten, vermutet Würtl. Auch der Weg 816 (von der Regalm zur Ackerlhütte) sollte aus Vorsichtsgründen zunächst nicht begangen werden.
Großräumige Umleitungen
Der Alpenverein hat Würtls Empfehlungen unmittelbar umgesetzt und die Wege nicht nur abgesperrt, sondern auch Ausweichrouten ausgeschildert.
Ausgelöst wurden die Gesteinsmassen vermutlich durch die intensiven Regenfälle im Vorfeld, verbunden mit einer sehr starken Schneeschmelze, erläutert Walter Würtl. Wasser sei in bestehende Klüfte eingedrungen und habe zum einen die Reibung zwischen den Felspaketen herabgesetzt und zum anderen durch den hohen Druck ein Ablösen von bereits entfestigten Gesteinsformationen ermöglicht.
Drohnenflüge sollen Aufklärung bringen
Die Gemeinde Going stützt sich vorläufig auf die Beurteilung Würtls, eine aktuelle Beurteilung aus Sicht der Landesgeologen ist noch ausständig, erläutert der Goinger Bürgermeister Alexander Hochfilzer. Eine Gefahr für die Hütten (Ackerlhütte, Regalm) in dem betroffenen Gebiet bestehe derzeit aber nicht.
Die für Montag angesetzten Drohnenflüge mussten aufgrund des schlechten Wetters neuerlich verschoben werden. Dazu Landesgeologin Katharina Gröbner: „Ob und in welchem Ausmaß Nachstürze zu erwarten sind, müssen wir vor Ort erheben. Das Wetter spielt uns derzeit leider nicht in die Hände." Alexandra Fusser
Bild: Unterhalb der Regalmspitze lösten sich Gesteinsmassen. Zwei Wanderwege in der Gefahrenzone wurden sofort gesperrt, ein weiterer Steig ist vorläufig nicht begehbar. Jetzt sind die Landesgeologen am Zug. Foto: Würtl