Später Einwand sorgt für Irritation
Eine Sofortmaßnahme wurde angekündigt und seit 13 Monaten ist nichts passiert. Eine Situation, mit der die Anrainer unterhalb des Gasteiger Stausees leben müssen. Kurz vor der rechtsgültigen Bewilligung kam es zu einem Gespräch mit dem Natuschutzbeauftragten. Das Ergebnis: Es wird nur ein Teil des Stausees geräumt.
Kirchdorf | Unverständnis, Kopfschütteln und Verärgerung herrschte bei der jüngsten Kirchdorfer Gemeinderatssitzung als Bürgermeister Gerhard Obermüller über die Räumung des Stausees informierte. Vor 13 Monaten füllte ein Gewitter den See mit Geschiebematerial, das Ausräumen ist jedoch nur mit natur- und wasserschutzrechtlicher Bewilligung möglich - der Kitzbüheler Anzeiger berichtete mehrmals. Nachdem nun ein klarer Plan mit Wildbachverbauung, Land Tirol und zahlreichen Experten erstellt wurde, flatterte vor knapp einem Monat der langersehnte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft zur Ausräumung ins Gemeindeamt. Rechtswirksam wird dieser nach vier Wochen, wenn es keine Einsprüche gibt.
Umweltanwaltschaft suchte Gespräch
Just in jener Zeit hat sich Naturschutzbeauftragter Andreas Hudler von der Umweltanwaltschaft gemeldet und um ein Gespräch bei der Gemeinde angesucht: „Erst mit der Zustellung des naturschutzrechtlichen Bescheids an die Gemeinde wird die Tiroler Umweltanwaltschaft informiert“, erklärt Hudler den Ablauf und ergänzt, dass die so späte Einbindung „leider üblich“ ist. Grund für ihn waren die schützenswerte Aulandschaft mit Fröschen, Krebsen und Vögeln.
In Kirchdorf zeigte man sich darüber irritiert und fühlte sich ausgebremst: „Wir haben über zehn Experten befragt und x-Gutachten erstellen lassen und jetzt werden wir um fünf vor zwölf ausgebremst“, berichtet Obermüller den Mandataren.
Entschlossen hat man sich nun gemeinsam mit dem Landesumweltanwalt, einen Teil des Bauvorhabens zurückzunehmen, damit nicht noch eine weitere Verzögerung von rund einem Jahr erfolgt. „Wir haben einen Kompromiss erzielt und ich hoffe, dass Ende des Jahres die Bagger auffahren können“, informiert Obermüller und ergänzt, dass ihm ein Konsens lieber gewesen wäre.
Einvernehmliche Lösung
Seitens der Tiroler Umweltanwaltschaft spricht man von einer einvernehmlichen Lösung und einem guten Kompromiss, der von Seiten der Gemeinde und der Wildbach- und Lawinenverbauung getroffen wurde. Geschützt wird nun der hintere Bereich des Stausees, dort wo der Bach in den See hineinfließt. „Die oberen paar Meter sind ausgenommen“, sagt Hudler. Aus seiner Sicht hat man für alle Seiten eine gute Lösung erzielt. „Die Sicherheit der Bevölkerung und die Hochwertigkeit des Bereiches für Erholungssuchende bleibt bestehen.“
Kritik im Gemeinderat durch Mandatare
Anders sahen dies die Gemeinderäte bei der Sitzung. „Wir sind im Auge der Bevölkerung untätig“, sagt GV Josef Wörgötter und ärgert sich, dass nun über ein Jahr nichts passiert ist. Laut Amtsleiter Christopher Innerkofler hat man nur noch 1.000 m3 Platz im Stausee: „Das ist nix.“ Für Vizebürgermeister Gerald Embacher ist die Entscheidung unverständlich: „Es ist Siedlungsraum gefährdet. Eine schnelle Räumung muss das Ziel sein.“ Abschließend bringt es Wörgötter auf den Punkt: „Es kann doch nicht sein, dass ein paar Vogelnester wichtiger sind, als der Schutz des ganzen Dorfes.“
Dem widerspricht Naturschutzbeauftragter Hudler ganz entschieden: „Wir wollen nichts verhindern und verzögern. Unsere Prüfung findet unter verschiedenen Aspekten statt. An erster Stelle steht immer die Sicherheit der Bevölkerung.“ Klar ist von Seiten der Umwelt-anwaltschaft, dass mit der nunmehrigen Einigung eine „gewisse Balance“ hergestellt wurde.
Langes Warten auf Sofortmaßnahme
Auf Nachfrage warum die Umsetzung von Sofortmaßnahmen solange dauert, teilt das Land Tirol mit, dass mit Bescheid der BH Kitzbühel von Anfang Juli 45.000 Kubikmeter Geschiebe aus der Stauseesperre entnommen werden kann. „Dabei wurden wildbachtechnische, kulturbautechnische, gewässerökologische, naturkundefachliche und forstfachliche Auflagen definiert, die umzusetzen sind,“ heißt es in der Anfrage-Beantwortung. Wie viel Geschiebe nach dem Einwand nun weniger entfernt wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Der Bescheid ist seit Ende letzter Woche rechtskräftig. Verena Mühlbacher
Bild: Seit einem Unwetter im Juli 2020 will man den Stausee Kirchdorf, Ortsteil Gasteig, entleeren. Foto: Archiv, Klausner