Stimmung am heimischen Arbeitsmarkt
Pünktlich zum Tag der Arbeit am 1. Mai präsentieren das Online Research Institut Marketagent und Leitbetriebe Austria die zweite Auflage ihres Arbeitsmarkt-Kompass – einer Längsschnittuntersuchung zur Stimmung unter heimischen Erwerbstätigen.
Kitzbühel | Das Fazit: Die österreichischen Arbeitnehmer fühlen sich weiterhin in einer guten Ausgangsposition am Jobmarkt, das Schlagwort der Stunde lautet Flexibilität und die Gleichstellung von Mann und Frau scheint immer noch in weiter Ferne.
Fact Box
|
Das digitale Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent befragt seit 2023 vierteljährlich heimische Arbeitnehmer*innen zur aktuellen Stimmung am Arbeitsmarkt. Die zweite Auflage des Arbeitsmarkt-Kompass mit den Daten von 1.651 Befragten aus dem 1. Quartal 2024 zeigt, wie, wo und wann die österreichischen Erwerbstätigen arbeiten möchten und worauf sie im Berufsleben Wert legen.
Shift happens
Der Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel. Insbesondere in Branchen, die durch Fachkräftemangel und demographische Veränderungen geprägt sind, zeichnet sich eine Verschiebung vom Arbeitgebermarkt hin zu einem Arbeitnehmermarkt ab. Diese Veränderung fordert von Unternehmen, ihre Ansätze zur Mitarbeitergewinnung und -bindung zu überdenken und anzupassen, um im Kampf um Talente wettbewerbsfähig zu bleiben. „Der Arbeitsmarkt-Kompass stellt ein praktisches Tool dar, welches aktuelle Einblicke in die moderne Arbeitswelt liefert. Die Auswertungen geben den Unternehmen wichtige Impulse für das Recruiting und die Mitarbeiter*innenführung“, so Monica Rintersbacher, Geschäftsführerin Leitbetriebe Austria.
Denn die Verschiebung in der Dynamik des Arbeitsmarktes schlägt sich in den Daten nieder: Zwar geben nur rund 18 Prozent der Befragten an, in ihrem aktuellen Job unzufrieden zu sein. Die Quote jener, die eine Wechselbereitschaft zeigen, liegt jedoch fast doppelt so hoch (33%). Getrieben wird der Wunsch nach beruflicher Veränderung vor allem durch hohe Erwartungen an Gehaltssprünge. Im Schnitt wird bei einem Jobwechsel mit einem Einkommenszuwachs von 28% gerechnet. Und dass sie ganz gute Chancen am Arbeitsmarkt hätten, steht für die Mehrheit der Befragten außer Frage. Zwei Drittel gehen davon aus, dass es für sie aktuell sehr oder eher leicht wäre, eine neue Anstellung zu finden. Alles in allem machen die Ergebnisse des Arbeitsmarkt-Kompass deutlich, dass die shifts am Arbeitsmarkt an der Erwerbsbevölkerung nicht unbemerkt vorbei gehen und die Entwicklungen weiter befeuern werden.
Flexibilität ist Trumpf
„Arbeitgeber sehen sich einem immer stärkeren Wettbewerb untereinander ausgesetzt. Wer bietet die attraktivsten Arbeitsbedingungen und Anreize, um den War for Talents für sich entscheiden zu können? Das Schlagwort der Stunde in diesem Zusammenhang lautet ganz klar Flexibilität. Sie ist der Schlüssel zum Erfolg in der modernen Arbeitswelt“, erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent.
Flexibilität wünscht sich die heimische Workforce sowohl bei der Arbeitszeit als auch beim Arbeitsort. Das optimale Wochenpensum wird seit Erhebungsbeginn der Langzeitstudie stabil bei durchschnittlich 33 Stunden festgemacht. Eine klare Absage an die klassische 40h-Woche. Zwar zeigt sich hier ein deutlicher Geschlechtereffekt – Frauen legen das bevorzugte Arbeitsvolumen bei rund 30 Wochenstunden fest. Doch auch der Wunschwert der männlichen Befragten liegt mit 35,8 Stunden klar unter der österreichischen Normalarbeitszeit.
Was den Arbeitsort betrifft machen die Umfragedaten deutlich: Home-Office ist gekommen, um zu bleiben. Spätestens seit der Corona-Pandemie ist die Remote-Arbeit in vielen Branchen zur Norm geworden und für jene Arbeitnehmer*innen, deren Job dies grundsätzlich erlaubt, nicht mehr wegzudenken. Der bevorzugte Home-Office-Anteil wird von den heimischen Beschäftigten bei durchschnittlich 39% festgemacht. Auch dieser Wert weist eine hohe Stabilität über die letzten Erhebungsmonate auf, was darauf hindeutet, dass es sich hier um keinen kurzfristen Trend, sondern um eine nachhaltige Entwicklung handelt.
Gehalt schlägt Toleranz
Bei der Suche nach einem neuen Job stehen für die heimischen Arbeitnehmer Gehaltsüberlegungen an erster Stelle. Ein guter Lohn bzw. faire Bezahlung sind für 65% unabdingbar. Im Prioritätenranking dahinter folgen ein gutes Arbeitsklima (56%) und Wertschätzung (41%). Die heiß diskutierten Themen Nachhaltigkeit und Diversität bilden hingegen das Tabellenschlusslicht. Frei nach dem Motto „Das Hemd ist mir näher als der Rock“ gibt die Mehrheit der Befragten hier klar den persönlichen Vorteilen durch ein ordentliches Gehalt den Vorzug gegenüber gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen.
Frauen als Retterinnen des Arbeitsmarktes?
Frauen wird oftmals eine höhere Empathie zugeschrieben. Ein Klischee, das sich auch in den vorliegenden Umfrageergebnissen wiederfinden lässt. Die weiblichen Arbeitskräfte legen im Job deutlich mehr Wert auf ein gutes Arbeitsklima und Wertschätzung als ihre männlichen Kollegen. Darüber hinaus hat das Thema Flexibilität für sie eine signifikant höhere Priorität. „Die weiblichen Befragten messen Remote-Work und flexiblen Arbeitszeitmodellen deutlich mehr Bedeutung zu als die männlichen. Dieser Geschlechterunterschied ist wenig überraschend und zeigt, dass das traditionelle Familienbild in Österreich nach wie vor fest einzementiert ist. Der Großteil der unbezahlten Care-Arbeit lastet weiterhin hauptsächlich auf den weiblichen Schultern“, so Projektleiterin Andrea Berger. Die abweichenden Jobanforderungen der Frauen dürften also zum großen Teil eher einer Notwendigkeit als einer persönlichen Präferenz entspringen.
Prioritäten bei der Jobsuche: Differenzen Frauen - Männer*
Möglichkeit zu Home-Office |
+9,6% |
Wertschätzung |
+9,4% |
Gutes Arbeitsklima |
+9,1% |
Flexible Arbeitszeiten |
+6,8% |
Selbstverwirklichung durch meine Arbeit |
+3,9% |
*Top 5 I n = 1.651 II Mehrfach-Nennung möglich
Angesichts des Arbeitskräftemangels quer durch alle Branchen und Industriezweige werden Forderungen, Frauen aus der „stillen Reserve“ zurück in den Arbeitsmarkt zu bringen, immer lauter. Hier ist es an der Politik und den Arbeitgebern, attraktive Pakete zu schnüren, die auf Flexibilität fußen, aber auch Strukturen schaffen, die Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe am Berufsleben ermöglichen.