Kitzbüheler Anzeiger
16.10.2021
News  
 

Touristische Vermietung im Visier

Freizeitwohnsitzkontrollen: Einem Metzger aus Reith wurde seine Ferienwohnung in Ellmau zum Verhängnis.

Reith, Ellmau | Bei illegalen Freizeitwohnsitzen denkt man vorwiegend an Altholz-Villen in den besten Lagen. Im Zuge der Kontrollen kommt aber auch der ein oder andere Einheimische zum Handkuss – ob gerechtfertigt oder nicht, damit beschäftigen sich Rechtsanwälte und Gerichte.
Die Initiative „Vision für unser Leben in Tirol“ wandte sich mit einem Fall an den Kitzbüheler Anzeiger, der für Diskussionen sorgt. Thomas Trixl, Metzger aus Reith, besitzt seit 2018 in Ellmau eine kleine Wohnung. Die 56 Quadratmeter große Einheit, eingebettet in ein Mehrparteienhaus, vermietete er kurzfristig an Urlauber. „Ich handelte nach bestem Wissen und Gewissen, die Unterkunft war über die TVB-Plattform buchbar, ich meldete jeden Gast an, bezahlte Ortstaxe und Steuern“, schildert Trixl.

Mehrparteienhaus wurde kontrolliert
Im Zuge der Kontrollen möglicher illegaler Freizeitwohnsitze wurde das Mehrparteienhaus von der Gemeinde Ellmau ins Visier genommen. Allen zwölf Parteien flatterte eine Strafanzeige ins Haus. Trixl wurde die kurzfristige touristische Vermietung untersagt. „Ich muss insgesamt 6.000 Euro Strafe zahlen“, erzählt er. Im Leitfaden zur Feststellung eines Freizeitwohnsitzes (§ 13) findet sich die Begründung: Nur wenn Privatvermieter den Hauptwohnsitz im gleichen Gebäude haben, dürfen sie kurzfristig an Urlaubsgäste vermieten.

Hauptwohnsitz in Reith
Trixl hat seinen Hauptwohnsitz in Reith. „Die Vermietung der Wohnung an Feriengäste diente ihm zur Existenzsicherung – so wie es in Tirol tausendfach stattfindet. Diese Gesetze schießen am Ziel vorbei und schaden der Bevölkerung, sie gehören repariert“, kritisiert Gerhart Pohl, Sprecher der Initiative „Vision für unser Leben in Tirol“ und Gemeindevorstand in Ellmau (Liste Plus für Ellmau). Im Fall Trixl sei die Situation noch einmal prekärer, sagt Pohl, denn besagtes Mehrparteienhaus liegt im Tourismusgebiet und wurde vormals als Pension geführt.

Zu einem Wohnhaus umgebaut
Bürgermeister Nikolaus Manzl (Ellmauer Volksliste) bestätigt diese Sachlage, betont aber, dass es für Trixl und seine Nachbarn von Anfang an klar sein hätte müssen, dass sie eine Wohnung für ganzjährige Wohnzwecke besitzen: „Ja, früher war es mal eine Gästepension. Der damalige Besitzer hat die Pension aufgelassen. Die Gemeinde ist seinem Wunsch auf Änderung der Gebäudenutzung für  Wohnzwecke nachgekommen.“  
Die Einheiten wurden parifiziert und dementsprechend umgebaut. „Wir sind angehalten, die rechtlichen Gegebenheiten zu prüfen und zu kontrollieren. Eine touristische Vermietung, wie im Falle von Trixl, ist in diesem Haus schlichtweg nicht vorgesehen. Er hat eine Wohnung gekauft und keinen Teil einer Pension. Er kann die Wohnung aber jederzeit Dauervermieten“,  erklärt Bürgermeister Manzl.

Andere Nutzung bringt andere Auflagen
Könnte man den Verwendungszweck wieder ändern? „Wenn alle Eigentümer im Gebäude wieder ein Konstrukt der touristischen Vermietung anstreben möchten, haben wir damit kein Problem. Eine touristische Nutzung zieht aber u.a.  auch gewisse bauliche Maßnahmen, wie Gemeinschaftsräume, sowie gewerbliche Auflagen mit sich.“

Die Initiative „Vision für unser Leben in Tirol“ sieht bei den Freizeitwohnsitzgesetzen dringenden Handlungsbedarf. „Wir gehen davon aus, dass sich rund 70 Prozent der Tiroler Privatvermieter mehr oder weniger im illegalen Bereich bewegen. Die Freizeitwohnsitzkontrollen bringen unsere einheimischen Vermieter in massive Bedrängnis .Welche Auswirkungen das auf unseren Tourismus hat, ist fatal.“

Bürgermeister Manzl sieht es differenzierter: „Wir brauchen in Tirol warme Betten, egal ob durch Gäste, EU-Bürger oder Einheimische – wir können bei der Nutzung keine Willkür walten lassen. Häuser sollen mit Leben gefüllt sein und nicht als Investment dienen.“
Thomas Trixl geht gerichtlich gegen die Behördenbescheide vor. Das Verfahren ist anhängig – wie übrigens in den meisten Fällen, die bisher durch die Freizeitwohnsitzkontrollen ans Tageslicht gekommen sind. Johanna Monitzer

Bild: „Ich bin mir keiner Schuld bewusst“, sagt Thomas Trixl (li.). Schützenhilfe bekommt er von Gerhard Pohl, Sprecher der „Initiative für unser Leben in Tirol“, der eine Reparatur der Gesetze fordert. Foto: Monitzer

Daten & Fakten - Eine tirolweite Initiative
Bezirk, Tirol | Die Initiative „Vision für unser Leben in Tirol“ tritt sein geraumer Zeit in Erscheinung. Laut eigenen Angaben haben sich rund 100 Tiroler Bürger, darunter Arbeiter, Angestellte und Selbständige angeschlossen.

Raumordnung im Fokus
Man möchte auf negative Auswirkungen der Regelungen im Tiroler Raumordnungsgesetz, des Grundverkehrsgesetzes sowie der Bauordnung aufmerksam machen.  „Es ist nicht unsere Intention gegen Kontrollen der Freizeitwohnsitze aufzutreten, wir wollen für einen Denkanstoß sorgen“, heißt es in einem Schreiben an alle Bürgermeister. Gerhard Pohl (P & G Immobilien), der auch für die Liste „Plus für Ellmau“ im Ellmauer Gemeindevorstand aktiv ist, ist ein Sprecher der Initiative. jomo

 
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