Kitzbüheler Anzeiger
04.01.2015
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„Udo war ein super Mensch“

Der plötzliche Tod von Udo Jürgens erschüttert auch viele Kitzbüheler. Fast zehn Jahre lebte der Kärntner mit seiner Familie auf der Bichlalm in Kitzbühel und hatte viele Freunde in der Gamsstadt. Schon ganz am Anfang seiner Karriere sorgte er als schlaksiger, junger Sänger für Begeisterung im Café Klausner in St. Johann.

Kitzbühel | „Er war nicht nur ein Kunde, er war auch ein Freund“ – nicht nur Missen-Macher Helmut Gruber, sondern auch viele andere Kitzbüheler zeigten sich bestürzt, als sie vom plötzlichen Tod Udo Jürgens hörten. Zehn Jahre lang hatte der gebürtige Kärntner mit seiner Familie – Frau Panja und den Kindern Jenny und John – seine Zelte in Kitzbühel aufgeschlagen und lebte friedlich inmitten der Kitzbüheler. Ein Höhepunkt in den 1980-er–Jahren war ein Open-Air-Konzert in der Innenstadt, wo er sich im Rahmen eines Festes des Vereins „Die Kitzpichler“ ans Klavier setzte. Es waren schlussendlich die österreichischen Finanzbehörden, die seine 16-Zimmer-Villa pfändeten und den Superstar in die Schweiz vertrieben.

Schlaksiger Bursch am Klavier

Doch bereits Jahre vorher war Udo Jürgens – damals noch mit seiner „Udo Bolán Band“ gern gesehener Gast im Bezirk. Viele St. Johanner erinnerten sich noch an den schlaksigen, feschen Kerl, der im Café Klausner mit seinen Melodien begeisterte. Damals hätte noch keiner ahnen können, einen zukünftigen Superstar vor sich zu sehen, der da bescheiden am Klavier saß.

Nur einige Jahre später ließ er sich dann in Kitzbühel nieder. „Anfänglich gehörte ihm das Haus Anuschka – der Name stammt von einem seiner Hits – in der Nähe der Badhaussiedlung“, erinnert sich Helmut Gruber, der als Schneidermeister schon damals für Udo Jürgens arbeitete. Das Appartementhaus verkaufte Udo Jürgens schließlich und erwarb dafür eine 16-Zimmer-Villa auf der Bichlalm, in der er mit seiner Familie wohnte. Private Filmaufnahmen, die nach wie vor im Internet kursieren, zeugen von einem harmonischen Familienleben – mit Schneeballschlachten und Schwimmrunden im eigenen Pool sowie Ausflügen an den Schwarzsee. Gern erinnert sich Helmut Gruber an lustige Abende beim Gletscherwirt – von der Arroganz eines Superstars war da keine Spur. „Udo war immer normal, leger und nett“, sagt Gruber, „er war einer von uns. Das werden auch sicher viele andere Kitzbüheler bestätigen.“ Er könne sich erinnern, dass an einem Abend eine beschwipste Frau Jürgens beschimpfte, er sei eine Gefahr für die Jugend. „Das nahm er ihr aber gar nicht übel. Im Gegenteil, er lud die Frau samt Mann und Tochter zu sich nach Haus ein. Gekommen ist dann nur der Mann und die Tochter  - die Frau schämte sich wahrscheinlich. Sie verlebten einen netten Nachmittag am Pool. Auch das war Udo“, so Gruber.

Mitte der 70er-Jahre allerdings war es vorbei mit der Kitzbüheler Idylle. Der damalige österreichische Finanzminister Hannes Androsch suchte Mittel und Wege um das katastrophale Bundesbudget aufzufetten und startete einen Steuer-Feldzug. „Da ist es nur billig, dass auch die Prominenz zahlt“, so Androsch. Er wollte die große Schröpfung auch auf jene ausdehnen, denen traditionell ein gestörtes Verhältnis zum Steuerzahlen anhaftet: den Stars von Bühne, Pult und Piste (Der Spiegel, Oktober 1977, Anm.). Während große Namen wie Herbert von Karajan, Peter Alexander oder Nikia Lauda bereits ihre Hauptwohnsitze bzw. Firmensitze in andere europäische Länder verlegt hatten, wurde Udo Jürgens zur Gans, die goldene Eier legen sollte. Der Sänger hatte primär sein Geld in Deutschland ersungen und es dort auch versteuert, doch laut den österreichischen Finanzbehörden habe sich „Jürgens mehr als 180 Tage pro Jahr in Österreich aufgehalten. Damit steht Androsch das Recht zu, an den Auslands­einkünften des Troubadours voll mit zu naschen“ (Der Spiegel Anm.).

Villa gepfändet

Und um an diese Steuergelder zu kommen, setzte sich  die Republik Österreich selbst mit einer Steuerforderung von 14 902 943 Schilling (rd. 1,1 Mio. Euro) ins Kitzbüheler Grundbuch. Und die Behörden sprangen mit Udo Jürgens  - der zu diesem Zeitpunkt  120 Prozent Steuern zahlte – nicht gerade zimperlich um. „Ich habe Udo einmal vor einem Konzert in Innsbruck seinen Anzug ins Hotel gebracht. Zwei Stunden vor seinem Auftritt war die Polizei im Hotel aufgetaucht“, erzählt Helmut Gruber. Man habe ihn wie einen Kriminellen behandelt, habe er geklagt. Damit war Udo Jürgens Zeit in Kitzbühel abgelaufen – er verkaufte das Haus in der Gamsstadt, zahlte die Steuern und übersiedelte nach Zürich. Ein verständlicher Schritt: Dort zahlt er maximal 46 Prozent Steuern-  statt 56 in Deutschland und noch einmal 62 in Österreich.

„Er ist aber schon noch nach Kitzbühel gekommen“, weiß Helmut Gruber. Zum Hahnenkammrennen und ähnlichen Anlässen, zumal Udo Jürgens auch mit den aus Kärnten stammenden Dumba-Brüdern Nicolaus und Constantin gut befreundet war, die in Kitzbühel einige In-Lokale betrieben. Margret Klausner

Bild: Helmut Gruber mit Udo Jürgens in seiner Schneiderei in Kitzbühel. Foto: Rußegger

 
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