Weil Gesundheit eine Herzensangelegenheit ist...
Herzerkrankungen machen in Österreich 40 Prozent aller Todesfälle aus und führen zu einer Million Krankenstandstagen. „Herzschwäche ist eine der häufigsten Erkrankungen und der Hauptgrund für Krankenhausaufenthalte. Die Krankheit hat oft einen schwerwiegenden Verlauf, der die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränkt“, erklärt Prof. DDr. Peter Rainer, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin am Bezirkskrankenhaus St. Johann.
Bei einer Herzschwäche, medizinisch als Herzinsuffizienz bezeichnet, ist die Pump- oder Füllungsfunktion des Herzens vermindert. Das Herz ist nicht mehr in der Lage, bei Belastung oder auch schon in Ruhe die notwendige Menge Blut durch den Körper zu pumpen. Das führt einerseits dazu, dass etwa Gehirn, Nieren oder Muskeln schlechter mit Blut versorgt werden, andererseits wird der Blutrückfluss zum Herzen behindert und es kommt zum Blutrückstau in den Lungenvenen, was zu Atemnot führen kann.
Die Erkrankung ist nicht einfach zu diagnostizieren und war bislang oft nur schwer zu behandeln. Jedoch gibt es inzwischen gute Therapien, die speziell auf die Herzinsuffizienz abzielen. Sie helfen dabei, Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, indem sie das Risiko für häufige Krankenhausaufenthalte senken. Heilbar ist eine chronische Herzschwäche bisher aber nicht. Umso wichtiger erscheint es, die Herzgesundheit ernst zu nehmen und es erst gar nicht so weit kommen zu lassen.
Bereits erste Anzeichen ernst nehmen
„Eine Herzschwäche entwickelt sich oft schleichend, kann aber gravierende Folgen haben, wenn sie nicht frühzeitig erkannt und fachgerecht behandelt wird“, betont Prof. DDr. Peter Rainer. In Österreich sind schätzungsweise 300.000 bis 400.000 Menschen von dieser schweren Erkrankung betroffen. Weltweit zählt die Herzinsuffizienz zu den häufigsten Krankheitsbildern.
Der Körper ist lange Zeit in der Lage, die verringerte Leistungsfähigkeit des Herzens auszugleichen. Daher sind anfangs oft noch keine Symptome spürbar. Atemnot, schnelle Erschöpfung, Müdigkeit, Schwindel und Wassereinlagerungen in den Beinen können erste Anzeichen sein. Oft werden diese allerdings nicht ernst genommen und als normale Alterserscheinung interpretiert. Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Nierenerkrankung oder Diabetes bleiben oft unbehandelt.
Häufig verschlechtert sich der Zustand der Betroffenen immer weiter und die Beschwerden werden lebensbedrohlich. Doch so weit muss es nicht kommen. „Ein frühzeitiges Eingreifen kann den Krankheitsverlauf deutlich positiv beeinflussen und die Prognose der Patienten verbessern“, weiß der Kardiologe. An der Herz-Ambulanz des Bezirkskrankenhauses haben die Ärzte täglich mit Betroffenen zu tun. Für die Früherkennung stehen den Kardiologen modernste Instrumente zur Verfügung. Häufig ist jedoch ein medizinischer Eingriff die einzige Chance, das Leben des Patienten zu verbessern. Seit letztem Jahr wurden in St. Johann deshalb unter anderem über einhundert Herzschrittmacher eingesetzt.
Das Leben der Patienten danach ist nicht mehr dasselbe, das es war. Trotz erfolgreicher OP bleibt das Herzproblem den Rest des Lebens bestehen. Betroffene stehen unter Schock und sind mit der Situation überfordert. Sie haben Angst vor neuerlichen Komplikationen und wissen nicht wie sie das Risiko verringern können. Zumal Studien bestätigen: Während der ersten drei Monate nach der Akutbehandlung werden knapp ein Viertel, während des ersten halben Jahres etwa die Hälfte der Betroffenen wieder in das Krankenhaus aufgenommen.
Besserer Therapie-Erfolg dank HerzMobil Tirol
Genau hier greifen Gerda Halbmayer und Katrin Höllwarth ein. Die beiden Pflegerinnen mit Weiterbildung zur Herzinsuffizienzberaterin. Die Initiative wurde 2012 vom Land Tirol mit Unterstützung der Tirol Kliniken und den Sozialversicherungsträgern ins Leben gerufen und vor vier Jahren in St. Johann umgesetzt. Ziel ist es, Betroffene bei chronischer Herzschwäche zu unterstützen und den Therapie-Erfolg zu verbessern. „Wir sehen uns in erster Linie als Schnittstelle zwischen Krankenhaus, niedergelassenen Ärzten und Patienten. Als Pflegerinnen können wir ein ganz anderes Vertrauensverhältnis zu den Betroffenen aufbauen und sie im Umgang mit der Erkrankung besser schulen“, so Höllwarth.
Weniger Todesfälle innerhalb eines Jahres
Studien belegen den Erfolg der Initiative. Erste Ergebnisse zeigen, dass es bei HerzMobil Patienten um bis zu 46 Prozent weniger Todesfälle innerhalb eines Jahres gekommen ist als in einer Vergleichsgruppe. Auch die Wiederaufnahme in ein Krankenhaus innerhalb der ersten drei Monate konnte stark reduziert werden. Damit konnte den Patienten ein Stück Lebensqualität und Sicherheit zurückgegeben werden.
„Uns geht es vor allem darum, die Gesundheitskompetenz der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern und ihnen die Wirkungsweise der verschiedenen Medikamente zu erklären, dass sie diese bei Bedarf selbstständig einnehmen können. Wir erklären ihnen die Bedeutung von Bewegung und gesunder Ernährung und helfen, die neuen Gewohnheiten in den Alltag zu integrieren. Ohne die Mitarbeit des Patienten geht es aber nicht“, wissen die beiden aus Erfahrung.
Apropos Bewegung und gesunde Ernährung. Sie gelten nachweislich als wichtigste Bausteine für ein gesundes Herz. Während sich Stress, Übergewicht, Schlafmangel, Alkohol und Nikotin negativ auswirken. Das gilt sowohl für gesunde, als auch für bereits von Herzschwäche betroffene Personen.
Ein Zeichen setzen: „Aktiv gegen Herzschwäche“
Das Bewusstsein dafür zu stärken, ist auch das Ziel der „Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz“ der österreichischen kardiologischen Gesellschaft. Unter dem Motto „Aktiv gegen Herzschwäche“ lud sie kürzlich Herzkranke und Interessierte zur gemeinsamen Wanderung an den Kitzbüheler Schwarzsee. Mit dabei waren auch die Biathletinnen Lisa Hauser und Anna Gandler. Dank ihrer Erfahrung im Leistungssport wissen sie genau, wie wichtig Bewegung für die Gesundheit ist, und gaben hilfreiche Tipps und Motivation. Denn: Das Herz ist ein Muskel und will bewegt werden!
Text: Sabine Huber, Fotos: Claudia Egger
Was macht HerzMobil?
Um in das Versorgungsprogramm aufgenommen zu werden, müssen Betroffene bestimmte Kriterien erfüllen. Die Zuweisung erfolgt vom Krankenhaus oder einem niedergelassenen Arzt. Die Betreuung dauert drei Monate und ist kostenlos. Der Patient bekommt eine Waage, ein Blutdruck- und Pulsmessgerät und ein Mobiltelefon mit nach Hause. Nach der Einschulung kann er selbstständig die Werte messen und in die App eintragen. Die Mitarbeiter von HerzMobil Tirol können die Gesundheitsdaten am Computer einsehen und überwachen. Bei Auffälligkeiten können sie schnell reagieren und nehmen mit dem Patienten und/oder dem behandelnden Arzt sofort Kontakt auf. Auch die Patienten selbst und ihre Angehörigen lernen, Anzeichen zu erkennen und ihnen entgegen zu wirken.