„Wir wollen keine neue Zufahrt“
Da es kostengünstiger ist, möchte die Marktgemeinde St. Johann eine neue Straße samt Kanal- und Trinkwasserleitungen sowie LWL bauen. Einige Anrainer wollen allerdings ihre alte Zufahrtsstraße behalten.
St. Johann | Die Straße ist recht eng, kurvig und steil wenn man in den St. Johanner Ortsteil Winkl-Sonnseite fährt. Anrainer wehren sich gegen eine in ihren Augen weitere Verschlechterung der Situation. Die Gemeinde St. Johann plant eine neue Zufahrtsstraße für vier Häuser über einen Hügel zu bauen. „Das ist viel zu steil. Ohne Allrad-Fahrzeug werden wir im Winter da nicht raufkommen“, schildert Oliver Endstrasser dem Kitzbüheler Anzeiger beim Lokalaugenschein.
Nicht nur die geplante Straße, sondern vor allem Überschwemmungen fürchten wiederum Cornelia und Franz Seiwald: „Im Zuge eines Neubaus wurde ja schon ein Teilstück gebaut, seitdem haben wir bei Starkregen Überflutungen in unserem Eingangsbereich.“
Warum will die Gemeinde eine neue Straße bauen?
Als Hauptgründe für den Straßenbau nennt die Gemeinde zum einen, dass der Kanalbau samt Wartung erheblich günstiger wird und zum anderen, dass ein Landwirt seine landwirtschaftlichen Flächen dadurch besser nützen kann. „Wir sprechen hier von mehreren zehntausend Euro, welche dem Steuerzahler erspart werden“, veranschaulicht Gemeinde-Mitarbeiter Peter Reiter, zuständig für Wasser/Abwasser.
Ortsteil Winkl ist noch ohne öffentlichen Kanal
Seit längerem arbeitet die Gemeinde daran, den Ortsteil Winkl an das öffentliche Kanal- und Trinkwassernetz anzubinden. Neben dem Kanal wird im Zuge des Straßenneubaues auch die Trinkwasserleitung sowie Glasfaser (Internet) verlegt. „Die Planung erfolgte durch Experten und alle erforderlichen Gutachten sind vorhanden. Der Hügel, über den die neue Straße führt, wird ein bis zwei Meter abgegraben. Wir sprechen hier von einer Steigung von bis zu zehn Prozent. Die Einfahrt erfolgt über eine Schleppkurve, die auch große Fahrzeuge zulässt. Außerdem gibt es eine Entwässerung, die zukünftige Überschwemmungen verhindert. Die Situation wird besser“, betont Alexander Hronek vom Tiefbauamt.
Einen Großteil der Kosten für die neue Straße übernimmt der Landwirt – ein abgekartetes Spiel, wie die Anrainer vermuten: „Wir wissen seit 2014, dass er die Straße weg haben will. Außerdem hat uns der damalige Bürgermeister Stefan Seiwald zugesagt, dass keine neue Straße gebaut wird.“ Das Angebot der Familie Seiwald, dass der Kanal über ihr Grundstück verlaufen könnte, wurde von der Gemeinde abgelehnt.
„Haben alle möglichen Varianten durchgespielt“
Die Situation sei nun eine völlig neue, erklärt Heike Crabtree (zuständig für Rechtliches bei der Gemeinde): „Wir haben alle Varianten durchgespielt. Würde man den Kanal bei der bestehenden Straße bauen, bräuchte man ein anderes Kanalsystem und eine Hebeanlage.“ Fakt ist, dass einige Kanalrohre auch über privaten Grund laufen, jedoch würde die Marktgemeinde, aufgrund der rechtlichen Situation, versuchen diese möglichst auf öffentlichem Gut zu bauen, erklärt Crabtree.
SPÖ stimmte gegen den Straßenbau
Drei Ausschüsse (Landwirtschaft, Wasser/Kanal und Straßen) befürworteten vorab das Projekt. Der Grundsatzvereinbarung zum Grundtausch, damit die Fläche für die neue Straße in öffentliches Gut übergeht, stimmte der Gemeinderat vergangene Woche mehrheitlich zu. Nur die SPÖ stimmte geschlossen dagegen und forderte eine Verschiebung des Tagesordnungspunktes. Die Anrainer, welche sich gegen den Bau aussprechen, sind auch großteils auf der SPÖ-Liste für die Gemeinderatswahlen zu finden. Bürgermeister Hubert Almberger (VP) befürwortet das Projekt: „Wenn man sich die Daten und Fakten anschaut, kann man nicht dagegen sein.“
„Wir gehen bis zum Volksanwalt“
Die Bauverhandlung soll in Kürze stattfinden. Geplanter Baustart wäre März. Die Anrainer kündigten an, den Volksanwalt einschalten zu wollen. Johanna Monitzer
Bilder:
1) Franz und Cornelia Seiwald sowie Oliver Endstrasser (v.li.) wehren sich gegen eine neue Zufahrtsstraße.
2) Das Bild zeigt die derzeitige Zufahrts-Situation Winkl-Sonnseite.
3) Die Straße soll über den Hügel (re. neben dem Haus, samt Zufahrt) neu gebaut werden – wobei der Hügel 1,5 bis zwei Meter abgegraben wird, heißt es aus dem Bauamt: „Wir sprechen hier von einer vertretbaren Steigung von bis zu zehn Prozent.“ Fotos: Monitzer, Seiwald