Zwischen Passion und Ökologie
„Vom Rohstoff zur Form” – das fünfte Handwerksforum von Netzwerk Handwerk mit mitreißenden Vorträgen, gutem Besuch und einem sehr interessierten Publikum.
Bezirk | Der zentrale Themenbereich des Forums, Handwerk und regionale Rohstoffe, gewinnt gerade im Zeiten der Klimadebatte immer mehr an Aktualität. Netzwerk Handwerk befasste sich in seinem fünften Forum mit dieser Thematik und lud dazu vier Referenten, die das Thema „Vom Rohstoff zur Form“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchteten.
Lehmbaupionier Martin Rauch
Mit Martin Rauch war “der” Lehmbaupionier beim fünften Handwerksforum zu Gast und berichtete über neue Entwicklungen des Stampflehmbaus – eine Jahrtausende alte Bauweise, die nicht nur ästhetisch, sondern vor allem in ökologischer Hinsicht überzeugt. Die Vorteile dieser weltweit bekannten Bauweise begeisterten das Publikum u.a. durch die Möglichkeit, den Baustoff direkt aus dem Aushub zu gewinnen und den Bau zu 100 Prozent recyclingfähig zu gestalten. Erstaunlich ist auch die Langlebigkeit der Stampflehmbauten, die trotz laufender Erosion hunderte Jahre überdauern.
Maßschuhmacher
Maßschuhmachermeisterin Doris Pfaffenlehner aus dem niederösterreichischen Pielachtal lebt vor, wie begeisternd und erfüllend Handwerk für junge Menschen sein kann – auch in einem kleinen Ort am Land. Mit ihrem Projekt “Dirndlleder” (mit Kernen der Kornelkirsche “Dirndl” rein pflanzlich gegerbtes Leder) beweist sie, dass auch “altes” Handwerk mit neuen Ansätzen erfolgreich und ökologisch weiterentwickelt werden kann.
Handweberei
Dasselbe trifft auch auf die Handweberei Tessanda aus der Schweiz zu: Geschäftsführerin Maya Repele schilderte, wie der wirtschaftlich darniederliegende Betrieb mit Qualität, betriebswirtschaftlichen Maßnahmen, gezieltem Marketing und mit modernem Design zeitgemäß und erfolgreich wurde und heute in einer abgelegenen Region 16 Weberinnen erfüllende Arbeitsplätze bietet. Zudem wurde von Tessanda der Flachsanbau wiederbelebt – ein uralter Rohstoff des Alpenraums, der beinahe in Vergessenheit geraten ist.
Anja Diekamp vom Institut für Materialwissenschaft an der Universität Innsbruck schilderte, wie das Thema “natürliche hydraulische Kalke” als Alternative im Bauhandwerk (nicht nur im Denkmalschutz) für die Zukunft erforscht wird und wie Kalk, einer der ältesten Baustoffe überhaupt, als ökologischer und regionaler Rohstoff auch heute wieder erfolgreich eingesetzt werden kann – in Zeiten des Klimawandels ein wichtiges Thema...
Fazit des fünften Handwerkforums
Fazit des fünften Handwerksforums: Handwerk steht in Hinblick auf die verwendeten Rohstoffe vor großen Herausforderungen. Aber mit Blick auf die Klimadebatte bieten Beispiele mit regionalen und ökologischen Schwerpunkten, wie die von den Referenten geschilderten, dem Handwerk auch große Chancen. Das Handwerk kann sich als die ökologische, regionale, reparaturfähige und nachhaltige Alternative gegenüber der übermächtigen Industrie positionieren (und dieser sogar als Vorbild dienen) und so einen wichtigen Beitrag für die Zukunft unseres Planeten leisten.
Bild: Auch ein generationenübergreifender fachlicher Austausch kam durch das Handwerksforum zustande: Maßschuhmachermeisterin Doris Pfaffenlehner und ihre Meisterkollegin Bernadette Baldauf besuchten zusammen mit Andrea Achrainer (Projektleiterin Netzwerk Handwerk) den Kitzbüheler Schuhmachermeister Herbert Haderer. Foto: Ritsch