Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 6 Kitzbüheler_Anzeiger Samstag, 3. Juli 1934 rofctrtige &fOlge im 911inen 6egelflug Der alpine Segelflug, welcher vor Jahren noch fast unbekannt war, wur- de fdurch die aktive Tätigkeit der Ti- roler 'Segelflieger im Lande Tirol sehr gepflegt und immer weiter ausgebaut. Aus kleinen Anfängen heraus tasteten sich die Pioniere auf dem Gebiete des Flugsportes immer weiter in die unbe- kannten Gebiete der AlpQnIänder vor. Besonders entscheidend war die Er- schließung des bekannten Kufsteiner Segeifluggebietes, wo man die ersten brauchbaren Erfahrungen in der Aus- nutzung der Kraftquellen des Luftmee- res praktisch erprobte. Gleichzeitig ver- suchte man, durch die ermutigenden Föhnflüge in Innsbruck, im Gebiet der Nordkette, des Karwendel, und auch über den Hängen des Patsoherkofels, weitere Erfahrungen zu sammeln. Im Jahre 1948 gründete der weit über die Grenzen Österreichs bekannte Segelflie- ger Toni Kahlbacher in Kitzbühel Mit!, einer Handvoll begeisterten und eifri- gen Mitarbeitern den „Segelfliegerclub Kitzbühel". So wurde nun auch diee Gebiet dem Segelflug erschlossen und am Hahnenkamm, dem Wilden Kaiser und dem Horn Versuche unternommen, welche iauch sehr günstige Ergebnisse zeitigten. Aus diesen mannigfaltigen Erkennt- nissen heraus 'entschloß sieh die Tiroler Landesleitung des Segelfluges, den er- sten Wettbewerb um die Landesmei- sterschaft von Tirol im alpinen Segel- flug auszuschreiben. Nach sorgfältigster Vorbereitung und Auswertung aller ia- hep gesammelten und bekannten geb- Ii.sse in der Ausnutzung der thermi- schen und strömungstechnischen Auf windzentren, ging man an die weiterd Erschließung des Alpengebietes in se- gelflugsportlicher Richtung. Dieser Leistungs- und Übungswett- bewerb war nicht gerade von gMünsti gern Wetter begleitet. Trotzdem konnte man bereits in den ersten Tagen Flüge bis zu 64 Kilometer machen, wobei der Zielort St. G-ertraudi umflogen wurde, um den nächsten Zielpunkt Fieberbrunn zu erreichen. Leider ließ die( Wetterlage das Erreichen von Fieberbrunn nicht zu und Flugzeugführer Kahlbacher mußte in Brixen zur Landung ‚nsetzen. Die Übungsklasse konnte vor allem an) Hang ihre Dauerflugaufgabe in ganz hervorragender Weise erfüllen, wobei Flugzeugführer Hartmann vom Segelfliegerclub Kitzbühel einen Flug von über ß Stunden durchgeführt hat. Erst die nächsten Tage gaben eine klei- n -ei Wetterbesserung, sodaß sich Ing.Ha- senknopf aus Kufstein auf seinem ug- zeug „Meise" und Kahlbacher aus Kitz- hühel auf seinem Flugzeug „Weihe" in Richtung Salzburg vom Startplatz Kufstein aus iauf Strecke begeben konn- ten. Beide Flugzeugführer flogen zeit- weise gemeinsam über die schroffen Bergrücken der Loferer Steinberge in Richtung Untersberg. Ing. Hasenknopf wählte nun die Flugrichtung nach dem Gaisberg bzw. ins Haileinertal,während Kahlbacher sich an den Hängen des Unt,ersberges eine größere Höhe holte und in gestrecktem Flug das Salzach- tal in Richtung Schafberg anflog. Ing Hasenknopf mußte nach langem be- schwerlichem Suchen nach Aufwinden und Überbrückung des Hohen Zinken in Steg am Hailstättersee zur Landung ansetzen. Die erflogene Strecke von 110 Kilometer zeigte eine schöne Tageslei stung. Kahlbacher jedoch versuchte an Schafberg sein Glück und mußte: leider auch feststellen, daß es nirgends mehr Aufwind gab. So fand er in Unterach am Attersee einen günstigen Lnde- platz. Seine Ausbeute betrug 102 km. Am letzten Wettbewerbs tag, Sonntag. 13. Juni, stellte sich bereits am Vor- mittag 'ein sehr günstiger Segelwind am Zahmen Kaiser bei Kufstein ein. Die beiden Konkurrenten, Ing. Hasenknopf und Toni Kahlbacher, starteten und 1a-' men in kurzer Zeit auf 1200 Meter, über Kufstein um dann, jeder nach seiner Überlegung, auf Strecke zu ge- hen. Ing. Hasenknopf flog in Richtung Innsbruck, Kahlbacher in Richtung Kössen—Wa.idring. Ing. Hasenknopf konnte dabei unter Ausnutzung aes Tal- windes und der Thermik bis flach Inns- bruck vordringen. Durch diesen Flug' bewies Hasenknopf erstmalig, daß die Möglichkeit besteht die Strecke stein—Innsbruck im Segelflug zu be- wältigen. Dies war nur möglich, weil Hasenknopf unter lallen Umständen jede Chance ausnutzte und dadurch auch schwierigste Stellen erfolgreich über- brückte. Der Streckenflug in Richtung Waid•. ring, von Kahlbacher gewählt, gab be- reits dort zu besonderen Schwierigkei- ten Anlaß, da die geschlossene Wolken- decke keine besonderen Aufwindrnög- lichkeiten zuließ. Kahlbacher mußte mi kleinsten Bangaufwinden das Auslan- gen finden. Nach überaus langwierigem Kreisen in den Steilhängen der Waid- rin ger Steinberge- konnte Kahlbacher die Wolkenbasis wieder erreichen und flog sodann über Lofer in Richtung S.aalfelden weiter. In diesem Gebiet gab es eine aufgelockerte Wolkenbasis und die Sonneneinstrahlung zeigte deutlich Ansätze zur Thermikbildung. Nach ei- nein sehr wechselreichen Flug durch\ das Saalachtal wurde Saalfelden ir, kaum' 200 Meter Höhe überflogen. Nun versuchte Kahlbacher am Westhang wieder jene Höhe zu Jmlen, die not- wendig ist, um bis nach Zell am, See zu gelangen. Hierbei mußte jede klein- ste A.ufwindströmung gesucht und rest- los ausgenutzt werden. Nach intensi- vem Kreisen mit der schlanken ‚Wei- he" konnte Kahlbacher endlich den Hundstein überfliegen und gleichzeitig eine Höhe von 2800 Meter erreichen, Hier fiel nun die Entscheidung, ob der Streckenflug in Richtung Salzachtal— Ennatal fortgesetzt, oder ob der weitaus riskantere Weg über das Alpenhaupt- massiv nach Steiermark gewählt wer- den soll. Der von Kahlbacher gefaßte Entschluß, die Route in dasAlpenhaupt. massiv Richtung Sonnblick zu wählen, bot eine einmalige Gelegenheit, die auch meisterhaft erfaßt wurde. Nach- dem die Wolkenbasis verhältnismäßig' nieder lag - der Großglockner war in Wolken gehüllt -‚ mußte: Kahlbacher jenen Übergang suchen, der frei war, um das Segelflugzeug scher über den Alpenhauptkamm zu führen. Dies war Wohl das schwierigste Stück, weil hier jene Situation eintrat, wo man unter sich kein Landegelände, über sich die Wolkendecke und zwischendurch die Bergspitzen mit den Gletschern hatte. Hier mußten alle segelfliegerischen Raffinessen und sportliches Drauf gän- gertum eingesetzt werden, um diese Schwierigkeiten zu überwinden. An kla- ren stillen Tagen darf man sich den Bergen ganz nähern, ohne Stöße zu spüren. Fegt aber der Sturm über die Gipfel und heult durch die Täler, so kann der Flieger jeden Augenblick in die Tiefe gezogen werden. In solchen Fällen verliert der Flieger den „festen Halt". Sein Blut hämmert in den Adern, während ter auf schaukelnden Schwin- gen, von tausenden Zufallen bedroht, das aufgeregte Luftmeer über den Ber- gen zu bezwingen sucht. Endlich war es so weit, daß sich Kahlbacher bis an die Kammkante des Ankogels he- rangearbeitet hatte, um in kaum 200 Meter Höhe die 3300 Meter hohen Gip- fel zu überfliegen. Nach dieser gelun- genenÜberquerung führte der Flugweg über die Katschbergstraße in Richtung Murtal weiter. Dieser Flug hatte das einmalige Gepräge eines Alpenfluges. Entlang des Murtales gab es 'einen ge- waltigen Höhenverlust, sodaß hei St. Michael im Lungau kaum noch eine Höhe von 400 Meter vorhanden war Nach mühseligem Herumsuchen gelang es Kahlbacher, endlich wieder An- schluß an eine Wolkenbasis in 1800 Meter Höhe zu finden, um unter dieser langgestreckten Wolkenschiehte in Rich- tung Murau vorwärts zu kommen. Das schöne Murtal mit seinen bewaldeten Hingen gab um diese Tageszeit, es war bereits zirka 18 Uhr, bereits die Abendthermik ab. Hier konnte nun Kahlbacher mit geringem Höhenverlust bzw. geringem Höhengewinn das Mur- tal entlang fliegen. Nach einem noch. maligen Höhengewinn bei St. Georgen war aber die letzte Möglichkeit er- schöpft, sodaß mit der zuletzt ;gewon- nenen Höhe Judenburg in Steiermark erreicht wurde. Dort war es dann end- gültig aus. Kahlbacher mußte nun sein Hochleistungs segelflugzeug „Weihe" nach einem neunstündigen Flug, wel-
< Page 5 | Page 7 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen