Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 17. Oktober 1959 seinem neben ihm sitzenden Osttiroler Kollegen: „Ja, die Kitzbüheler, sie wer- den von unseren Versprechungen nicht fetter werden; wir sollten 'halt mit Milli- onen herumschmeißen können, bei so ei- ner Reise". Im St. Johanner Winkl wei- dete auf einem Felde eine Herde Monta- foner Kühe. Dies veranlaßte einen In- sassen des Omnibusses zu der Aussage, daß graue Kühe mehr Milch geben und einen zweiten, daß von diesen der Grau- Käs' herstamme. Na, brixentalerischar gehts auch nimmer! Doch wieder zum Ernst der Reise. Vom Gasthaus „Dandler" ab übergab Präsident Obermoser die Führung an LA. Bürgermeister Hermann G a i s b ich- 1er. Es begann das schlechteste Straßen- stück, das der Bezirk Kitzbühel aufzu- weisen hat. Nur mit Mühe „kroch" der Omnibus den Berg hinauf und unter dem Bahnviadukt durch. Zum Glück war kein Gegenverkehr, sodaß auch dieses Stück mit Erfolg bewältigt werden konn- te. In FLchfilzen selbst standen am Werksgelände die Gemeinderäte, die Herren ingenieure und die Bundesmusik- kapelle Hochfilzen zum Empfang bereit. Die Verspätung hatte sich inzwischen von den 20 Minuten in Kitzbühel auf 40 in Hochfilzen verlängert und sie erreichte in St. Johann mit 80 Minuten die größte Spanne. An der Verspätung hatten aber nicht die Abgeordneten selbst die Schuld, sie ergab sich zwangsweise, da eben im- mer wieder neue Momente auftraten. LA. Bürgermeister Gaisbichi er ver- wies in seiner Begrüßungsansprache au1' die großen Aufgaben, welche der Ge- meinde Hochfilzii in Verbindung mit dem Entstehen des großen Magnesit- werkes der Osterreichisch-Amerikani- schen Magnesit AG. entstanden sind. Es sind dies: Straßen, Kanalisierung und \Vohniingsbauten. Vor allem leidet Hoch- filzen an der Straßenmisere. Während ab Landesgrenze Salzburg in sichtbarer Nähe eine 3,5 Meter breite asphaltierte Straße errichtet wurde, vermisse man auf der Tiroler Seite noch jede Initia- tive von höchster Stelle. Bisher habe sich Hochfilzen in allen Dingen selbst helfen müssen, erwartet aber für die Zukunft das Verständnis des Landtages und des- sen Hilfe. Landtagspräsident KR. Johann Ober- moser beglückwünschte die Gemeinde zu ihren bisherigen Leistungen und sprach den Wunsch aus, daß die Kraft, die in dieser Gemeinde bisher so tätig wirkte, nie versiegen möge. Präsident Obermoser sprach auch von der einmaligen Leistung die von der Leitung des Magnesitwerkes im Aufbau der Anlagen vollbracht wurde. Die Schwierigkeiten, die sich in den er- sten Monaten des Aufbaues in den Weg gestellt 'hatten, wurden in einer Atmos- phäre des guten Willens beseitigt und diesem guten Willen darf die Anerken- nung nicht versagt bleiben. Die Hoch- filzner Bauern, durch das Werk in einer Umschichtung begriffen, sollen mit al- len anderen Gemeindebewohnern das bis- herige gute Einvernehmen weiter pfle- gen, denn die Anlage in Hochfilzen ver- spreche nicht nur für die Gemeinde, sondern für das ganze Land Tirot Be- deutung zu erlangen. Der Präsident sprach dem Leiter des Werkes Hochfilzen Dipl.- Ing. Arnold Awerzger den Dank des Landtages für seine bisherige Tätigkeit aus. Besichtigung des Magnesi twe rkes Da bereits die Dämmerung einbrach, begaben sich die Mitglieder des Land- tages und der Landesregierung, jetzt un- ter der Führung des Werksleiters Ober- ingenieur Awerzger über die 809 Mter lange Bahnbrücke zur Flotation. In der Flotation arbeiten über 400 Elektro- motore. Sie ist, bergmännisch gesehen, die Schwimmaufbereitung des Magnesi- tes, wirkt jedoch wie eine riesige Zentri- fuge, in der das Scheidegut vom Edelgut getrennt wird. Das Magnesit in Hochfilzen wurde be- reits in den Zwanzigerjahren entdeckt. Es war der pensionierte Saalfeldener Ei- senbahner Steger, der als Mineralien- sammler als Entdecker in die Geschichte des Werkes einging. Die Gewinnungs- rechte wurden von der Osterreichisch- Amerikanischen Magnesit AG. Raden- ihein (OAMAG.) bereits im Jahre 1930 erworben. An einem Abbau konnte sei- nerzeit, aber auch 1940 und 1942 bei den neuerlichen Versuchen, nicht gedacht werden, da das Hochfilzener Magnesit- vorkommen zu viel fremdes Gestein auf- wies, so daß au einer Auswertung nur bei Aufwendung großer finanzieller Mittel gedacht werden konnte. Diese Mi ttc1 standen seinerzeit nicht zur Verfügung. Heute, nach Errichtung der Flotation, ergibt das Hochfilzener Vorkommen 0- sterreichs besten und wertvollsten Magne- sit, der nur noch von jenem Material, das aus Seewasser gewonnen wird, über- troffen werden kann. Die Werksseilbahn wie auch das große Förderband der großen Bahnb'rüeke sinnt in der Lage, stündlich zehn Waggon Rohmaterial einzubringen. Die Produk- tion wurde bereits aufgenommen, jedoch wird das Edelmaterial noch ungebrannt nach Radenthein per Bahn verfrachtet. Erst wenn der 102 Meter hohe Hochofen in Betrieb genommen wird, und damit ist Mitte November zu rechnen, wird das Werk in Hchfilzen selbständig und un- abhängig vollwertigen Magnesit erzeugen können. Der Aufbau des Werkes ist bis auf ein Zehntel der Anlage beendet; der bisherige Geldaufwand betrug an die 450 Millionen Schilling. Die heutige Zeit ver- langt eine Gegenüberstellung in Geld- wert, um die Gewaltigkeit des Unter- nehmens jedem einzelnen vor Augen füh- ren zur können. (Die Finanzierungssumme stammt aus offizieller Quelle: in die- sem Falle aber nicht von Oberingenieur Awerzger.) In die Gewinnungsmethode können wir unsere verehrten Leser nicht einführen, da dazu der beschränkte Raum unserer Zeitung nicht ausreichen würde. Es sei aber noch festgestellt, daß die Flotation in Hochfilzen, in der das „taube" Ge- stein vom edlen geschieden wird, die größte und modernste Anlage ihrer Art in Osterreich ist und zum großen Teil von Oberingenieur Awerzger geplant wurde. Dipl.-Ing. Arnold Awerzger, der aus dein 1-lauptwerk der OAMAG. in Raden- thein stammt, hat sich Tirol schon lange verschrieben. Er kennt die Skigelände von Kitzbühel und St Christoph, war Skilehrer unter Hannes Schneider nd befand sich 1956 mit Prof. Kinzl auf einer Südamerika-Expedition. Gegenwär- tig arbeiten im Werk Hochfilzen, ein- schließlich der Baufirma isola-Lerchbau- mer, Spital a. D., an die 950 Personen. Kirchenumbau in Hochfilzen Der hohe Besuch wurde vom Werks- leiter zu einem kleinen Imbiß in die Werkskanzlei geladen. Dort überraschte Pfarrer Heinrich Thaler, seit 1957 Pfar- rer in Hochfilzen (1923 in Innsbruclt geboren) mit einem neuen Kirchenpro- jekt. Die alte ist zu klein geworden. 1957 hatte Hochfilzen noch 710 Ein- wohner; von den 3266 ha Grundflächen entfielen nur 173 ha auf Äcker, 265 auf Wiesen und nur knapp ein Hektar auf Gärten. 1512 ha waren Wald, 511 un- produktiv und 365 Weidegebiet. Von der OAMAG. wurden im gleichen Jahre elf Güter aufgekauft, darunter die sogenann- te „Reisch-Weide", an der sieben Bauern partizipierten. Der Aufschwung, den Hochfilzen durch das neue Werk zu neh- men gedenkt, wirkt sich personell erst in den kommenden Jahren aus. Die Kir- che ist aber mit den inzwischen rund 200 Zugewanderten Personen schon zu klein geworden und daher denke man an einen Ausbau der alten, 1745 erbauten Kirche. Auch diesem Gedanken stand, architektonisch gesehen, Oberingen ica r Awerzger Pate, nachdem Seine Exzellenz Erzbischof Dr. Andreas Rohracher zu Salzburg den Auftrag zum Kirchenbau gegeben hatte. Das Projekt der neuen Kirche sieht einen Anbau vor, der an die Südseite der alten Kirche errichtet werden soll. Dadurch wäre es möglich, daß der Gottesdienst während des Um- baues fortgesetzt werden kann. Nach Vollendung des Zubaues erfolgt der Durchbruch zur alten Kirche und damit die Vereinigung. Die Pläne stammen von Dipl.-Ing. Walter Petri, Werksingeni- eur von Hochfilzen. Die neue Kirche er- hält einen Fassungsraum für 450 Perso- nen. Pfarrer Thaler bat den Präsidenten und die Mitglieder des Tiroler Land- tages und der Landesregierung das kirch- liche Werk in Hochfilzen ZU unter- stützen. Die Weiterfahrt des Omnibusses nach St. Johann verzögerte sich am Hochfil- zener Bahnschranken um weitere zehn
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