Kitzbüheler Anzeiger

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_____28 vril 1g62 Einstieg im ersten Turmgschoß sowe dr im Dachboden der Kirche gut wahfl- ne.hmhere Ansatz eines steilen Giebel- daches eine Vorstellung von den. Maßen der ersten, sicher romanischen Kirche an dieser Stelle, die dein 1131 erwähn- ten Gotteshaus ohne Bedenken gleichzu- setzen ist. An schriftlichen Quellen ist wenig vor- handen: 1320 und 134.5 erhält die Kirche wiederholt Ablaßbriefe (die im Mine!- alter gan.gbarsic Form indirekter Sub- vention!), was unschwer au eine rege Bautätigkeit gedeutet werden könnte. Am 5. Juni 1518 weiht Bischor Berthold Piirstioger ' an Chiemsee auf dem Musik- chor einen Altar zu Ehren der ielver - ehrten. Bergwerkspatroniii St. Barbara. 1746 hören wir wieder von der \Veih' mehrerer Altäre, sodaß 1834 noch deren sieben aufgezählt werden konnten. Leider hat die. durchgreifende „Regoiisk'ruug 1864-1868 den gesamten Bestand ba- rocker Einrkhiungsgegenstände vernich- tet (und die Altäre bis auf drei abge- tragen). Die letzte gründlichste fnstanci- setzung des Gotteshauses 1969/61 er- suchte diese Schäden wieder gut zu ina- ehen. Es gelang nicht nur die herrlichen Barockfresken wieder zur gänze frei- zulegen, sondern auch dem 1 nuenraum ein einheitliches spätbarockes Gepräge zu gehen. Durch die Vorhalle, vorbei am Re- naissance-Grabstein des Abtes Paul Ed- unger (gest. 1336) betreten wir das Innere und lassen zunächst den Raum als Gesamtheit auf uns wirken. Mit senrn ausgewogenen \iaßen von 24.5: 10.5 m erkörpert er dcii Typ einer l)orlkirehe obcrbarischer Prägung (Die Fjerrschafi Kitzbilhel gehörte bis 1304 zu Bayern). Das behäbige dicijochige Langhaus setzt sich in gleicher Flöhe im zweijachgen Chor mit 3/8-Schluß fort. Das vornehm- lich ich mi Süden kommende Licht macht den Raum warm und die großleils ge- schlossene \ordv and verleiht ihm ejuc befriedigendl, Geschlossenheit. Der nur mäßig eingezogene Chor bildet zusam- ruen mit (leni Langhaus einen aigiini. 1 sehen Raum. wohl sinnen fällieer \ii- druck dafür, daß die Geheimnisse Gkuibens den erhabensten Besitz es Menschen darstellen, aber keine fein. unnahbare Macht sind, der man sich nur unier Furch( und Zittern nahen dürfe. All diese Merkmale Ias9ea uns den Bau der Kirche der letzten Blüte bay- rischer Dorfbaukunst in der Gotik zu- ordnen: um 1460/1300 wird er fertig gestellt worden sein - 1491 ist die Weihe des Hochaltares erfolgt. Nur wenige, jedoch hochbedeutsame gotische Figuren sind auf uns gekom- men, die dem ursprünglichen rechten Flügelaltar angehört haben: St. Florian, Katharina und Magdalena.)ie bewegte schüsselige Gewandfaltung. ihre bürger- lich-indivi.duclle Charakterisierung und die weiche, eher passive Gesamthaltung lassen sie als hervorragende Arbeiten c- Äeigt nes unmittelbaren \\'erkstattgeno5en des Halleiner Bildschnitzers Andreas Lackerr um 1520 erscheinen. Die beiden Jetzi an der Nordwand der Kirche angebruh- ten Statuen, der lii. Thomas von Catiter- bur'1 (mit Kirche) und der lii. Adolar (?) gehören dem gleichnamigen Fihialkirch• 1cm an und dürften ein .Jahrzehnt fruher entstanden sein. Fn.d doch bestimmt heute ein Zweitei Faki tr den überaus farbenfrohen. leben- digen Gesaniceindruck des Gotteshauses: Das Barock hat ihm in dem großen Freskeiizvklits der Decke und den neu erworbenen Altären seinen Stempel gläu- biger Diesseitsheahung iln(f abgeklärter Seligkt'ii aulgedrück. 1:49 erteilte der Ab an Rott dem berühmten Maler Simon Den edik r F a i - steuherger (11i95-1759) für 300 ii den \uftrag zu Deckeniresken in St. Ul- rich. den der Meister aber erst nach 151 ausliihren konnte. Simon Benedikt, (1er bedeutendste Vertreter dieser weib-er- zweigten K itzbüheler Künstlerfam'l:e. blieb zeitlebens der Malweise seines Leh- rers Job Michael Ruttniavr verhaftet. Seine flüssige Komposition betont mit Vorliebe die plastisclie Haupt gritp PC, während er dem dekorativen t3eiwrk nur u ii tergeordnet i' Bedeutung hei in ißt. Unser Freskenz)klus gliedert sich in (lt -ei große Szenen: 1her dem Priester- chor: Die Glorie des Kirchetipatrons, den das ..l1riehskreuz' an der Brust deutlich als . den Bischof von Augsburg aus Cist. Die Für Faistenbergcrs Späisiil keim- zcichn en(1e Ruhe liegt über der herr- lichen Komposition. Eine vci'schweider- sehe Pracht zeigt die Gruppe LIIIi Gott Vater. (fesselt Weltkugel Engel und A t - lauten stützen. Die llahmetimalerc'icn konnten erst 1960 wieder freigelegt den: piittenhesetzte \ oluten wt'ehsehi inh Begebenheiten aus dem leben Si. Ul- richs.' die ihn als In lila uni gfaehter Kraitkhei t (links) und als Fa t ran e:in er guten Sterbestunde (rechts) darstellen. 1w mittleren Rahmenbild scharen sieh twter tier Führung St. Augusthis ier Hei'ige tun (hie Gottesuintier. l)eni gro- ßen Got cegefehrten (in i t dem etit flamm- ten iEerz in der Linken) gegenüber kniet seine heilige Mutter Monika, die eben aus der Hand Mariens einen schwarzen Gürtel erhält. 1673 war nämlich an die- ser Kirche die Bruderschaft .MariaTraste gegründet wordeit, deren Mit,gliedler zum Zeichen der Abtöning und Buße einen schwarzseidenen Mantel trugen. Der E herlieferung nach sollen Monika und .\ugustinus diese l'romme [ Innig begrün- det haben. in der anderen Hälfte des Bildes befreit die mächtige Gestalt de hi. ugustiner-Eremiten Nikolaus von To- lentino (gest. 1306) mit diesem Gürtel Arme Seelen aus dein Fegefeuer. Die. Darstellung dieser augustin isch en Or- densfamilie war sicher dem Einfluß der Augustiner Chorherren des Stiftes St. Ze- no bei Reichenhall zuzuschreiben, das 1238 mit dem Patronatsrecht von St. TM rieb belhn wurde. Die Jahreszahl 1700 in der Kartusche Über dem Chorbogen bezieht sich nur auf bauliche Verande- rungen in der Kirche. Das dekorative Beiwerk (Bandornamente und Vasen) war ebenfalls erst 1960 freigelegt worden. Das Medaillon über dem Orgelchor endlich hat. den Ordensvater St. 'Bene- dikt zum Thema. Eine wahre Patriar- chengestali - so steht er im wallenden Habit da. den Blick. gläubigen Vertrau- ens nach oben gewandt, wo das Licht göttlicher Majestät ihn umstrahlt. In dra- niatisch bewegtem Kampf stürzen die hiisen (;cistel-, ‚getroffen von den Blitz- trah1ett St. Michaels. in den Abgrund. während der Erzengel dcii siegreichen Beiiediktussehild emporhebt. Desgleichen zählen der Rabe mit dem Brot und der Kelch, dem die Giftschlange entweicht, zu den Kennzeichen des Mö.nchsvaters. Von dci- Balustrade im Hintergrund aus blicken hohe geistliche Würdenträger herab, deren Gebärdensprache vermut- lich auf den Bau der Kirche zu dutn ist. l)it' breitenGewölhezwiekei fülltFai-. sienberger in kühner Komposition mit den Evangelisten und vier großen ahe-iid- ländischen Kirchenlehrern. Diese Bilder wie auch die Geißelung und Dornen- krönung .Jesu in den Sp'itzbagenl'eldern der 1\ o rdi and va ren ein Jahrhundert lang. 'erhargen. Die Einrichtung der Kirche gehört nicht zu ihrem gewachsenen Bestand, fügt sich aber dennoch vortrefflich in dcii Gesamtrahmen ein. Der Hochaltar stammt in seinem Au!'- bau aus der Pfarrkirche Kaprun, ciii \\ eck im Laub- und Bandelstil von 1736. Große Partien daran sind aber ergänzt. i)ie. thronende Madonna, eine gute Ar- beit eities Pinzgauer Schntzers um 1680 stand ursprünglich in St. Martin / Lofer. Der überaus chinkk Baldachin wird bei dem ursprünglich höheren Altaraufbat; sicher nur transparente Funktion gehabt haben Der linke Seitenaltar zeigt das einst iclvecehrte Gnadenbild ..Maria rlrost \ 001 schwarzen Gürtel" (Original in St. Giaconio / Bologna) in einem herr- lichen Rahmen von zirka 190. Der kleine .Josel's'altar gegenüber (zirka 1740) 5tanlnhI aus der ehemaligen Kapelle beint Gasth.au .Sebi in Niedei'ndorf. Die Kanzel konnte von Taufkirchen a. d. Tra tinach an gekauft werden und fügt sieh ebenso wie die großteils alten Wan- gen der Kirchenstühle vorzüglich in den (;e.sanitraum ein. Der barocke Kreuzweg an der Empore ist eine Leihgabe dei- Filialkirche St. Adolar. Vollends machen das edle Kommuniongitter und der vor- nehme \larm orboden den harmonischen Gesamteindruck geschlossen. Die vier Glocken lieferte 1957 Fa. Pfundner in Wien. Würdigung. Den strahlenden Festsaal eines heiligen Theaters — so hat man treffend das Barock gnamit. Eben diese Epoche, der das Leben in Gott nicht Last, sondern Lust bedeutet, den 'Baum-
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