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Seite 4 Kitzbü.heler Anzeiger Samstag, 30. Juni 1962 „Osttirols großer Tag ist heute ge- kommen. Nach jahrzehntelangem Be- mühen der um das Wohl des Bezirkes besorgten Männer, nach all den An- strengungen verschiedenster 'Körperschaf- ten und Tnstitutiouen krönt die heutige Feier des ersten Spatenstichs für den Bau der Feibertauernstraße diese Arbeit und diesen Einsatz im Dienste der Heimat. Die Bedeutung, der Straßen über oder durch den Alpenbogen ist nicht erst durch die Entwicklung des Kraftfahr- zeugverkehrs entstanden. JedenfaIls schon seit der Römerzeit waren weitblickende Herrscher bemüht, Verbindungsiwege zwi- schen den Völkern nördlich und süd- lich der Alpen zu schaffen. Es mag das Interesse an diesen Wegen in dem Be- streben der B e;herrschung anderer Völ- ker öl- ker oder in der Intensivierung des Wa- ren- und Güteraustausches gelegen ge- wesen sein.. So dienten die 80 Heerzüge der deutschen Kaiser über die Alpen nach Italien in der Zeit von 950 bis 120 der Sicherung ihrer Herrschaft und der Gewinnung der Kaiserkrone. Ver- kehrsprobleme waren daher schon im- mer wesentlich für unser Land und sind auch heute noch schicksal sh estimm end für Tirol. Die einstige strategische Be- deutung der Alpenstraßen ist heute al- lerdings im Zeitalter der Atomkraft und der Raketenwaffen mehr oder weniger vorbei. Geblieben ist jedoch der Güter- austausch. Denken wir nur an die Ent- wicklung des Fernlastverkehrs und da- zagekommemt ist der immer mehr an Bedeutung gewinnende Reisestrom der Urlauber und der Menschen, die Er- holun.g suchen. Die wintersicheren Alpenübergänge über ‚Brenner und ‚Resche« stehen heu- te keinesfalls mehr konkurrenzlos da. Besonders in der Schweiz wird keine Mühe gescheut und kein Geld gespart, um den von der Deutschen Bundes- republik nach Italien strebenden Tau- ristenverkehr aufzunehmen. Ende 1963 wird der Tunnel durch den Großen St. Bernhard und Ende 1965 die Bernhardin- straße mit dem Bernhardin-Tumel dem europäischen Nord-Süd-Verkehr zur Ver- fügung stehen. Die Autobahn Hamburg—Basel und die Schnellstraße München—Lindau stellen für die Schweizer Pässe wichtige Zu- bringerstraßen dar. Tirol darf daher nicht säumig sein und muß sich gegen eine westliche Umfahrung tatkräftig zur Wehr setzen. Die Felbertauernstraße hat heute vor nehmlich inneösterre,ichische Bedeutung. 156 Kilometer Luftlinie liegen zwischen den wiiitersieheren Alpen iibergä'ngen ‚Brenner und ‚Katschberg. Dieser lange Teil des Alpenhauptkainrns wird nun ungefähr in der Mitte durchstoßen wer- den. Dies bedeutet eine Verbesserung der Zufahrtsmöglichkeiten zu den. Kärnt- ner Seen, wie auch eine Hebung der Bedeutung der Bundesstraßen über den Gerlos-Paß und den Paß Thurn. Auch in Deutschland hat die Errichtung die- ser neuen Straße bereits ein sehr gutes Echo ausgelöst, rückt doch für den Bür- ger der Deutschen Bundesrepublik der Süden auf diese Weise wieder ein Stück näher. Es ist auch kein Geheimnis, daß in, Italien ein Straßenprojekt Venedig— Cortina—Toblach besteht. Die Felber- taucrnstraße würde damit über Licnz Anschluß an diese Venedig-Strecke fin- den und über ihre inneröslerreichische Bedeutung hinauswachsen. Bei allen Efberlegungen darf natürlich niemals der ursprüngliche und vordring- lichste Zweck dieser neuen Alpenstraße übersehen werden: Er ist und bleibt ein innertiroli- seher. Nur diese Tatsache rechtfer- tigt die großn finanziellen Opfer, die das Land Tirol und Tiroler Gemein- den zct bringen bereit sind. Sicher werden auch der obere Pinz- gau und Teile Oberkärntens einen be- achtlichen Vorteil von dieser neuen-Stra- ße haben. Für Tirol handelt es sich aber nicht nur um wirtschaftliche Vor- teile. Für unser Land bedeutet die Fel- bertauernstraße schlicht und einfach de so notwendige Verbindung zwischen dem Bezirk Osttirol und Nordtirol. Es ist auf die Dauer untragbar, daß der Weg van Innsbruck nach Lienz über fremdes Staatsgebiet führt. Der Bau der Ed- bertauernstraße ist damit eine Folge- erscheinung jenes Unrechts, das dem Lande Tirol vor nunmehr über vier Jahr- zehnten durch die willkürliche Zerrei- ßung der L andeseinheit angetan wurde. Das ist die bittere Seite dieses großen und begrüßenswerten Vorhabens, die aber nicht übersehen werden kann; Bei der heutigen Feierstunde muß der Name des Mannes erwähnt werden, für den der Kampf um die Felbertauern- straße zu einem ilerzensanliegen wur- de. Es ist dies Nationalrat Franz Kra- ueb itt er. Er hat in den letzten Jahren die zuständigen Stellen beim Bund und beim Land unentwegt bestürmt, damit der Bau dieser Straße Wirklichkeit wer- de. Es konnte vorkommen, daß National- rat Kranebitter in der Woche zweimal in Innsbruck auftauchte, und sein Er- scheinen nicht immer gerade Begeiste- rung auslöste. Aiber er hat es geschafft und zu diesem Erfolg möchte ich ihn ganz besonders beglückwünschen. Das Land Tirol hat mit den über- nommenen finanziellen Verpflichtungen eine große Sorge mehr auf sich geladen und doch wird die Richtigkeit dieser Entscheidung nicht nur heute, sondern insbesondere in der weiteren Zukunft ihre Anerkennung finden.. Anerkennend muß auch die Tatsache hervorgehoben werden, daß der Bund mit einem so beachtlichen Anteil sich an der Gesellschaft, die diese Straße baut, beteiligt. Sicher entspricht die Er- richtung der Felbertau.ernstraße einem echten österreichischen Verkehrsbed.ürf- nis, aber seien wir ehrlich, wie viele echte Verkehrsbedürfnisse gibt es in Osterreich, die noch einer Lösung har- ren. Und deshalb möchte ich hier allen jenen Männern danken, die sich n den Ministerien in Wien für die Verwirk- lichung dieses Bauvorhabens eingesetzt haben: Allen voran Herrn Finanzminister Dr. Klaus und Herrn Alt-Finanzminister Dr. Hcilingseizcr sowie den Herren Sektionschef Dipl.-Ing. Seidel und Ministerialrat Dr. Keller. Auch jenen Gemeinden, die sich ent- schlossen haben, sich an der Felber- tauernstraße A.G. finanziell zu beteili- gen, sei hier für ihr Mitwirken öffent- lich gedankt. Dies gilt besonders für jene Gemeinden, die sich nicht einen unmittelbaren Vorteil von der Errich- tung dieser Straße versprechen können, sondern aus dem Grundsatz der Solidari- tät zu den Osttiroler Gemeinden ge- standen sind. Selbstverständlich gebührt auch dem für die Feibertauiernstraße stets aufgeschlossenen Tiroler Land- tag, an der Spitze Herrn Landtags- präsidenten Kommerzialrat Johann Ohermoser, aufrichtiger Dank. Sehr geehrte Festgäste! ich kann einen so bedeutsamen An- laß wie den heutigen nicht vrtbei_ gehen lassen, ohne wieder einmal auf das Unrecht hinzuweisen, das die Ver- teilung der Bundesstraßenrni ttel nach dem sogenannten Kilometer-Grund- satz für ein Gebirgsland bedeutet. Das Land Tirol hat 991 Kilometer Bundes- straßen. Die Zuteilung der Bundes- straßenmittel erfolgt nun entsprechend dem prozentuellen Anteil dieser 991 Kilometer an der Gesamtlänge des Bundesstraßennetzes in Osterreich. Nun ist aber Kilometer nicht gleich Kilometer, jedenfalls nicht, wenn es um die Bau- oder Erhaltungskosten einer Straße geht. Zwischen den 2,5 Millionen Schilling, die ein Kilometer 7.5 m breite Bundesstraße im Flach- land kostet, und den 8 MillionenSchil- die den heutigen freudvollen Tag desIn erster Linie wollen wir aber heute Baubeginns der Felbertauernstraße an- gemeinsam demjenigen danken, von dem bahnen geholfen haben, wird der Herr alles Leben, alle Einsicht, alle Kraft Landeshauptmann von Tirol zum Aus- zu großen Werken und aller Segen aus druck bringen. geht: Dem Dreieinigen Gottl' £anÖeEjau,tmann or. s)aU6 Zfdjiggfrt>tj r 3eiebnete Ri4bijbet burctj feine Untuefeneit bei ter rünbungterjammfun ou*S
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