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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. Juli 1963 Naturkraft der Sulzmüllner Sepp besessen hat. Ihr könnt es schon glauben, liebe Leser, sie sind nicht aufgeschnitten. Daheim bei der Sulzmühle zu Gasteig bei Kirchdorf ist es zum Mistführen. Sepp hat ein saggrisches Mistfuder aufgelegt. Dem Bauern, der mit seinem Roß aus- hilft, wird ganz schwindlig, wie er das große Fuder sieht und sagt: „Sepp, 1 moan, dös weascht mein Roß schiaga nit dapackn." Sepp sagt darauf: „Moanst? Ofta nocha ziach is halt außi!" Und Sepp hat das schwere Mistfuder wirklich hin- ausgezogen. Der Ruapperer Wast und der Sulz- müllner Sepp haben einmal im Winter Schiefersteine von Hinterberg heraus- geführt. Da ist auf einmal dem \Vast die Sperre gebrochen, gerade an der Stelle, wo es recht steil hinuntergeht. „Gotts Nam, betn damma nit", schreit er und ist auf den Schlittn des Sepp darauf- gefahren. Der Sepp aber macht keinen Rührer und hält mit seiner Fuhr den auf seinem Gefährt aufgefahrenen Schlitten des \Vast auf. Als Mautwirt zu Kirchdorf ist der Sulzmüllner weitum bekannt gewesen. Schon seine Wirtsstube war eine Sehens- würdigkeit. Eine Wand war voll mit Uhren behangen, denn er hat mit seinen Händen, die so groß waren wie ein Teller, Uhren, auch winzig kleine, repariert. Sepp hat als erster in Kirchdorf einen Gram- mophon besessen, „a Maschin, die betn ku", haben die Leut gesagt, weil er näm- lich eine Platte hatte, die das „Vater un- ser" spielte. Starke Menschen sind meist gutmütig. So war auch der Sulzmüllner-Sepp „a guata Tuscha", wie man sagt. Wenn es ihm aber zu laut in der Wirtsstube her- gegangen ist, dann hat er nur gesagt: „So Manda, iatz ist gnuag, iatz moan i gemma." Wie die „Schwaben", die das Licht nicht leiden mögen, sind dann die Manderleut verschwunden. Einmal haben aber zwei ganz fest geglaubt, sie können sich mit Sepp spielen. Da ist er langsam zum Tisch hingegangen, hat die zwei gleich- zeitig beim Hals gepackt, hinter dem Tisch herausgehoben, über seinen Kopf mit ihren Schädeln. aneinander geschlagen und dann übers Kreuz geworfen, als wenn sie zwei „Hodanmandeln" wären. Für einen Spaß hat der Sulzmüllner- Sepp immer etwas übrig gehabt. Furcht- bar eilig hatte er es einmal beim Heuen, weil ein schweres Gewitter heraufzog. „Teifi", denkt sich der Sepp, „jetzt kommts schon und ich hob noch ein Fuder draußen." „Gehts, helfts ma gach, das Fuda eichaziachn", schreit er zwei Knechten zu, die gerade in der Nähe wa- ren. „Ja, Sepp." Der Sepp steigt in die Deichsel und zieht. Die zwei Knechte heben hinten zurück, daß ihnen fast die Adern Zerspringen. Wie das Heufuder in der Rem drinnen gestanden ist, hat der Sepp ganz gutmütig gemeint: „Donk enk Gotts tausendmal fürs Aschuinghebn. Oba iatz verdruckts enkt" Es ist klar, daß ein Unterlandler gern ranggelt. Sepp hat es auch gern getan. In Kirchberg war einmal ein Preisranggln. Der Zimmerauer-Gidi, da Hoagmoar von Tirol und Salzburg und der Sulzmüllner- Sepp sind gegeneinander angetreten. Wer wird etwa Sieger sein? Die einen haben auf den Zimmerauer-Gidi, die anderen auf den Sulzmüllner-Sepp gewettet. Es wurde ausgemacht: Wenn keiner den an- deren nach einer Viertelstunde geworfen hat, dann soll keiner Sieger sein. Los ist es gegangen. Den Zuschauern ist Hören und Sehen vergangen, wie der.Sepp gleich nach der ersten Minute den Gidi gewor- fen hat, daß nur so die Knochen „ge- scheppert" haben. Dann ist Sepp auf den Zimmcrauer drauf gekniet, bis die Viertelstunde um war. Hätte Gidi einen Rangglergriff anwenden können, wäre es anders ausgegangen. Nach der Viertel- stunde hat Sepp gemeint: „Saggara, dös hat dagebn, dos Niedahebn." Sulzmüllriers Spezialität war aber das Haggiziehn! Darin wurde er auch weit- bekannt. Besonders durch den Wettkampf in Wien, beim Haggiziehn Wien : Tirol; das aber eigentlich eine Konkurrenz Wien gegen Leukental war. Uber diesen Kampf wurde auch in der „Tiroler Tageszeitung", Ausgabe vom 8. März 1958, unter (kth) eine „Jubiläumsreportage" zur 60. Wie- derkehr des Kampftages veröffentlicht. 1898 war es, wie einmal der Bärenwirt von St. Johann Wolfgang Grander zu „Weandorf" unten war. Wien war zu dieser Zeit die Stadt der stärksten Män- ner. Der Bärenwirt hört einmal gar so furchtbar über die Kräfte der Wiener auftrumpfen, so daß es ihm entschlüpft.- „Geit ntschiüpft : „Geit bei ins a starche Leit.” „Wo, wear, was stemmans?" sausen ihm die Fragen um die Ohren. „\Vas stemman, woaß i nit, oba was sö haggin, dös woaß i. An Sulzmüllner ku do koana un, dös megs ma glabn." Und so haben sie dann aus- gemacht, daß Wien gegen Tirol im Haggl- ziehen antreten soll. Der Sieger bekommt tausend Gulden und einen Lorbeerkranz. Der Bärenwirt ist gleich darauf heim- gefahren und hat ein Komitee gegründet, das die Wiener Geschichte organisieren soll. Sulzmüllner Sepp war gleich einver- standen mitzumachen, als er gefragt wur- de. Und so sind die Tiroler nach Wien hinuntergefahren, wo der „Mordsl oda" von einem Sepp großes Aufsehen erregte, wie man sich denken kann. Auch die anderen Mander, die noch mitkamen, wa- ren aber auch keine Zwerge. Im „Etablissement Hosenhügel" wurde der Wettkampf ausgetragen. Die Wiener hatten einen ganz berühmten Athleten, der einen Weltrekord im Stemmen errun- gen hatte, den Franz Stähr, als Partner für den Sulzmüllner aufgestellt. Wie das seinerzeit in St. Johann bekannt wurde, daß die Kaiserstadt den Champion-Ath- leten Stähr nominiert, rieselte Grander die Gänsehaut über den Rücken und er bereitete Sulzmüllner schonend auf diese Hiobsbotschaft vor. Vorsichtig erkundig- ten sich die Leute über die Kampf aussich- ten und Grander meinte nur geheimnis- voll: „Da Sulzmüllner is a Urviech, dös kennts ma giabn." In Wien wollte das Komitee den Sulzmüllner „kasernieren' und ihn in ein Hotelbett stecken, von wegen der Kondition. Dieser aber wurde „saugrob". Mit dem populärsten Ausspruch Geheimrat Goethes zog er los, um „Wien kennenzulernen". Ängstlich folgte das ge- samte Komitee den Spuren Sulzmüliners, um den Kämpfer vor schädigenden Ein- flüssen des Großstadtlebens zu bewahran. Als diese Leukentaler Bauerngestalten über die Ringstraße pilgerten, staunten die Wiener, denn das war geballte Kraft, was da aufmarschierte. (Fortsetzung folgt)
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