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Samstag. 20. Juli 1963 Kitzbüheler Anzeiger eite RaHggler-Chronik Festschrift zum „Prä-Ranggln" 1963 in Kitzbüffiel Sonntag, 21. Juli 1963 auf dem Kapser Sportplatz 3. Fortsetzung gebaut; die Joppe ausgezogen und über Von unbändigem Hogmairstolz waren die rechte Schulter gehängt, die Pfeife auch Franz und Sepp Wintersteller im Mundwinkel, auf dem linken Ohr das beseelt. Der Freiheitskämpfer Rupert \X/in- runde Hütl mit dem Antenhaggei, dem tersteller III. war ihr Vater. Der jün- Kennzeichen des Hogmairs. Der etwas gere Sepp, ein schön gewachsener, schnei- wiegende Gang verlieh seiner Erscheinung diger Mann, hatte es noch „eiliger", ir- etwas Schmissiges und Kampfbereites. gendwo etwas „aufzurührn", wie der Vor einem der Schienenhaufen stehen mehr friedfertigere Franz, der aber dop- bleibend, blitzt er mit seinen Augen shel- pelte Kraft besaß. Franz war ein so ge- misch den danebenstehenden Ingenieur waltiger Esser, daß er kaum genug ver- an und fragt, mit der Hand auf die diente, um seinen Hunger zu stillen. Er Schienen deutend: ‚Mag i aft a so a Stan- übernahm am liebsten schwere Akkord- gei mitnehma? Der Ingenieur lacht hell- arbeiten, Steine- und Hotzlieferungen, auf und meint höhnisch: ‚Warum denn Schlägerungen und dergleichen, wo er sei- fit, soviel d'magstl' Der Bauer schiebt ne Kraft voll anwenden konnte. Da war seine Pfeife in die Rocktasche, ergreift ihm dann ein Star Mehl und bei 10 mit beiden Händen eine der Schienen in Pfund Butter die Woche der benötigte der Mitte, hebt sie mit Leichtigkeit, als Bedarf. Trug's dies nicht, dann war der ob es eine Holziatte wäre, auf, schultert Hunger sein ständiger Begleiter. sie und geht dahin. Er ist schon fast bei So kam er einmal (Johann Filzer, der Innbrücke, bis sich der Ingenieur von Kitzbühei, in den Tiroler Heimatblättern, seinem Schrecken erholt hat und ihm 6/1923) im bayrischen Vorland recht nachschreit: ‚He da, Landsmann, das gibts hungrig vom Wald her in ein Gasthaus niL' Der Bauer ließ sich aber nicht irre- und schaffte sich ein Mus für sechs machen. ‚Gschenkta, gschenktan nimina Mann an. „Aber fett und gnuag" setzte gebn!' gibt er zurück und setzt still lii- er der Kellnerin bei. inzwischen trank chelnd seinen Weg über die Brücke fort,. er eine Maß Bier. Endlich wurde ihm die biegt in das Bindergaßl ein, lehnt beim Muspfanne auf den Tisch gesetzt. 'tm Auracher Löchl die ‚Stange' an die Haus- anderen Tisch saßen eine Menge Gäste. wand und verschwindet hinter der Tür „Werden schon nachkommen, d'Mander", des Felsenkellers. Kurz darauf erschie- sagte der Franz, „mich hungert, will mal neu vier Eisenbahner, die auf zwei festen allein anfangen." Mit Staunen sahen die Prügeln die Schiene zurücktrugen. Gäste zu, wie dieser Tiroler in der Pfanne 1 Wer war dieser Kraftmensch Wer hantierte, und als er mit der ganzen sonst als der Boarhois! Talauf und -ab Sechsmannportion fertig war, da gab es bekannt als der stärkste Mann im Unter- allerlei Sticheireden. Da stand der Franz land. Ob seiner Kraftproben und Hogmoar- auf und sagte: „Leutin wißts was, habts stückin bewundert und fast einem Na- nie was "hört vom Winterling, der hat tionalheiden gleichgehalten. Er war der an schweren Hinterling. Wenn ich auch i Besitzer des ansehnlichen Boarhofes in für sechs gessen hab, fürchten tu ich a Bichlwang und hieß eigentlich Matthias ganze Stubn voll nit von eurer Gattung." Hofer. Neben der Bauernschaft das Fuhr- Und er hatte diesmal seine Ruhe. Aber werksgeschäft und allerlei Handel trei- wenn dci Sepp hei ihm war, der trieb ‚;i ‚‚ ‚h ihn an, daß er gewaltige Schläge aus- teilte. Eine Berühmtheit repräsentierte im Ti- roler Unterland nach den Winterstellern der „Boar Hois". Hierüber berichtete Ru- dolf Sinwell in den Tiroler Heimatblät- tern 3/1923): „Es war im Jahre 1358 bei Kufstein. Auf den Zeller Feldern jenseits des Tuns ging es zu wie auf einem zerstörten Ameisenhaufen. Ein Gewimmel von Arbei- tern, Aufsehern, Werkführern und Inge- nieuren war bei den Bahnhofsanlagen nach die neue Bahnlinie von Kufstein nach Innsbruck beschäftigt. Berge von auf- gestapelten Eichenschwellen und Eisen- schienen lagen überall herum und war- teten auf ihre Verwendung. Da kam den 'Weg vom Birnberger Wirtshaus herab ein stattlicher Bauer gegangen; etwa dreißig, hochgewachsen, breitschultrig und stark spannte er es aus, warf es samt Ge- schirr auf die Bretter und zog selbst den Wagen weiter. Es hieß allgemein, daß einen Wagen, den der Boarhois nicht zu heben vermochte, selbst das stärkste Roß nicht vom Fleck bringe. Daß er es in der Tat an Kraft mit einem Rosse aufnehmen konnte, beweist auch folgender Fall, der durch Vater Sachsenmaier in Kufstein bezeugt ist. Als dieser einmal abends auf einem „Goaßl" durch den Kufsteiner Wald fuhr, spürte er plötzlich, wie sich sein Fuhrwerk hinten hol) und nicht mehr vom. Platze kam. Sich umschauend, sah er einen fremden Lotter daran hängen, der es zurückhielt und aufzuhocken begehrte. Was blieb an- deres übrig, als dem unheimlichen Gesel- len seinen Willen zu tun? Beim Endacher Wirt stiegen sie auf Einladung des Un- bekannten auf eine halbe Wein aus und hier erfuhr Sachsenmaier, daß sein Fahr- gast der Boarhois sei. Dieser narrte über- haupt gerne die Leute mit seiner Kraft. So erzählte man sich, daß er einst mit einer .Welschen Fuhr", also einer Wein- ladung, durch Rattenberg kam und ab- sichtlich an einer Straßenecke anfuhr und sich stellte, als ob er sich nicht mehr zu helfen wisse. Die biederen Rattenberger Bürger liefen zusammen und gaben sich Mühe, den Wagen wieder flott zu ma- Ägyd Jöehl, Reitherwirt Reproduktion aus einem Gruppenbild 1902. Photo Max Ketzler, Innsbruck. Gerauggelt hat der alte Reitherwirt selbst nicht; er war aber sehr beliebt im Komitee, wegen seiner Kenntnisse und seiner Unbestechlichkeit. Für die Schwergewichtseisschützen unseres Be- zirkes war Agyd Jöchl ein Begriff. Er galt als der beste Schütze weit und breit und hatte das sicherste und verläßlichste Kommando. Bei ihm gab es kein „dreinreden"; ja, das wäre niemanden eingefallen. Er starb am Dreikönigtag 1950 im Alter von 84 Jahren. iJUIIi, LaLiL qll VIi IICI. flhll L.Lii saJJ UIJCI - all Beweise seiner ungewöhnlichen Kör- Perstärke und Rauflust. Zahllos sind die ‚Boarhois-Geschichten', die man sich lan- ge noch von Rosenheim bis zum Brenner erzählte. Nur einige Beispiele aus dcii vielen: Daß er mit dem Kopf die Türen ein- rannte, mit der bloßen Faust ein Pferd niederstreckte und die Ecken von starken Wirtshaustischen abschlug, sechs Zen(- ner schwere Zementfässer frei in der Luft trug und 25 Star Haber (375 kg) zu tragen wetten konnte, ist kaum der Rede wert der Tatsache gegenüber, daß er allein ein ganzes Heufuder oder eine be- ladene zweispännige Hoizfuhr zu heben vermochte; soll er doch selbst einen be- ladenen Zementwagen durch Stemmen auf die Deichsel hinten zum Lupfen gebracht haben. Als sein Pferd einmal eine Bret- terfuhr nicht mehr zu ziehen vermochte,
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