Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 2 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 31. August 1963 Körperschaft beherrschend, und dies trotz der vorangegangenen furchtbaren Brandnacht. Vor der Versammlung wur- de dem Jubilar nahegelegt, in Rück- sichtnahme auf das Brandunglück die Versammlung zu verschieben. Werner sagte: „Nein! Ich bin schon vorberei- tet". Gerade an diesem Tage und bei dieser Versammlung trat die außer- gewöhnliche Persönlichkeit des Jubilars hervor und von prominenten Versamm- lungsteilnehmern konnte man hören, daß der 3. April 1.959 der größte Tag seines Lebens war und es wohl wenig Männer überhaupt gibt, welche ihm in dieser Beziehung hätten das Wasser reichen können. Mit 37 Jahren wurde der Jubilar vom bürgerlichen Ständebund in den Natio- nalrat gewählt. Bei der Bildung der da- maligen Regierung im Jahre 1932, bei der 82 Nationalräte der Regierungspartei und ebenfalls 82 der Opposition angehör- ten, bildete Max Werner das berühmte „Zünglein an der Waage". Freilich war er in außen- und wehrpolitischen Fragen dein Klubzwang unterworfen. In wirt- schaftlicher Beziehung war er jedoch völ- lig frei und es konnte nur mit seiner Stimme ein Gesetz durchgebracht werden. Diese Stellung bewahrte sich bis zum Jahre 1934 und die Geschichte der eu- ropäischen Staaten kennt nur eine Paral- lele zu diesem außerordentlich seltenen Umstand im Frankreich des Jahres 1860. Als Nationalrat konnte der Jubilar ver- schiedene wichtige Probleme der Stadt Kitzbühel nach persönlicher Initiative ei- ner vorteilhaften Lösung zuführen. Dar- unter gehören der Bau der „Schwarzen Brücke" zwischen Kitzbühel und Obern- dorf, der Bau. des Schießstandes, der Um- bau des Bahnhofsgebäudes, die Einfüh- rung des Wintersporttriebwagens zwischen Kirchherg und Kitzbühel und die Errich- tung der Haltestelle Kitzbühel-Hahnen- kamm. 1934 war der Jubilar Abgeordneter zum Tiroler Landtag und 1934/35 Bürgermei- ster der Stadt Kitzbühel. Einen beson- ders großen Erfolg im öffentlichen Leben hatte der Jubilar als Initiator und Ob- mann der Bezirksausstellung für Handel, Gewerbe, Fremdenverkehr und Jagd, wel- che 1927 in Kitzbühel durchgeführt wur- de und welche eine Rekordbesucherzahl von 27.000 Personen brachte. Der Jubilar gehörte auch dem Bauaus- schuß der Hahnenkammbahn an, war ei- nige Zeit Finanzreferent der Bahn und hat bei der Planung und beim Bau dieser ersten Kitzbüheler Bergbahn mitgewirkt. In den schwersten Monaten nach Kriegs- ende wurde der Jubilar als Bezirks- hauptmann angelobt. In dieser hohen Stellung konnte er so manche von den alliierten Kampftruppen angeordnete Här- te gegenüber der Bevölkerung abwenden. Im Jahre 1946 wurde er zum Bezirks- obmann der Fachgruppe Verkehrsgewerbe, 1947 Kassenreferent des Verkehrsvereins, Beirat des Fachhandels Eisen und Stahl in Wien sowie des Fachhandels für Draht und Drahtstifte, Mitglied des Gremial- ausschusses für Eisenhandel der Wirt- schaftskainmer für Tirol, Obmann der Bezirksgruppe der Reichsorganisation der Kaufleute Osterreichs und Vizepräsident der Hauptleitung in Wien, Landesobmann des Verbandes der österreichischen Eisen- händler ernannt. Von 1947 bis 1954 war er Mitglied des Gremialausschusses für Kohlenhandel, von 1947 bis 1950 Landes- obmann der REICHSORGA und seit der Gründungsversammlung der „Kur- und Moorbad Kitzbühel Aktiengesellschaft" steilvertretender Vorsitzender des Auf- sichtsrates. Diese über das normale Maß so 'weit hinausreichende öffentliche Tätigkeit er- ledigt der Jubilar in einmaliger Art und Weise und im Dienste der Gemeinschaft für Wirtschaft und Kultur und als'Pio- hier im Aufstig unserer schönen Heimat- stadt Kitzbühel. Er gehört zu jenen Bewohnern der Stadt Kitzbühel, die es sich zur Auf- gabe gestellt haben, ihre Heimatstadt schöner, größer und besser zu verlassen, als sie sie beim Eintritt in das öffent- liche Leben vorgefunden haben. In diesem Bestreben fand der Jubilar stets die Unterstützung von Stadt und Land und die Anerkennung für die Leistungen - hier aber wohl noch nicht in dem verdienten Maße. Seine Kollegen in der Bezirksstelle Kitzbühel der Tiroler Han- delskammer überreichten ihm 1960 aus Anlaß seines 50jährigen Berufsjubiläums einen Ehrenring als äußeres Zeichen der Wertschätzung und des Dankes. Auf kulturellem Gebiet treten beson- ders zwei Ereignisse hervor. Es sind dies seine Mitwirkung bei der Rettung der großen Glocke im letzten Weltkrieg und die Mitgründung des „Kitzbüheler Anzei- ger" im Jahre 1950. Der Jubilar ist seit der Gründung unserer Heimatzeitung im Vorstand tätig und hat sich der Schrift- leitung in vielen Aufsätzen, das wirt- schaftliche und kulturelle Leben behan- delnd, zur Verfügung gestellt. tiber die „Rettung der Großen" brin- gen wir in Erinnerung: „Im Februar 1942 mußten wie in an- deren Gemeinden auch die Kitzbüheler Kirchenglocken abgeliefert werden und zwar die Andreasglocke 2477 kg, die Ge- orgsglocke 1363 kg, die Leonhardsglocke 956 kg, und die Barbaraglocke 527 kg, im Gesamtgewicht von 5323 kg. Um die „Große" entbrannte ein Kampf mit der Reichsstelle für Metalle in Berlin. Für ihre Befürwortungsschreiben erhielten der damalige Landrat Dr. Wersin und der damalige Bürgermeister Müller von der Gauleitung einen „Rüffler". Jedoch die Kitzbüheler Bürger und Bau- ern gaben nicht nach. Von den öffentli- chen Stellen wurde nach einer Persön- lichkeit gesucht, außerhalb der Partei ste- hend und mit Verbindungen zu Göring. Kitzbühel sandte also den Ortsbauern- führer Johann T a xc r, Winklerbauer, zu Max Werner nach München. Unser Ju- bilar mußte ja 1938, nach dem Anschluß, seinen Heimatort verlassen und erst nach langen Bemühungen gelang es ihm, die Genehmigung zu erreichen, daß die Fa- milie auf dem Besitz in Kitzbühel blei- ben konnte und die Gattin, Frau Marie Werner, das Geschäft führen durfte. Max Werner gelang es, in München eine Eisen- handlung zu gründen, welche aber am 8. Jänner 1945 einem Bombenangriff zum Opfer fiel. Man wußte in Kitzbühel um die freundschaftlichen Beziehungen Wer- ners zum ehemaligen Justizminister, Na- tionalrat und Schwager Görings Dr. Franz Flueber. Werner stellte sich natürlich so- fort zur Verfügung und schrieb an Dr. Hueber, und, nach dessen Anraten, eben- falls an Göring und erreichte, daß von diesem der Kulturbeauftragte Staatssekre- tär Dr. Kai Mühlmann zur näheren Prü- fung nach Kitzbilhel entsandt wurde. Dr. Mühlmann, zufällig ein Wintergast Kitz- bühels und ein Freund von Alfons Walde, fällte dann den befreienden Spruch, der zur Rettung der großen Glocke führte. Er stand nach seiner Ankunft in Kitzbü- hel mit Walde unter dessen Haustüre, als gerade die große Glocke geläutet wurde. Im Expost, das Werner mit Stadt- pfarrer Joseph Schmid ausarbeitete und als Beilage an Dr. Hueber und Göring sandte, sind über die Wetterwirkungen der großen Kitzbüheler Glocke interessan- te Einzelheiten enthalten: „Durch die Ga- belung des Talkessels von Kitzbühel sto- ßen gewöhnlich über unserer Stadt alle Unwetter zusammen. Vom Paß Thurn, dem Brixental und aus St. Johann. Die Tatsache, daß, seitdem die große Glocke bei Herannahen von Gewittern geläutet wird, kein Hagelschlag mehr zu verzeich- nen war, schreiben die Bewohner Kitz- bühels dem Klang dieser Glocke zu. Und es ist hier ein reales Moment zu erken- nen. Nach Beobachtungen haben die Ton- wellen der „Großen" eine Wirkung in der Luft. Es scheinen sich Schwingungen zu ergeben, die zylinderförmig vertikal nach oben wirken, einem Lichtkegel gleich, und das schwere Gewölk nicht konsolidieren lassen. Die Bewohner von Kitzbühel sind sich über die Wetterkraft der Glocke derart sicher, daß sie vom Mesner ver- langen, er solle ja nicht zu früh läuten, damit der Regen (in Trockenperioden) nicht in eine andere Richtung abgelenkt wird." Nun denken sicher noch viele Kitz- büheler an die beiden Unwetter von 1942 und 1946 zurück. Diese beiden Gewitter können jedoch den Glauben an die „Gro- ße" nicht erschüttern, da 1942 das Wet- terläuten verboten war und 1946 eine technische Störung dies verhinderte. Unsere „Große" wurde von Meister Miller in Innsbruck im Jahre 1845ge- gossen. Sie war ursprünglich für die Pfarrkirche in Innsbruck bestimmt gewe- sen. Ein an sich belangloser Gußfehler, ein faustgroßes Loch in der obersten Wölbung, hatte zur Folge, daß man die
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