Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 5. Oktober 1963 stisch. Auch die Tatsache, daß sich auf der Empore ein Fresko S. B. Faisten- bergers befindet - der wohl kaum für den Zweck gemalt hätte,sein Bild durch ein Instrument verdeckt zu sehen - spricht dagegen, daß sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine Orgel auf der Empore befunden hatte. Hingegen zeigt das Gehäuse in Form und Farbgebung starke Beziehungen zum Hochaltar der Andreaskirche, der heuer 300 Jahre alt geworden ist. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß das Posi- tiv aus derselben Zeit stammt und ur- sprünglich seine Aufstellung im Chor hatte - vielleicht auf der Altarempore, Als ich noch ein Kind war, lebte ich in der Stadt. Damals war in der Stadt mehr ländliches Leben als heute auf dem Lande. Schwere Bierwagen wurden von mächtigen Pinzgauer Pferden gezogen und der Kutscher lenkte von seinem stol- zen Bock an langen Zügeln seine Rösser. Die großen Brotwerke lieferten mit hun- derten Pferdchen und gummibereiften Kutschen das Brot aus. Im Sommer wu- cherte in stillen Gassen Gras zwischen den alten Pflastersteinen. Aber wenn der Winter kam, überzogen sich die glatten Steine mit einem gefährlichen Eis- spiegel. Dort wo die Straßen in die hö- heren Stadtetagen anstiegen, blieben dann die Pferde hilflos unter den schweren Kohlenfuhrwerken liegen. Man legte ihnen Decken unter. Jagde sie ermunternd mit Hilfe der umstehenden Menschen immer wieder auf. Und wenn sie sich schließlich entmutigt und erschöpft auf das Pflaster hinlegten, kam der Tier- schutzverein. Mit einem damals super- modernen Gerät eines puffenden Trak- tors. Alles spendete lauten Beifall, wenn der vorgespannte Tierschutztraktor Rös- ser und Wagen hinter sich hinaufzog. Die modernen Sorgen des Tierschutzes haben sich gewandelt. Der Tierschutz ist hinter die Kulissen des modernen Le- bens getreten. Denn die moderne Tier- quälerei und die moderne Tierschutz- problematik bietet sich nicht so bereit- willig an. Man muß sie erst aufstöbern. Hinter ihr nachfahren. Manchmal, wenn es gelingt die trügerische Maske der Ver- tuschung herahzureißen, liegen Dinge vor uns, die unserer modernen Gesellschaft zur Schande gereichen. Da werden plombierte Tiertransporte geöffnet, aus denen verreckte, verdurstete und zerschlagene Rinder und Pferde her- auskoflern. Da kommen am Wiener Flug- hafen 1000 Kücken an. Die Hälfte der Kücken ist bereits verhungert. Sie liegen tot unter den anderen gerade noch leben- den Kücken. Der Tierschutzverein sendet seinen Tierschutzarzt mit Futter zum um von dort aus den Gottesdienst zu begleiten. Positive sind für den modernen Orga- nisten sehr schwer zu spielen, weil sie ein völliges Umstellen von der gewöhn- lichen Orgelmusik erfordern, d. h. der übliche Tonsatz muß dem Instrument angepaßt werden. Andrerseits berücksichtigt man der Entstehung der goldenen Samstage aus Stiftungen, entspricht sein Klangbild völ- lig jenen, welches die Stifter in ihrer Kirche gewohnt waren. Es ist daher innig und sinnvoll, gerade jene Gottesdienste mit dem Positiv zu begleiten." Prof. Maria Hofer Flughafen. Aber das zuständige Mini- sterium verbietet die Fütterung. Aus irgendwelchen seuchenpolizeilichen Vor- schriften. Und die Todesfracht wird so wie sie ist, wieder in das nächste Flug- zeug getan. Zurück an den Absender. Die moderne soziale Gesellschaft ist empfindlich, wenn man ihre schillernden Vorhänge lüftet und den Mitbürger da- hinter sehen läßt. Sie bedient sich routi- nierter Methoden, keinen freien Eintritt zu gestatten. Aus vielen Tagungen, nur auf unserem Tierschutzsektor, erkennt man, welches Netz sich da gespannt und welche bürokratischen Irrgänge gepflanzt sind. Für den modernen Tierschutz ist es gar nicht leicht, so eingreifen zu kön- nen, wie er will. Von dieser oberen Warte muß man einmal modernen Tierschutz skizziert se- hen, ehe man über die Berechtigung der örtlichen Tierschutzvereine urteilt. Sie sind die Bausteine der modernen Tier- schutzidee. In ihnen muß aus der Praxis in die Praxis das Verhältnis Mensch und Tier gesichert werden. Es ist nicht wahr, daß diese Frage so unwesentlich ist, um sie bagatellisieren zu können. Sie mag nicht so egoistisch tief brennen wie die Probleme Lohn und Preis, Bettenanzahl und Saison, Straße und Verkehr, Woh- nung und Zins und dgl. mehr. Es ist aber auch nicht richtig und vielleicht einmal verhängnisvoll, das Tier pro- gressiv als kaltes kommerzielles Wirt- schaftsprodukt einzugliedern. Wenn die- se Tendenz noch nicht die letzten reifen Früchte des Kollektivismus erreicht hat, ist es bestimmt nicht das Verdienst des Staates. Am persönlichen Menschen un- ter uns scheiterte bisher das kalte Expe- riment, Tiere als Konfektionsware zu handeln und zu behandeln. Wenn das individuelle Verhältnis Mensch und Tier von der modernen Zeit einmal zerstört werden sollte, stehen wir an der Schwel- le des gesellschaftlichen Kollektivs. Wir haben ja bereits die Beispiele dafür, welche Auswirkungen sich ergeben, wenn das Verhältnis Mensch und Tier ver- kollektiviert wird. Es mag merkwürdig und für die Land- wirtschaft verblüffend klingen, daß sich ein modernes Tierschutzwesen auch mit solchen Gedanken befaßt. Es möge auch zugegeben werden, daß dieser Ideenkreis unter uns Tierschutzorganisationen erst im Kommen ist. Wenn der moderne Tierschutzverein breites gesellschaftliches Feld erobern will, muß er sich endgültig aus seinen bisherigen Horizonten von Tierheimen und pseudopolizeilichen Tier- schutztendenzen ins offene praktische Leben wagen. Wir sind keine Polizei und wollen keine Polizei sein. Wir wol- len Ideenträger in der Gesellschaft sein. Lassen wir uns nicht dazu verleiten, dem Staate die Pflicht abzunehmen, für das Wohl unserer Tiere zu sorgen, wie es das Gesetz befiehlt. Es ist falsch zu fordern: hier sollte der Tierschutzverein eingreifen! Gehet hin als aufrechte Staats- bürger und Sagt dem Beamten des Staa- tes: hier stehe ich und melde eine Tier- quälerei. Handelt so wie jetzt einmal ein Zugsführer der OBB., der sich wei- gerte, einen skandalösen Tiertransport trotz amtlicher Befehle anzuhängen. Geh am Hofe deines Nachbarn nicht blind vorbei, wenn du genau weißt, was dort los ist. Sage deine Meinung darüber offen und schäme dich nicht, für deine tier- freundliche Gesinnung. Um diese primitive Verpflichtung der modernen Gesellschaft geht es. Wir müs- sen als Tierschutzorganisation die selbst- verständliche moralische Gesellschafts- pflicht zum Wohle der Tiere aktivie- ren, ermutigen und breit gesellschafts- fähig machen. Man kritisiert manchmal an uns Tierschutzvereinen, daß wir so- genannte Sentimentalitäten fördern. Uns für überflüssige Hunde- und Katzen- haltungen einsetzen und dergleichen mehr. Ja, es gibt Zeitgenossen, die uns sagen, sie wären ganz gerne Tierschutzmitglie- der, wenn wir vernünftiger wären. Es frägt sich natürlich, was denn schon au unserer kleinen Erdenzeit vernünftig ist, die wir die Ehre haben, dem Staate zu dienen. Gewiß ist es vernünftig, mög- lichst korrekt und illusionslos täglich mit dem Tage und jährlich mit dem Jahre um die Wette zu laufen. Wir haben aber nun einmal den Hang zur ausgesprochenen Sympathie an Menschen, denen dieses tägliche einfältige Leben nicht alles bedeutet. Denen aus ver- schiedenen Erfahrungen im Leben ein Hündchen oder eine Katze ein Licht in in die Stube bringt. Weil wir das wissen und täglich miterleben, glauben wir daran, daß es nur eine günstige erziehe- rische Beeinflußung sein kann, schon der Jugend die Tierliebe frühzeitig mitzu- geben. Wir können mit einer reichen Erfahrung beweisen, daß die breite Ge- sellschaft bewußt tierliebend ist. In der Stadt und auf dem Lande. Ja - man kann sogar ruhig behaupten - daß diese Tendenz zur positiven Tierliebe ansteigt. Moderner Tierschutz in unserer modernen Zeit Vom Obmann des Tierschutzvereines Kitzbühel Dr. Oskar Ganster zum Wefttierschutztag 1963
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