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Samstag, 12. Oktober 1963 Kitzbüheler Allzeiger Seite 5 Unsere „Katharina von Alexandrien" in Kitzbiihel Au flüminler:flelden mut Heilige An den himmeiragenden Pfeilern goti- seher Dorne, in den \Vandnischen une- achteter Dorfkirchen sucht man ergebns das Standbild einer königlichen Jungfrau mit der Krone auf dem Haupt, die ein zerbrochenes Rad in dcii Händen hut. Das gläubige Volk hat Katharina von Alexaiidrien unter die vierzehn Nothelfer erhoben. Alle Jahrhunderte des christlichen Mittelalters haben ihren Zoll zur Verehrung der Ueiigen beigetragen, die Philosophen, die Müller und die Steflmacher sie zu ihrer latroiin erwählt. Die Ge- schichte der Volksfrömmig- keit würde um eines ihrer schönsten Kapitel ärmer, wenn dejenigen recht hätten, wel- che die Märtyrerin von Ale- xandrien in das Nebelreich der Sage und der Phantasie verweisen wollen. Lange wußte niemand auf ihre hämische Frage, wo denn die urchrist- lichen Zeugnisse für das Le- ben einer heiligen Katharina seien, zu antworten, da alle Quellen, die ihren Namen er- wähnen, jüngeren Datums sind. In dieser Not half Ka- tharina selbst. in der Kata- kombe der heiligen Cyriaca zu Rom entdeckte man ein Fresko aus dem fünften oder sechsten Jahrhundert, das die Beischrift „sancta Catharina" trägt. Seither sind die Zweif- ler verstummt, und die uralt- heilige Legende der Märtyre- rin beginnt in neuen Farben zu leuchten. Sie erzählt von einer schö- nen Königstochter zu Alexan- drien, die wollte nur einem Bräutigam gehören, der noch schöner, edler, reicher und vielwissen- der sei als sie. Weil sie alle Freier abwies, führte die Mutter sie zu einem Einsiedler, daß er ihr die törichten Wünsche ausrede. Der einsame Greis aber erzählte ihr die frohe Botscicaft vom Menschensohn, der Gott selber sei und allen Königen der Erde gebiete. Katharina war über die Maien glück- lich, glaubte und ließ sich mit ihrer Mutter taufen. Nun sah sie im Traum den Heiland, er nannte sie seine Braut und schmückte ihre Hand mit einem Ring. Wie hätte Katharina jetzt noch Freude an Gold und Geschmeide ha- ben können! Sie verschenkte ihr Hab und Gut an die Armen, gab ihrem stadt- bekannten Stolz den Abschied und lebte inmitten der Christengemeinde wie eine gottgeweihte Jungfrau. Der Cisar MLXi- min aber erließ kurz darauf einen allge- meinen Opferbefehl an alle Städte des Reiches. In Alexandrieri überwachte er persönlich die Opferhandlung vor den Statuen des Zeus und der Apheodite. \ icic streuten ohne Bedenken \\ eihraueh in die Flammenbecken. Katharina aber weigerte sich mit knapien Worten, die marmornen Figuren :tls allwaltende Göt- ter anzuerkennen. Zornjebend rief der Cäsar fünfzig Gelehrte herbei. Sie müh- teil sich redlich, die Bekennerin umzu- stimmen, mußten abr zuletzt, von ihrer Weisheit bezwungen, voc dem Cäsar ge- stehen, daß auch sie LII den Gott der Christen glaubten. Sofcrl wurden sie hin- ausgeführt und in Kalköfen verbrannt. Katharina lag nach blutiger Geiselung zwölf Tage lang im Kerker ohne Speise und Trank, bis der himmlische Bräuti- gam sie durch seine Engel heilte und erquickte. Schon warcete das Rad mit den krummen Messern auf sie, um sie zu zerreißen. Doch die Sicichen brachen, und erst das Schwert endete ihr Leben. Wiederum erschienen die Engel und trugen ihren Leichnrm zum Berge Sinai. Waren es die Mönche vorn Sinai- kloster, die dcii Marie-tod einer hoch- geborenen Jungfrau aus Alexandrien zu der schönen Ka tharicic n-Legende aus- schmückten? Zweifellos ist im Laufe der Zeiten Blatt um Blatt aus dem Wurzel- reis der einfachen geschichtlichen Be- gebenheiten gewachsen, so daß niemand mehr Stamm und Blülengerank zu son- der vermag. Die Kreuzfahrer haben (lanhl das Andenken der orientalischen Heiligen in das Abendland gebracht, wo nun vieltausend Mädchen und Frauen ihren Namen tragen. Namenstag: 25. November. (Andere: Katharina von Ge- nua: 22. März und Katharina von Siena: 30. April). Unsere Katharina von Ale- xaudrien an der Außenmauer des Finanzamtsgebäudes in Kitzbühel ist ein Werk des akad. Bildhauers Franz lloilo, Innsbruck, von dem auch die Bronzetafel an der Außen- wand des Rathausgebäudes, welche vom KSC zur Erin- nerung an den unvergeßlichen Skipionier Franz Reisch an- gebracht wurde und ein Brun- nen im Garten des Grand- hotels stammen. Gestiftet wur- de die Katharina von Herrn Dr. Ekkehard Kofler. Dieser Platz, der vom Fi- nanzamtsgebäude, der Katha- rinenkirche und dem Haus Nagele begrenzt ist, jedoch keinen eigenen Namen hat, wurde in den letzten Jahren sehr verwöhnt. Im Juli 1950 wurde durch das Glocken- spielkomitee auf dem Turm der Katharinenkirche das Glockenspiel errichtet. Kitz- bühel wäre ohne dieses Giok- kenspiel gar nicht mehr zu denken. Es hat sich einen be- vorzugten Platz in den Her- zen seiner Bewohner errun- gen. Ein Jahr darauf schuf der Innsbrucker Architekt Wilhelm Ni- kolaus Prachensky ein monumentales vier Meter hohes Wandfresko, darstel- lend den hl. Christophoruis. Auch dieses Fresko ist wie die iii. Katharina von Ale- xandrien eine Stiftung des Herrn Dr. Ek- kchard Kofler. Die Stadtgemeinde Kitz- bühel ließ diesen Platz hervorragend schmücken durch Blumen und Zier- sträucher, so daß er uns jetzt wie ein Kleinod erscheint Das Finanzamtsgebäude, das ganz un- erwartet zu diesem herrlichen Wand- schmuck kam, war bis 1808 das Berg- gerichtshaus; von 1809 bis 1814 war es die „königlich-bayrische Berggerichts- behausung", seit 1934 ist das Finanzamt Besitzer dieses Hauses. Das Bild ist eine Meisteraufnahme des hei- mischen Photographen Toni Roth b a c h er.
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