Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 4 - Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 9. November 1963 Die Sieger der Mannschaftsläufe: 1910: Innsbruck mit Miller, Handi, Pezzei und Wal-eh Wien mit Richard und Rudolf Gerin und Pi tschmann Zell am See mit Graf Salem, Winkler, Oberschneider und Eder 1911: Ehrwaid mit Hopfer, Seifert, Posch St.Johann mit Hellensteiner, Gschwendt- ner, Klauser Zell am See mit Graf Salem, Winkler, Untergantschnigg. Kitzbühel, die Stadt der Meisterschaften im „Winter, Jänner 1925, schrieb der Vorsitzende des Tiroler Skiverbandes Dr. Karl Rasim: „Es ist nicht das erstemal, daß sich die Anhänger des Skisports in der alten Bergstadt Kitzbühel versammeln, um in einem friedlichen Meisterschaftswe tt- kampfe die Kräfte miteinander zu mes- sen. Auf eine Geschichte von 20 Jahren blicken der deutsche und der österrei- chische Skiverband zurück, beide wur- den am 4. November 1905 in München gegründet. Um diese Zeit wurde das schon als Sommerfrische wohlbeikann te Kitzbühel aus seiner winterlichen Ruhe geweckt, und immer größer wurde die Zahl der Skiläufer, welche die Schön- heit de r Kitzbüheler Alpen in ihrer Winterpracht zu würdigen wußten. Zum dritten Male wird nun heuer ein Hauptverbandswettlauf im Verlaufe dieser 20 Jahre in Kitzbühel ausgetra- gen. In seinem zweiten Verbandsjahre berief der OSV die Skiläufer Mittel- europas für den 5., 6. und 7. Jänner 1907 nach Kitzbühel, um die erste österreichische Meisterschaft im Skilauf auszutragen. Klein, nach heutigen Be- griffen, war die Zahl derer, die diesem Rufe Folge leisteten. Noch gab es keine Nennungslisten mit mehr als 50 Namen. Dafür fand sich aber eine erlesene Zahl von Skiläufern ein, von Männern, die damals die Vorkämpfer unseres Sports waren, deren Namen auch heute noch einen guten Klang haben und die heute noch als Mitkämpfer in den beiden Altersklassen auf den Nennungslisten erscheinen. Esf folgten Jahre friedlicher Entwick- lung und ein wohl kaum vorausgesehe- ner Aufschwung im Skilauf. Im letzten Halbjahr, bei herrlichem Schnee, ka- men wir am 21. und 22. Februar zur Austragung des achten österreichischen Hauptverbands-Wettlaufes wieder in Kitzbühel zusammen. Ein gänzlich ver- ändertes Bild bot sich dem Beschauer. Kitzbühel war dank der Tätigkeit sei- nes Bürgermeisters und Wintersports- vereinsobmanns, des unvergessenen Franz Reiseh, ein weltbekannter Winter- sportort, der Skilauf Volkssport ge- worden. Das Ergebnis jahrelanger Ar- beit der Verbände zeigte sich n der Zahl der Nennungen, die an die zwei- hundert betrugen, eine große Menge Zuschauer war aus den Nachbarländern gekommen. Wenn wir die Nennliste durchsehen, so finden wir manchen uns heute noch sehr bekannten Namen, wenn auch mancher damals vor einer glänzenden Laufbahn stehender Wett- läufer heute nicht mehr in unserer Mitte weilt. Als erster im Lang- und Sprunglauf der ersten Klasse sowie als Meister von Osterreich für 1914 ging der Amerikaner Oliver Perry Smith vom Skiklub „Reif träger" hervor. Zwei- ter wurde der Schweizer Bachtold und dritter der Schlierseer Schult. Nach elf Jahren kommen nun Läu- fer aller deutschen Gaue, mögen sie auch durch politische Grenzen getrennt sein, zur ersten deutschen und öster- reichischen Meisterschaft im Skilaufe in Kitzbühel zusammen. Unter allen Städten Deutschlands und Usterreichs kann sich Kitzbühel allein rühmen, drei Meisterschaften im Verlaufe von 18 Jahren in seinen Mauern gesehen zu haben, Meisterschaften, welche Merk- steine in der Geschichte des Skilaufes im deutschen Volke bedeuten. Stand die erste Meisterschaft in Kitzbühel im Zeichen des Entwicklungsbeginns und die zweite im Zeichen seiner höchsten Entwicklung in den Friedensjahren, so wird die dritte eine machtvolle Kund- gebung der Zusammengehörigkeit des deutschen Volkes sein. In diesem Sinne begrüßt die alte Bergstadt Kitzbühel und mit ihr das Land Tirol alle Volks- genossen, die sich am 7. und 8. Fe- bruar 1925 zum friedlichen Wettkamp- fe einfinden werden." Diesen .‚Kitzbüheler Skitriumph" konn- te Franz Reisch nicht mehr erleben. Aber auch das „literarische Denkmal" nicht mehr ‚das ihm kein Geringerer als der Begründer des Skiklub Arlberg, Herr In- genieur Rudolf Gomperz, St. Anton am Arlberg, in der „Osterreichischen 'Winter- sport-Zeitung", Jahrgang 1928, ges.tzt hatte. (Und mit diesem schließen wir un- sere kleine Skigeschichte zur hundertsten Wiederkehr des Geburtstages unseres Ju- bilars.) „In den Tagen zwischen Weihnachten 1897 und Neujahr 1898 saß ich in Elimau in Tirol, am Fuße des Wilden Kaisers, und lernte zum dritten Male Ski- laufen. Ganz mutterseelen-allein. Um je- den Preis wollte ich mit den Brettln auf die Gaudeamushütte gehen, welche da- mals der Akademischen Sektion Berlin gehörte, an deren Sitz ich studierte. Zu- vor aber mußte ich die ‚weiße Kunst' erlernen. Und dazu war der steile Kalva- rienberg gerade recht. Als ich das vier- undzwanzigstemal abfuhr, kam ich ste- hend unten an und war sehr stolz. Denn nun konnte ich Skilaufen! Am andern Morgen ging es stolz auf die Gaudeamus- hütte hinauf. Herab stieg ich zu Fuß bis zur Quelle, schnallte an und fuhr los. Den größten Felsen wich ich aus, aber bei der Wochenbrunneraim stand ein großer Baum, der mich magnetisch anzog, bis ch ihn umarmt hatte! Dann schnallte ich etwas enttäuscht ab, stapfte den steilen Hang hinunter in den Wochenbrunnergraben, wo ich die Brettln stolz unterband und ‚sieghaft' zum Mittagessen in Elimau wieder einrückte... Herrgott, gab es damals Schnee in Ti- rol, Kitzbühel war für den Fremden ein Märchentraum. Es war schön! Freund Reisch, der Bürgermeister und Skivater Kitzbühels, warnte mich zwar ernstlich, am andern Morgen allein aufs Horn zu gehen, aber mein Mut und meine Unter- nehmungslust waren einfach nicht zu bän- digen, dafür hatte mir das ‚Horn» den ganzen Nachmittag auf der Schneepflug- Kjöring-Fahrt zu sehr in die Augen ge- stochen! Ich mußte hinauf! Und allein! So zog ich am Neujahrsmorgen 1898 fürbaß. Die letzten Sterne verblaßten, die Morgensonne rötete die Gipfel des Wil- den Kaisers und ein unvergleichlicher Himmel spannte sich über Berg und Tal. Wohl habe ich seither manchen schönen Wintermorgenhimmel im Tirolerland ' auf.- dämmer uf- dämmern sehen - aber einen solch tie- fen Eindruck vollster Erhabenheit, Stille und Unberührtheit hat keiner mehr auf mich gemacht. Weihevoll, behutsam und überglücklich zog ich durch den weißen Winterwald meine Doppelspur durch den Hohlweg hinan. Bei der Kaiserpromenade gab es wieder einen Ausblick auf das Hü- gelland und auf den Kaiser. Endlich er- reichte ich das Schutzhaus, das tief ver- graben in der Sahneschüssel lag. Nur kurze Rast gönnte ich mir. Fleiß war es. die Schweißtropfen perlten mir von Stir- ne und Nasenspitze. Aber ich gab nicht locker, ich mußte hinauf, zum Gipfel- kapellehert. Ich bin später auf vielen, vielen auch stolzeren und weit höheren Gipfeln mit den Brettln gestanden, aber dieser erste Skigipfel war ein überwältigender unaus- löschlicher Eindruck! Immer und immer wieder blickte ich ‚freudetrunken' ins Tal hinab. Fast hätte ich meinen Proviant vergessen... Aber endlich hieß es auch hier scheiden und die Abfahrt antreten, von der mich eine heimliche Angst immer wieder zögern ließ. Aber es ging besser als icherwartet hatte. Und die Tiefe flog mir nur so entgegen... Als ich dann dem Städtchen zuschleif- te, war in mir der feste Vorsatz unver- gänglich eingegraben: Im Winter immer wieder mit den Brettln zur Höhe zustre- ben. Und diesen Vorsatz habe ich drei Jahrzehnte gehalten. Wenn ich heute, mit dem Zug durchs Brixental kommend, bei Windau den ersten Blick auf das Kitzbü- heler Horn werfen kann, dann denke ich immer wieder an jenen wundervollsten aller Wintertage, der mir zuerst das volle Glück der winterlichen Skitour beschert hat. Und Vater Reischs ‚Brav, brav!' war mir damals mehr wert als das Lob ir- gendeines Hochschullehrers, zu dessen Füßen ich damals saß."
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